ELUL: Der (Weck)Ruf des Schofars

ELUL: Der (Weck)Ruf des Schofars

Der Monat Elul ist der letzte Monat im jüdischen Kalender und wird unmittelbar von den Hohen Feiertagen gefolgt. In der jüdischen Tradition dient dieser Monat der Vorbereitung auf die Hohen Feiertage und der Tschuwa (Rückkehr zu G´tt). 

Es wird erzählt, dass die Menschen früher vor Ehrfurcht in Ohnmacht fielen, als der Gabbai (Synagogendiener) am Schabbat den Beginn des Monats Elul verkündete und die Frauen anfingen zu weinen.   

Wir sind weit davon entfernt, aber wie können wir dennoch diese besondere Atmosphäre zu spüren bekommen und was ist unsere Aufgabe in diesem einzigartigen Monat?

Die Anfangsbuchstaben des Monats Elul (Alef-Lamed-Waw-Lamed) ergeben die Wörter aus dem Buch Schir HaSchirim (Das Lied der Lieder) “Ani LeDodi weDodi Li” (Kap.6, Vers 3) und bedeuten: 

Wenn wir den ersten Schritt in Richtung G´tt machen, dann wird auch er sich uns nähern und uns die Rückkehr zu ihm erleichtern. Worum handelt es sich bei diesem ersten Schritt und wie machen wir ihn?

Im Monat Elul wird jeden Morgen nach dem Gebet das Schofar (Widderhorn) geblasen, als Erinnerung, dass die Tage des großen Gerichts nahen. Doch was will uns das Schofar vermitteln und was sollen wir wirklich hören, außer dem rauen und  unmusikalischen Ton des Schofars?

Der Rambam (Maimonides) schreibt in seinem Werk Mischne Tora (Hilchot Tschuva 3, 4), dass der Ruf des Schofars ein Weckruf für die Schlafenden ist, von ihrem Schlafe zu erwachen und Tschuwa zu machen. 

Von welchem Schlaf ist hier die Rede, denn normalerweise sind die Menschen, welche das Schofar hören hellwach (außer denen, welche aus Langweile beim Gebet eingeschlafen sind…)?

Die Antwort ist, dass der Rambam nicht den Schlaf meint, welchen wir alle kennen, sondern den Dämmerschlaf des alltäglichen Lebens und der Hetze. Unser Alltag wird immer schneller und wir hasten von einem Termin zum anderen. Am Abend sind wir todmüde und am nächsten Morgen fängt alles wieder von vorne an. Wir haben überhaupt keine Zeit mehr nachzudenken. 

Wohin rennen wir überhaupt? Was sind unsere Ziele im Leben und was machen wir, um sie zu verwirklichen? 

Inwiefern erfüllen wir den Willen G´ttes? Sind wir ein/e gute/r Vater/Mutter, Sohn/Tochter und Ehemann/Ehefrau?

Das ist die Botschaft des Schofars, uns aufzuwecken (und wenn nötig aufzurütteln) und uns daran zu erinnern, was wirklich unsere Werte sind und ob wir uns in die richtige Richtung bewegen. 

Der erste Schritt, welcher von uns erwartet wird, ist die Erkenntnis, dass wir uns im Laufe der Zeit und in der alltäglichen Hast von G´tt entfernt haben und zurückkehren müssen. Sobald dieser Schritt gemacht ist, kann alles weitere folgen. 

Unsere Wahl ist es, dem Rat des Schofars zu folgen, “aufzuwachen” und Tschuva zu machen oder wie die meisten den Snoozeknopf zu drücken und “weiterzuschlafen“ bis der Tag des Gerichts sie unsanft aus dem Schlaf rütteln wird, doch dann ich es schon viel zu spät…