GEBURT – UNREINHEIT UND AUSSATZ – PARASCHA TASRIA MEZORA

GEBURT – UNREINHEIT UND AUSSATZ – PARASCHA TASRIA MEZORA

Doppelte Unreinheit nach der Geburt eines Mädchens

Die Geburt eines Kindes ist so besonders, dass die Thora uns anweist, dafür Opfer zu bringen. Eines als Dankopfer und eines als Schuldopfer, denn manche Frauen schwören sich, aufgrund der Geburtsschmerzen nie wieder Kinder zu bekommen.

Bei einem Mädchen verdoppeln sich diese Zahlen

Was jedoch schwer zu erklären ist, ist, dass die Thora sieben unreine und 33 reine Tage nach der Geburt eines Jungens vorschreibt; allerdings nach der eines Mädchens verdoppeln sich diese Zahlen: vierzehn Tage der Unreinheit und 66 Tage der Reinheit. Wie wirkt sich das Geschlecht des Kindes auf den Status der Mutter aus? Tiefer greift die Frage, warum eine Mutter nach der Geburt eines Kindes überhaupt unrein wird!

Unreinheit steht in der Thora immer zusammen mit dem Gegenteil von Leben – dem Tod. G’tt weist uns an, das Leben zu wählen und betrachtet das Leben als Geschenk und etwas Gutes. Die Thora will diese Welt zu einem Reich G’ttes vervollkommnen. Daher ist alles, was eine Bedrohung für das Leben darstellt oder dessen Gegenteil ist, unrein – rituell unrein.

Unerfülltes Potenzial

Nicht nur der Tod, sondern auch ein unerfülltes oder unausgereiftes Leben stellt Tuma – Unreinheit – dar. Deshalb bringt der Menstruationszyklus Unreinheit. Jeden Monat wird ein Ei produziert, das zur Befruchtung bereit ist. Kommt es nicht zur Befruchtung, löst sich die Gebärmutterwand auf, wodurch der Monatsfluss entsteht. Dieses Blut bedeutet, dass das Potenzial für neues Leben nicht ausgeschöpft wurde.

An der Grenze von Leben und Tod

Warum führt eine Geburt zur Unreinheit? Aus der Erschaffung von neuem Leben sollte Tahara – Sauberkeit – entstehen! Während der Geburt nähern sich Leben und Tod einander stark an. Bis vor etwa 85 Jahren war die Entbindung eine der häufigsten Todesursachen für Frauen. Während der Wehen leiden die meisten Frauen so sehr, dass sie das Gefühl haben, dem Tod nahe zu sein. Deshalb sollten sie Gomel- Bentschen, um – G’tt nach der Geburt – auf dieselbe Weise zu danken, wie man G’tt nach einer Rettung vor dem Tod dankt.

Das Gebären findet an der Grenze zwischen Leben und Tod statt. Aber weil die Geburt nicht nur eine Konfrontation mit dem Tod ist, gibt es vielmehr reine Tage als unreine Tage. Das Verhältnis ist 33:7 für einen Jungen und 66:14 für ein Mädchen. Bei der Geburt eines Mädchens zählen die Tage doppelt, weil sich die weibliche Physiologie das “Drama von Leben und Tod” im Menstruationszyklus wiederholt. Ein Mädchen wächst zu einer erwachsenen Frau heran, die den gleichen Menstruations- und Geburtszyklus durchleben wird.

AUSSATZ    Warnung und Reinigung

 “Und wenn es ein weißer Fleck auf der Haut seines Fleisches ist … soll der Kohen den Kranken sieben Tage lang fort schließen lassen” (Levitikus 13:4).

Ist Lepra eine Volkskrankheit? Eine oberflächliche Lektüre des Thora-Textes suggeriert, dass “die Gesetze des Moses in erster Linie aus medizinischen und gesundheitlichen Gründen erlassen wurden”. Um eine weitere Ausbreitung der Lepra zu verhindern, musste eine erkrankte Person aus der Lagerstätte entfernt werden. Wir zitieren hier einige Passagen aus dem Kommentar von Raw S.R. Hirsch:

“Wenn wir uns den Text, die Symptome und die dazugehörigen Dinim (Gesetze) genauer ansehen, dann sehen wir erst, dass Lepra nicht Aussatz sein kann. Der bekannte Weise und Kommentator Ovadja Sforno (1475-1550) merkt an, dass die wahre Lepra im Hebräischen als Schechin, das “Geschwür Ägyptens”, bezeichnet wird. Diese Krankheit wurde als unheilbar angesehen und unterliegt nicht den Regeln der Thora. Lepra führt also nicht zur Unreinheit, im Gegensatz zum Aussatz. In Levitikus 13:18 heißt es, dass Aussatz auf einem geheilten Leprageschwür entstehen kann, aber die Gesetze gelten nur, wenn das zugrunde liegende Lepra geheilt ist.”

