Denn bei Dir befindet sich die Verzeihung, damit Du gefürchtet werden sollst – Parascha Nizawim
Parascha Nizawim (Devarim 29:9-30:20)
„Heute steht Ihr alle fest vor HaShem“
(29:9)
Das Volk hatte soeben achtundneunzig Verwünschungen gehört und war total schockiert. Sie befürchteten, diese harten Worte nicht zu überleben.
Mosche beruhigte sie: „Habet keine Angst. Schon früher habet Ihr G“tt wütend gemacht und ER hat Euch verziehen. Deshalb steht heute fest auf Eueren Füßen. Ängstigt Euch nicht vor der Zukunft“.
Ist dieses wohl der geeignete psychologische Weg, diese Angelegenheit an zu gehen?
Wenn man jemandem verwünscht hat, scheint es nicht richtig zu sein, um sofort danach zu erzählen, dass er sich darüber nicht allzu viele Gedanken machen sollte.
Der Gedanke von Kelalot (Verwünschungen, Verfluchungen) ist nicht, um Menschen in Ratlosigkeit oder Hoffnungslosigkeit zu versetzen.
Es geht darum, dass man anfängt, an sich selbst zu arbeiten und fühlt, dass es immer Hoffnung gibt: „wir haben in der Vergangenheit gesündigt, haben Schlechtes getan, aber die Zukunft wird besser werden“.
Hoffnungslosigkeit ist ein schlechter Ratgeber. Hoffnungslosigkeit führt nicht zu Tschuwa, zur Rückkehr. Wenn wir begreifen, dass wir immer „vor G“tt stehen“, gibt es Hoffnung und wissen wir, dass „sich bei Dir Vergebung befindet, da Du gefürchtet werden wirst“.
Dieses ist auch die Bedeutung der Reaktion des Volkes auf die Worte „Dieses Volk wird sich erheben und den fremden Göttern des Landes folgen, sie werden MICH verlassen und MEINEN Bund auf lösen. ICH werde wütend auf sie werden, sie verlassen, MEIN Angesicht vor ihnen verstecken und viele furchtbare Züchtigungen werden sie ereilen“ (31:16-18).
Die Reaktion darauf lautet: „Da G“tt sich nicht in unserer Mitte befindet, werden diese furchtbaren Geschehnisse über uns kommen“. Das scheint eine gute Reaktion des Jüdischen Volkes zu sein.
Dieses ist es jedoch nicht, denn die Thora fährt normal fort: „Und ICH werde MEIN Antlitz an dem Tag verbergen, wegen des gesamten Bösen, dass sie begangen haben, da sie andere Götter angebetet haben“.
Nicht nach zu vollziehen! Das Volk hat soeben erkannt, dass G“tt sich nicht mehr in ihrer Mitte befindet und dass sie deshalb alles Schlimme ereilt. Aber die Reaktion ist doch nicht so gut. Hier erklingen Hoffnungslosigkeit und Depression.
Kurz vor einem Krieg geraten Soldaten in Panik, da sie nicht wissen, was sie erwarten wird. Aber sobald sie Auge in Auge mit dem Feind stehen, verschwindet ihre Angst. Da die Situation hoffnungslos ist, bleibt ihnen nichts anderes übrig, als zu kämpfen. Die Angst ist nur dort ein zu setzen, wenn man glaubt, dass man der Gefahr ausweichen könnte. Wenn die Gefahr schon da ist, kann man nur noch reagieren.
Würde G“tt uns nie verzeihen, dann „würden wir nichts von der Tschuwa, von der Rückkehr, haben“ und während der zehn Tage der Einkehr wäre nichts mehr zu unternehmen. Würde die Strafe unvermeidlich sein, dann würden wir diese akzeptieren und uns weiter ab wenden.
Da G“tt jedoch verzeihungsgeneigt ist, stehen wir doch wieder vor SEINEM Thron, da wir begreifen, dass wir alles noch zum Guten wenden können.
Deshalb besteht immer noch die Furcht vor G“tt. Dieses steht auch in den Tehillim: „Denn bei Dir herrscht Vergebung, da Du gefürchtet werden wirst“ (Psalmen 130:4).
Würde G“tt nie verzeihen, würden wir depressiv werden und uns ab wenden.
Aber gerade da G“tt verzeiht, bleiben wir IHM zugewandt und anhänglich.
Ich wünsche Ihnen allen Schana Towa Umetuka, ein gutes, gesundes und gesegnetes Jahr, ein glückliches und bereicherndes Jahr, Beruchniut und Begaschmiut, sowohl in materieller, wie in geistiger Hinsicht, für jeden von Ihnen und für Sie alle.