Futterneid, Tzedaka (Wohltätigkeit) und Nächstenliebe in einer multikulti Gesellschaft

Futterneid, Tzedaka (Wohltätigkeit) und Nächstenliebe in einer multikulti Gesellschaft

Futterneid und Tzedaka (Wohltätigkeit)

Diese Woche steht die Wohltätigkeit im Mittelpunkt. Viel Neid ist der Futterneid. Tzedaka verhilft uns dazu, unsere Eifersucht zu überwinden. Die Tränen schießen Dir in die Augen, wenn Du liest, wie Abba Judan mit seinen Mitmenschen umging. Seine einzige Sorge waren die Einkünfte, der Lebensunterhalt anderer. Narrative Theologie, wie man das heutzutage bezeichnet.

Rabbi Jehoschu’a und Rabbi Akiwa (erstes Jahrhundert nach der Zeitrechnung) begaben sich einst auf den Weg, um eine große Summe an Geld für die Armen ein zu sammeln. Sie kamen in die Gegend von Antiochien, dem Ort des berühmten Abba Judan, der immer enorme Beträge an Tzedaka spendete. Als Abba Judan sah, dass die Gelehrten eintrafen, wurde er vor Scham und Verdruss ganz blass. Er hatte sein gesamtes Geld verloren und konnte dieses Mal keinen Cent beisteuern. Seine Frau erschrak gewaltig, als sie ihren Mann so blass sah und fragte nach der Ursache. „Die Chachamim, die Weisen besuchen unsere Stadt und ich kann keine zehn Cent Tzedaka geben“.

Seine Frau, die noch viel großzügiger als ihr Mann war, riet ihn daraufhin: „Weißt Du was? Wir verkaufen die Hälfte des verbliebenen Feldes und geben denen dann das Geld“. Als die Gelehrten das Geld entgegen nahmen, erteilten sie ihm einen Segen: „möge G“tt Deine Verluste ersetzen!“

Einige Zeit später fiel seine Kuh beim Pflügen in ein Loch. Sie brach sich eines der Beine. Während Abba Judan sich über sie bückte, machte er sich keine Sorgen: „Alles was G“tt macht ist gut“. Während er die Kuh verarztete, sah er im Loch einen Schatz liegen. Er verstand, dass das seine Belohnung war. Als die Gelehrten anlässlich ihrer nächsten Reise wieder in der Gegend waren, erkundigten sie sich, wie es Abba Judan gehen würde. Seine Stadtgenossen sagten, er sei wieder unglaublich reich. Abba Judan kam den Gelehrten entgegen und sagte zu ihnen: „Euer Gebete haben enorm geholfen. G“tt gab mir nicht nur mein ehemaliges Vermögen zurück, sondern ER hat mein Vermögen mit mehr, als ich jemals hatte, gesegnet“. Sie antworteten ihm: „Dein Erfolg ist Deiner eigenen Wohltätigkeit zu zu schreiben. Da Du immer so viel Tzedaka spendetest, hat G“tt Dich für all diesen Erfolg für würdig befunden“.

Schaut, von dort hole ich meine Inspiration. „Eine großzügige Gabe für Tzedaka sorgt dafür, dass die Parnassa (das Einkommen) gesteigert wird“ (Sprüche 18:16). Und so hat jeder etwas davon. Nicht nur der Eigentümer. Der Altruismus verändert die Welt.

Die Nächstenliebe in einem multikulti Umfeld

„Schaut her! Heute lege ich Euch den Segen und den Fluch vor: den Segen, wenn Ihr den Geboten von HaSchem zuhört, Eurem G“tt, die ICH Euch heute vorschreibe; den Fluch, wenn Ihr nicht auf die Gebote von HaSchem hört, Euerm G“tt und von dem Weg abweicht, den ICH Euch heute vorgebe, um anderen Göttern nach zu folgen“ (11:26-28).

Sind wir auch in unserem privaten Bereich für unser Umfeld verantwortlich? Wie können wir lernen, unsere Nachbarn und Mitmenschen zu schätzen? Das steht am Anfang der Parscha angedeutet.

Re’eh, „Schau (oder Sehe)“, steht in der Einzahl. Aber der Passuk, der Satz setzt sich in der Mehrzahl fort: lifnejchem (für Euch). Rabbi Efraijim Luntschitz, der Autor des Kli Jakar, verbindet diesen „switch“ von Einzahl zu Mehrzahl mit der berühmten Aussage unserer Weisen, dass „wir zu allen Zeiten die Welt mit unserem spirituellen Auge betrachten sollten, als ob diese genau im Gleichgewicht sei, zur Hälfte Sechujot – Verdienste – und bei der anderen Hälfte Awonot (Sünden)“ (B.T. Kidduschin 40b).

Im Eröffnungspassuk wird der Einzelne auf seine Verantwortung für den Klal – für die gesamte Gemeinschaft, angesprochen. Unsere privaten Angelegenheiten gehen im Grunde genommen jeden an. Dieser Gedanke wird gerade hier betont, da wir so zur Mitzwa (der Aufgabe) von Har Gerisim und Har Ewal wechseln sollten, wo „ganz Israel für einander verantwortlich werden“.

Alles, was die Thora hier propagiert, widerspricht den Normen und Werten unserer Kultur. Allgemein besagt unser Umfeld, dass was jeder privat macht, er oder sie das wohl für sich zu entscheiden hätte. Dieses geht keinen anderen etwas an. So ist es mittlerweile selbst gesetzlich geregelt. Dieses ist in einem multikulti- Zusammenleben verständlich, wo hunderte sehr auseinander laufende Lebensvisionen auf einigen Tausenden Quadratkilometern möglichst problemlos versuchen müssen, zusammen zu verbringen.

Das Jüdische Volk wird jedoch erachtet, eine viel größere Einheit zu bilden, da es auch eine geteilte Lebensvision und ein gemeinschaftliches Ziel hat.

Die Liebe zum Mitmenschen

„Die Beracha (der Segen) wenn Ihr zuhören werdet“: beim Fluch steht, dass dieser gilt, wenn man nicht zuhört und vom Weg abdriftet (das soll hießen, dass man sich auch verkehrt verhält). Aber die Beracha erhalten wir bereits, wenn wir nur schon zuhören, denn auch bei nur einem „guten Gedanken und Vorhaben wird es schon angerechnet, als ob man die gute Tat, die man sich vorgenommen hat, bereits ausgeführt hat“.

So lernen wir auch unseren Mitmenschen, der an diesem Augenblick vielleicht noch nicht viel Gutes tut, aber wohl die positiven Vorhaben hat, viel mehr schätzen.

„Kinder seid Ihr vor HaSchem. Macht keinen Unterschied“ (14:1).

Mehr als nur Glaube

Erst wenn wir bereit sind, einander zu zu hören und einfühlsam mit einander umgehen können, besteht Hoffnung auf Besserung. Aber dafür ist mehr, als nur der Glaube an G“tt, erforderlich. Wir sollten auch begreifen, dass jeder Mensch uns ähnelt, dass jeder auch ein Stückchen G“ttlichkeit ist und hat. Zwischenmenschliche Unterschiede betonen zudem die Größe von HaSchem (G’tt).