Haut, Kleidung und Wohnstätten

Es gibt drei Arten von Lepra: an der Haut, an der Kleidung und in den Wohnstätten. Lepra beginnt mit einer dunklen Schwellung der Haut, während Aussatz nicht mit Schwellungen in Verbindung gebracht wird. Die betroffenen Bereiche färbten sich weiß.

Es gibt viele Argumente, warum Aussatz keine ansteckende Krankheit war; zu sehr widersprechen die Bestimmungen der Thora der Epidemiologie.

Zum Beispiel durfte ein Aussätziger in der Stadt bleiben, wenn es keine Stadtmauer gab; Nicht-Juden wurden nicht “beschaut” (geprüft oder eingesperrt).

Noch bemerkenswerter ist die Regel, dass, bevor der Kohen das Haus eines Aussätzigen inspiziert, alle Gegenstände aus dem Haus entfernt werden müssen, damit sie sauber bleiben, wenn das Haus für unrein erklärt wird: “Dann soll der Kohen befehlen, dass das Haus gereinigt wird, bevor der Kohen kommt, um die Plage zu prüfen, damit nicht alles, was im Haus ist, unrein wird.” So kann man eine Infektionskrankheit nicht eindämmen – da muss mehr dahinterstecken!

Menschen mit einem aussätzigen Geschwür wurden am Jom Tov (Feiertage), am Schabbat oder während der Schewa Berachot, der Festwoche nach einer Hochzeit, nicht untersucht. Gerade zu diesen Zeiten versammelten sich große Menschenmassen in Jerusalem, und eine ansteckende Krankheit hatte freie Bahn. Doch niemand wurde an diesen Tagen oder bei diesen gesellschaftlichen Ereignissen auch nur untersucht.

Keine Untersuchung des Inneren

Wenn der Kohen jemanden untersuchte, schaute er sich nur die Haut an; eine innere Untersuchung, auch von verborgenen Hautfalten, wurde unterlassen. Das Auftreten von gesunder Haut in einem aussätzigen Geschwür ist nach der Thora kein Zeichen der Besserung, während das Verschwinden der gesunden Haut und die Rückkehr des Aussatzes ein Zeichen der Reinheit ist!

In Anbetracht des oben Gesagten kann man verstehen, dass es sich nicht um eine rein körperliche Krankheit handelte, sondern eher um ein Zeichen des Himmels. Aussatz wird von unseren Gelehrten als ein physisches sichtbar werden eines geistigen Gebrechens angesehen. Die meisten Gelehrten glauben, dass Aussatz eine Strafe für Verleumdung war; es ist schwer vorstellbar, wie schwer laschon hara in den Augen der Thora wiegt, da Verleumdung heute so üblich geworden ist.

Ausschluss aus dem gesellschaftlichen Leben

Durch Verleumdung werden Menschen aus dem gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen. Deshalb musste der Aussätzige isoliert werden, was in mehreren Schritten von statten ging. Nur wenn man sich auf einer hohen geistigen Ebene befindet, kann der Körper durch einen geistigen Prozess verändert werden. Das ist der Grund, warum wir heute keinen Aussatz mehr sehen. Auf eine etwas andere Weise kann man Aussatz als ein Zeichen dafür sehen, dass G’tt sich direkt in zwischenmenschliche Angelegenheiten involviert ist.

Forschung und Selbstanalyse

Nach dem Sefer Ha-Chinuch (13. Jhr.) behandelt die Thora Aussatz nicht als körperliche Krankheit, weil der Kranke zum Kohen geschickt wurde. Es geht darum, dass wir lernen, nicht jedes Ereignis als Zufall zu betrachten. Der böswillige Aussätzige wird vorübergehend in soziale Isolation versetzt und der Kohen muss ihn direkt dort untersuchen, ob und wie er die Folgen der Übertretungen des Aussätzigen heilen kann, indem er seine Handlungen, Gefühle und Gedanken untersucht.