Der Empfang, die Entgegennahme der Thora war eine Tat auf Gegenseitigkeit – Parascha Ki Tisa

Der Empfang, die Entgegennahme der Thora war eine Tat auf Gegenseitigkeit – Parascha...

Parascha Ki Tisa (Schemot/Exodus 30:11-34:35)

Kurz vor dem bestürzenden Ereignis des Goldenen Kalbes gab G“tt die beiden Steinernen Tafeln mit den Zehn Geboten an Mosche. Die Juden hatte die Thora von G“tt erhalten, aber es scheint nichts darauf hin zu weisen, dass der Inhalt vorab oder zuerst mit ihnen besprochen war. Wollten die Juden die Thora überhaupt akzeptieren?

G“tt erhob den Berg Sinai über den Köpfen der Bnej Jisraejl 

Bekannt ist der Midrasch (die Hintergrunderklärung), dass G“tt den Berg Sinai über den Köpfen der Bnej Jisraejl erhob und drohte, dass wenn sie die Thora nicht akzeptieren würden, ihr Leben hier ein Ende finden würde. Das hört sich so an, als ob die Juden kaum eine Wahl hatten.

Unterredung zwischen G“tt, Mosche und dem Volk 

Es gibt jedoch auch Andeutungen, dass es eine Unterredung zwischen G“tt, Mosche und dem Volk stattgefunden hat. Nachdem Mosche vierzig Tage und Nächte auf dem Berg Sinai verbracht hatte, steht da, dass „G“tt Sein Gespräch mit Mosche beendete“, bevor ER ihm die Steinernen Zehn Gebote überreichte (Schemot/Ex. 31:18)

G“tt besprach jedes Stückchen Thora mit Mosche

Es steht nicht, dass G“tt mit Seinen Anweisungen an Mosche aufhörte, sondern dass ER mit Seinem Gespräch mit Mosche das, was zu sagen war, erledigt hatte. G“tt besprach jedes Stückchen Thora und jede Mitzwa (Anweisung) mit Mosche. ER erklärte ihm umständlich, aber zugleich ausführlich, weshalb ER jede Mitteilung für die künftigen Generationen für erforderlich hielt und weshalb jeder Auftrag oder jedes Verbot für die (spirituelle) Vervollständigung der Welt absolut notwendig waren.

kein physischer Zwang sondern intellektuelle Überzeugungsarbeit

Auch den Midrasch bezüglich des Berges Sinai, der über den Köpfen der Bnej Jisraejl schwebte, sollten wir anders verstehen. Es war kein physischer Zwang, sondern intellektuelle Überzeugungsarbeit, die so ergreifend war, dass sie dieser nicht widerstehen konnten und zur G“ttlichen Aufforderung wohl ja sagen mussten. Dieser überwältigenden G“ttlichen Überzeugungsarbeit ein Nein entgegen zu setzen, hätte ihr geistiges Grab da am Fuß von Sinai bedeutet.

durch die Kraft der Argumente gezwungen 

Wir sehen in einem vorhergehenden Thoratext eine Art von Interaktion (Schemot/Ex. 24:7): „Mosche nahm das Buch des Bundes und lass dieses dem Volk vor. Die Juden reagierten: „Alles, was G“tt gesprochen hat, werden wir machen und verstehen“. Mosche erklärte die Texte G“ttes dem Volk so einfühlsam, dass sie sich durch die Kraft der Argumente gezwungen oder verpflichtet fühlten, dem Allmächtigen mit ja zu antworten.

Die gesamte Welt dreht sich um Interaktion

Dieses passt auch viel besser in die Jüdische Tradition, die besagt, dass wir als Menschen zuerst die Initiative ergreifen sollten und dass G“tt danach auf unsere Annäherung reagiert. Viele Menschen richten ihre Augen auf G“tt und bitten um Hilfe, unternehmen aber selber keinen Handschlag, um ihr Ziel zu erreichen.

Wir selber müssen die ersten Schritte machen

Unsere Tradition lehrt uns, dass wenn wir etwas von Oben erwarten, wir selber die ersten Schritte machen müssen: zeige, dass Du an G“tt glaubst. Zeige, dass Du Dich Ihm anvertraust und dass Thora und Mitzwot (Gebote) für Dich wichtig sind. Die gesamte Welt dreht sich um Interaktion, also um eine wechselseitige Beziehung.

uns für das Höhere zu öffnen

Auch die Beziehung zwischen Mensch und G“tt ist Aktion und Reaktion, wobei auch von uns etwas erwartet wird: uns für das Höhere zu öffnen, die eigene Initiative, die nach Oben gerichtet ist, zu zeigen.