G´ttes absolutes Wissen VS. Freiheit der Wahl des Menschen – Parascha Eikev

G´ttes absolutes Wissen VS. Freiheit der Wahl des Menschen – Parascha Eikev

In unserem Wochenabschnitt Eikev verspricht Mosche dem jüdischen Volk, dass wenn sie die Tora hüten und den Willen G´ttes befolgen, dann wird sie G´tt vermehren, mit guter Landwirtschaft (hauptsächliche Einnahmequelle im Heiligen Land) und gesunden Kindern segnen (Vers 13). Menschen und Tiere werden fruchtbar sein und sie werden von Krankheiten verschont bleiben (Vers 14-15).

Sie werden (militärisch) stark und mächtig sein und die Völker werden sie fürchten, weil sie G´ttes Beistand auf ihrer Seite haben (Vers 16-19).

Sie werden siegreiche Kriege führen, die Völker vertreiben und ihre Länder einnehmen. 

Dennoch ist es ihnen nicht gestattet, die ehemaligen Bewohner auf einmal zu verjagen, weil sich sonst an deren Stelle wilde Tiere verbreiten werden (Vers 22).

Raschi wundert sich, wie es sein kann, dass sich das jüdische Volk von wilden Tieren fürchten muss, wenn hier doch die Rede davon ist, dass das jüdische Volk den Willen G´ttes befolgt und in diesem Zustand können ihnen wilde Tiere nichts anhaben, wie es im Buch Iyov (Kap.5, Vers 23) steht: “Und die [wilden] Tiere des Feldes werden Frieden mit dir schließen”?

Darauf antwortet Raschi, dass wahrlich, wenn das jüdische Volk G´tt treu bleiben würde, dann müssten sie sich sogar von wilden Tieren nicht fürchten. G´tt wusste aber, dass das jüdische Volk sündigen und diesen Schutz infolgedessen nicht mehr verdienen wird.

Diese Antwort stellt uns vor ein großes philosophisches Dilemma:

Bekanntlich hat der Mensch nach der jüdischen Weltanschauung stets die Freiheit der Wahl, ob er Gutes oder Böses tun möchte. 

Obwohl der Mensch in der Tora wieder und wieder dazu aufgefordert wird, den richtigen Weg zu wählen und dafür belohnt zu werden, dennoch ist es letztendlich die Entscheidung des Menschen und er hat vollkommen freie Hand. 

So lehren unsere Weisen: “Alles ist in den Händen G´ttes, außer die Wahl des Menschen”

Raschis Antwort scheint jedoch diesem Konzept zu widersprechen, denn wenn G´tt die Zukunft kennt, dann ist ihm per Definition auch das Ergebnis der Wahl des Menschen bekannt. Wie kann ein Mensch vollkommen freie Wahl haben, wenn das Ergebnis G´tt schon bekannt ist?

Viel Tinte wurde vergossen, um diese Frage zu beantworten, aber an dieser Stelle möchte ich jedoch nur die Antwort des Rambam (Maimonides) präsentieren: 

Wir Menschen haben viele Fragen, Widersprüche und Unstimmigkeiten aus einem einzigen Grund: 

Wir versuchen G´tt mit unserem Verstand zu verstehen und dabei schränken wir seine Fähigkeiten automatisch ein, weil wir nur mit den uns bekannten Dimensionen operieren können und uns keine anderen Mittel zur Verfügung stehen. 

Wie kann ein sterbliches Wesen aus Fleisch und Blut, begrenzt durch Zeit und Raum und auf 5 Sinne beschränkt, den Allmächtigen Schöpfer verstehen?

Wir Menschen können das und vieles andere nicht verstehen, aber eines wissen wir mit Sicherheit: Wenn wir das wüssten, was G´tt weiß, dann hätten wir keine Fragen und keine Widersprüche!