GLAUBE UND GESTÖRTHEIT – Mystizismus

GLAUBE UND GESTÖRTHEIT – Mystizismus

In der vielfarbigen rabbinischen Praxis werde ich mit vielen mystischen Fragen konfrontiert:

  •  Herr A. hat eine unheilbare Krankheit.
  • Herr und Frau B. sind seit zehn Jahren verheiratet, haben aber noch keine Kinder.
  • Der Sohn von Frau C. ist spurlos verschwunden.

Diese Menschen suchten auf den üblichen Wegen um Hilfe – bei Ärzten, durch medizinische Behandlungen und über die Polizei, aber nichts half. Nun suchen sie ihr Heil im Okkultismus. Vielleicht hilft ein Amulett, wo Medikamente nicht wirken. Oder ein Wahrsager, wo Interpol versagt.

David traf ein Mädchen, das er heiraten wollte. Seine Familie drängte ihn dazu, einen Kabbalist zu Rate zu ziehen, ob sie wohl die Richtige für ihn sei.

Ruben hatte heftige spirituelle Wahrnehmungen durch transzedentale Meditation erhalten. Er wurde religiös und begann an einer Jeschiwa zu studieren. „Aber ich sehne mich nach meinen alten spirituellen Erfahrungen bezw. Wahrnehmungen zurück“.

Die Frage lautet also: ist das Okkulte erlaubt, zu empfehlen, ratsam oder verboten?

G“tt leitet unsere Welt auf unzählbaren Wegen – spirituelle Welten, Engeln, Zusammenfügungen, Kräfte von Heiligkeit und Unreinheit.

Es gibt unterschiedliche Arten, zu versuchen, die Zukunft zu beeinflussen oder g“ttliche Inspiration zu erhalten:

  • Zauberei, Wahrsagungen, das Aussprechen heiliger Namen, Engel durch Versprechungen mit einbinden und Astrologie: dieses alles ist verboten;
  • das Schreiben vom Amuletten: auch das ist heutzutage meistens nicht erlaubt;
  •  Segenssprüche/Brachot, Segnungen durch Zaddikim, also durch Gerechte: es ist ein sehr weitverbreiterter Brauch, die Nähe von „mit besonderen Fähigkeiten“ ausgestatte Menschen zu suchen;
  • Gebet und Selbstverbesserung: Busse tun, Charakteränderung in positivem Sinne, vollkommener Glaube, das Studieren der Thora, gute Taten und die Erfüllung von Mitzwot, sowie die Beachtung von Vorschriften: dieses ist die Praxis innerhalb des traditionellen Judentums.

Viele Bereiche in Paraschat (Wochenabschnitt) Keduschim (3. Buch Mose 19) verbieten astrologische Magie: „Wenden Sie sich nicht an die Beschwörer von Toten und an die Wahrsager, versuchen Sie nicht sich durch diese zu verunreinigen“(19:31).

Obwohl unsere Weisen bejahen, dass Astrologen die Zukunft vorhersagen würden können, meinen sie doch, dass sie sich inhaltlich beim Erklären der Zeichen irren.

Jeder hat einen Masal, einen speziellen Stern, der ihn/sie beschützt (B.T. Schabbat 53b). Dieser Masal ist im Stande einer höheren Wahrnehmung von Dingen, die der Mensch selber nicht mal merkt (B.T. Sanhedrin 94a). Nicht nur Menschen werden durch die Sterne beeinflusst, es gibt selbst auf Erden keinen Grashalm, der nicht einen Schutzengel im Himmel hat, der ihm einen „Stups“ gibt und sagt “wachse!“.

Rav Chanina sagte: „Israel steht wohl unter dem Einfluss der Sterne“. Rabbi Jochanan hingegen blieb dabei, dass das Jüdische Volk gegen den Einfluss der Planeten immun sei.

Schmuel und Ablat

Auch aus einer Geschichte des Gelehrten Schmuel lernen wir, dass Israel nicht unter den Einfluss der Sterne steht. Schmuel und Ablat (ein heidnischer Gelehrter) saßen zusammen, als eine Gruppe Menschen vorbei kam, auf dem Weg zu ihrer Arbeit. Ablat sagte da zu Schmuel: „Der Mann, der da gerade vorbei geht, wird nicht zurück kehren, da eine Schlange ihm beißen und er sterben wird.“ „Wenn er Jüdisch ist“, sagte Schmuel, „wird er zurück kehren“.

Während sie da saßen, kam der bewusste Mann zurück. Ablat sprang auf und nahm ihm seine Last, die er trug, ab. In ihr fand er eine Schlange, die in zwei Teilen zerschnitten war. Schmuel fragte ihm darauf: „Welche gute Tat hast Du verrichtet?“ „Jeden Tag sammeln wir unser Brot und teilen dieses beim Essen. Aber heute hatte einer von uns kein Brot und er fühlte sich beschämt. Ich beruhigte ihn mit der Zusage, dass ich ihm beim Einsammeln des Brotes ausklammern würde. Als ich zu ihm kam, tat ich so, als ob ich Brot von ihm erhalten hätte, so dass er sich nicht schämen müsste“. „ Du hast etwas sehr Gutes gemacht“, sagte Schmuel zu ihm.

Danach hielt Schmuel eine Ansprache und zitierte den Vers: „Gutherzigkeit rettet vor dem Tod“ (Sprüche der Väter 10:2). Dieses bedeutet, dass man hiermit nicht nur von einem unnatürlichen Tod gerettet wird, sondern vom Tod selber.

Wenn man sein Allerbestes tut, ist es möglich, sein Schicksal in die eigene Hand zu nehmen und von der Vorherbestimmung, die in den Sternen festgeschrieben wurde, unabhängig zu werden.