Der Traumkönig: Jossejf wurde wegen seiner Träume gehasst – Parascha Wajeschew

Der Traumkönig: Jossejf wurde wegen seiner Träume gehasst – Parascha Wajeschew

Parscha Wajeschew (Bereschit/Genesis 37:1 – 40:23)

Ja’akov liebte Jossejf, da er ihm ähnelte, so Raschi (elftes Jahrhundert). Nur äußerliche Ähnlichkeit ist bei geistigen Riesen, wie Ja’akov, kein Grund zu Liebe. Die geistige Größe Jossejfs wird von seiner körperlichen Ausstrahlung widerspiegelt. Ein Tzaddik (Heiliger) wie Ja’akov kann die „Seelengröße“ anderer empfinden, fest stellen.

 Vollständige Selbstbeherrschung

Ja’akov erkannte die vollständige Selbstbeherrschung Jossejfs. Das ist der Anfang von Kedduscha – eines Lebens, höheren Zielen gewidmet. Der Kommentator Ba’al Haturim besagt, dass das das Wort „Sekunim“ von der Bezeichnung „Ben Sekunim, Sohn in seinem Lebensabend“ – laut der Thora die Begründung, weshalb Ja’akov Jossejf so liebte – die Anfangsbuchstaben von fünf der sechs Bereiche der Mischna, der Mündlichen Lehre, bildet:

·         Das S steht für Sera’jim, das von den Vorgaben der Landwirtschaft handelt.

·         Das „K“ steht für Kodschijem, das über Opferungen erläutert.

·         Das „N“ ist der Anfangsbuchstaben von Naschijem, das das Ehe-, Ehevermögens – und Ehescheidungsrecht regelt.

·         Das Jud steht für „Jeschu’ot“, das sich auf das Zivilrecht bezieht en

·         Das „M“ ist der Anfangsbuchstabe von Mo’ejd, das die Fest-/Feiertage beinhaltet.

Die Reinheit musste Jossejf selber in die Tat umsetzen

In dieser Reihenfolge fehlt jedoch EIN Bestandteil: die Taharot, die die Reinlichkeitsvorgaben besprechen. Die ersten fünf Bereiche der Mischna erhielt Jossejf durch Überlieferung von seinem Vater, ohne dass er hieran viel Eigenes hinzu zu fügen und Chidusch (eigenes Neues) ein zu bringen brauchte.

Hausaufgaben und häusliche Herausforderung: sich in geistiger Säuberlichkeit spezialisieren

Aber Taharot, die die spirituelle Reinheit und geistige Säuberlichkeit fördern sollte, war für ihn ein „häuslicher Wettkampf“, also eine Aufgabe, die es zu meistern und zu lösen galt. Jossejf spezialisierte sich darin. Er perfektionierte seine Zuneigung zu G“tt und arbeitete durchgehend an der Lauterkeit der Absichten. Er glaubte, in seinem siebzehnten Lebensjahr darin bereits eine bestimmte Ebene erreicht zu haben. Deshalb „brachte er sein Haar in Ordnung und strich sich über seine Augen, um schön oder anziehend aus zu sehen“. Er war kein Snob oder Ausgeflippter, wie die meisten Pubertierenden heutzutage, die Stunden vor dem Spiegel verbringen, um sich zu stylen. Er wollte geprüft werden, um fest zu stellen, ob seine geistigen Verwurzelungen gegen die Verführungen Stand halten würden.

Bringe Dich selber nie in Bedrängnis, auch nicht, um Deine Geisteskraft zu testen

Als Sohn der hübschen Rachejl wusste er, dass er gerade auf dem Bereich der Sexualität die benötigten Herausforderungen würde überstehen müssen. G“tt bestrafte Jossejf hierfür, da der Mensch – wie hoch er auch aufgestiegen sein möge – sich selber nie der Verführung hin begeben sollte. G“tt prüfte ihn mit der Sulaika, der Frau von Potifar. Jossejf verstand damals, dass der einzige Weg die Flucht war. Leider ist das oft der einzige Weg, der Jeetzer Hara, der irdischen materialistischen Zuneigung, zu entkommen. So schnell wie möglich „den Bereich verlassen“, wenn eine Awera (eine Verfehlung) droht.

Gewohnheitsbedürftige Eigenheiten und minimale Charakterfehler

Jossejf wird im Talmud konsequent Jossejf der Tzaddik genannt. Für den oberflächlichen Leser kommt er in einem übersetzten Thoratext doch nicht so ungeschoren davon. Das ist gerade die Kraft der Thora. Unsere größten geistigen Vorbilder und Lenker werden – wie erhaben ihre Ebene auch sein mag – mit ihren gewohnheitsbedürftigen Eigenheiten oder minimalen Charakterfehlern beschrieben. Gerade hohe Bäume fangen viel Wind. Gerade die größten Geister werden namentlich unter die Lupe genommen.

Der Wahrheitsgehalt der Thora

Unsere Tzaddikim werden durch die Thora nicht nur in den Himmel gehoben, wie das in anderen Schriftbeiträgen schon mal erfolgt. Dieses ist eine starke Bestätigung für den Wahrheitsinhalt der Thora. Gerade, da die Thora nicht von Menschen geschrieben wurde, ist es möglich, auch die (geringsten) Schwächen der allergrößten Anführer an den Pranger zu stellen.

Die Aufgabe des Hinweises

Es geht nämlich nicht um die Tzaddikim selber, sondern um ihre „Hinweisaufgabe“ zum Allerhöchsten. Mit G“tt verglichen, ist tatsächlich niemand unfehlbar. Kein wahrer Tzaddik würde darauf Wert legen, zu hören, dass er immer und überall gleich gewaltig, also ganz besonders, sei.

Die wirklich Frommen kennen ihre persönlichen Schwächen. Diejenigen, die G“tt am nächsten stehen, werden am intensivsten überprüft, getestet und beurteilt. Manchmal werden sie dabei – in unterschiedlichen Bereichen – schon mal als zu leicht beurteilt. Da die Thora kein Erzeugnis von Menschen ist, kann das einfach beschrieben werden, ohne der Wahrheit des Judentums Schaden zu zufügen.