DAS CORONAVIRUS UND DIE ÄGYPTISCHE ERFAHRUNG

DAS CORONAVIRUS UND DIE ÄGYPTISCHE ERFAHRUNG

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Was bedeutet der Virus für mich?

Nach dem Ende des Schabbat erhielt ich eine E-Mail von einem guten Freund.

Shavua Tov Rav Evers,

ich habe in den letzten Tagen überlegt was der Virus für mich bedeutet (ausser des medizinischen/sozialen Aspektes) und bin zu folgenden Gedanken gekommen. 

Der Virus symbolisiert in jüdischen Begriffen unser Mitzrayim, Ägypten und gerade jetzt, bevor wir in den Monat Nissan eintreten, sollten wir überlegen und durchführen, wie man aus dem Elend herauskommt, was und wie wir uns ändern müssen. Wir sollten uns befreien von allem, was uns blendet und versklavt und unser wahrhaftiges Vertrauen in G“tt (Emuna) manifestieren. Dies ist meine freie Wahl.

Die wahre Freiheit

Das Problem des freien Willens hat Philosophen schon Jahrhunderte lang beschäftigt. Moderne Menschen suchen die uneingeschränkte Freiheit. Wir fühlen uns frei, wenn wir unsere eigenen Lebensziele wählen dürfen.

Aber alles hat seinen Preis. Am Anfang jeder menschlichen Wahl steht eine Abwägung von Ziel und Mitteln. Was tut der Mensch, wenn er sich alles leisten kann?

Dann wählt er nur dasjenige aus, was er wirklich haben möchte. Der Einzige, der wirklich frei wählen kann, ist derjenige, der völlig ungebunden ist.

Am Sederabend feiern wir die Mazza, Elend und Freiheit in einem, denn die Mazza ist ‘lechem onni’, Brot des Elends, aber auch ‘lechem scheonim alav dwarim harbé’, Brot, über das wir vieles zu erzählen haben.

Den ersten Seder-Abend feierten wir mitten in Ägypten!

Mazza ist Elend und Freiheit in einem, Entsagung von allem und gleichzeitig unsere Freiheit. Derjenige, der ohne etwas auskommt, ist am freiesten.

Umgang mit dem Negativen

Zusammen mit der Mazza essen wir maror, das Bitterkraut. Der Sederabend lernt uns, wie wir mit dem Negativen in der Welt umgehen sollen. Der Genuss des bitteren Krauts ist an und für sich nach der Tora keine Verpflichtung.

Wir streben nicht danach, zu leiden. Nichtdestotrotz betrachten wir unsere Probleme, die uns im Laufe der Jahrhunderte widerfahren sind, auch von der positiven Seite. Das ist Teil unseres festlichen Dankmahls.

Wir gehen den Schwierigkeiten nicht aus dem Weg.  Während wir unseren Weg fortsetzen, gehen wir durch einen Wachstumsprozess, der uns letztendlich zu der Wahrheit zurückführt. Dies war die Ganzheit der ägyptischen ‚Erfahrung’.

Liebe Freunden,

Bleiben Sie unerschrocken, mutig und ruhig. Wir machen eine schwierige Zeit durch, aber wir stehen sie durch. Viel Stärke mit allem. Wenn Sie Hilfe brauchen, rufen Sie an.

Viel Kraft!

Ihr Rabbinat/Oberrabbiner Evers und das Team als Ganzes