HAFTARA von Parascha NOACH
Die Haftara beinhaltet viele
unterschiedliche Gedanken:
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Zu allererst sind unsere Erfahrungen
in der Galut, zu Jiddisch Goles, also in der Diaspora, mit dem
Zustand während der Sintflut zu vergleichen. Wir werden durch einen
Tsunami voller Probleme überschüttet, wenn wir versuchen, unsere
Identität in einem Meer von komplett anders denkenden Strömungen
aufrecht zu halten.
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Zweitens betont der Prophet Jesaja
die Wichtigkeit der Gerechtigkeit. In Jesaja 54:14 liest man: „Die
Gerechtigkeit wird das Fundament sein“. Zu Zeiten der Sintflut
erlebte die Unehrlichkeit ihr Hoch.
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Drittens wird Jeruschalaim nach
ihrer Zerstörung getröstet: „Jubel…die Kinder dieser
verstoßenen Frau werden zahlreicher sein als die der Verheirateten“
(54:1). Schließlich wird Jeruschalaim wieder aufgebaut und bewohnt
sein! Der Zustand von Am Jisraejl und Eretz Jisraejl schien während
langer Zeit hoffnungslos. Aber endlich ging die Sonne sinnbildlich
auch für Israel auf.
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Viertens sprach der Prophet: „Dieses
ist für mich wie bei der Flut von Noah: wie ICH geschworen habe,
dass das Wasser von Noah nie mehr die Erde überfluten würde, so
schwöre ICH, dass MEIN Zorn Dich nicht mehr trifft“ (54:9).
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Fünftens steht dort: „Alle Deine
Kinder werden durch HaSchem unterrichtet, Ruhe und Frieden werden
ihr Anteil sein“ (54:13). Wenn alle Bnej Jisraejl die Thora lernen
und erfüllen, wird es Frieden geben. „Deine Kinder“ kann im
Hebräischen auch mit „ Deine Erbauer“ übersetzt werden, da die
kommende Generation an unserer Tradition weiter baut.
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G“tt verspricht, dass wenn wir
unser Bestes beim Thora-Lernen einbringen, ER uns SELBER in der
kommenden Welt, der Olam Haba, unterrichten wird. Die Belohnung ist
für die Olam Haba vorgesehen. Ein unerschütterlicher Glaube in
G“ttes Führung der Welt und Gerechtigkeit überbrückt die Kluft
zwischen den Lügen von heute und der Wahrheit der Welt danach.
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Unser Auffassung nach ist die
Belohnung des „Lernens“ die Nähe G“ttes. Dass G“tt SELBER
uns in SEINER Thora den Weg zeigen wird, ist unsere höchste an zu
denkende Belohnung.
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Wie sollten wir uns den Zeitraum des
Maschiach vor stellen? Der Diener G“ttes, aus einem späten
Nachfahren des illusteren König David stammend, wird über das Volk
herrschen. Aber: „denke nicht, dass in der Zeit des Maschiach sich
etwas in der heutigen Weltordnung verändern wird oder etwas Neues
entsteht“ (Maimonides). Jesaja’s Prophetie (11:6), dass der Wolf
und das Lämmlein bei einander liegen, ist lediglich eine Maschal,
eine Parabel, in der auf zutreffende Art geschildert wird, wie
Israel ohne Angst zwischen den Völkern leben wird.
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Wird uns doch ein weltumspannendes
Reich aus Liebe und Gerechtigkeit geschildert. Das Wort G“ttes
wird von Zion aus gehen und die gesamte Welt erfassen. Alle Völker
werden in die G“ttliche Erwartungen in Harmonie und Eintracht
erfüllen.
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Jeruschalaim wird mit Edelsteinen
wieder aufgebaut werden.
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Für den ewigen Bund zwischen dem
Jüdischen Volk und HaSchem wird bildlich das Wort „Ehe oder
Hochzeit“ verwendet. Die Ehe ist eine dauerhafte Investition in
einander: „Du warst eine verlassene, verzweifelte Frau, als
HaSchem Dich zurück rief“. Eine Entfernung auf Zeit ist möglich,
aber letztendlich werden die Eheleute zu einander wieder zurück
finden: „Kann jemand die Frau seiner Jugend verstoßen?“. Die
Verbindung war zu stark: „ICH habe Dich nur für einen Augenblick
verlassen, aber ICH werde Dich mit offenen Armen wieder empfangen“.
12. Beim Wiedersehen verschwindet der Schmerz der Trennung, wie der
Schnee in der Sonne: „ICH versteckte MEIN Antlitz vor Dir im
wallenden Zorn, EINEN Augenblick lang, aber ich werde MICH wieder
mit ewiger Liebe Deiner erbarmen“.
- „EINEN Augenblick lang“ ist der Zeitbereich, aus der Sicht von HaSchem, G“tt. Aber unsere Galut, unsere Verbannung, dauert schon beinahe zwei Tausend Jahre lang, seit der Zerstörung des Zweiten Tempels im Jahr siebzig nach der Zeitrechnung. Wie kann das aus unserer Perspektive EIN Augenblick sein? Die Antwort lautet, dass sobald HaSchem uns tröstet, wir das Gefühl haben werden, dass die Goles, unsere Verbannung, wie in einem Alptraum eine Ewigkeit dauerte, während sie eigentlich nur sehr kurz war. Die Bilder der Angst aus unseren Alpträumen werden scheinen, wenig mit der letztendlichen Wirklichkeit zu tun zu haben.
- „Dieses ist für MICH wie bei der Flut von Noah: so wie ICH Dir geschworen habe, dass das Wasser von Noah nie mehr die Erde überfluten wird, so schwöre ICH, dass MEINE Wut Dich nicht mehr treffen und dass ICH Dich nie mehr bedrohen werde“.
- G“tt versprach Noah, dass er als einziger gerettet würde. In diesem Augenblick hätte Noah Dawwenen sollen, zu G“tt beten, dass ER mit der Welt Mitleid haben solle und diese schonen. Noah jedoch ließ diese Gelegenheit verstreichen. Darin unterschied er sich von Mosche, der sich sofort für das Jüdische Volk einsetzte, als es, nach dem Sündenfall anlässlich des Goldenen Kalbes, von HaSchem bedroht wurde. Deshalb heißt die Sintflut „das Wasser von Noah“.
- Noah war ein Tzaddik (ein Gerechter) im Vergleich mit seiner Generation. (die Thora sagt ‚in seinen Zeiten‘). Andere meinen jedoch, dass Noah ein Tzaddik war wegen oder trotz seiner Generation. Trotzdem wird Noah kritisiert. Er war in der Tat ein Tzaddik, denn er tat genau, was von ihm erwartet wurde, aber darüber hinaus ging er nicht.
- Unsere Tzaddikim gingen immer weiter, als was verlangt wurde. Awraham ging kurz nach seiner Beschneidung auf die Suche nach Gästen, trotz seiner Schmerzen. Mehr zu Leisten, als gefordert wird, verändert die Persönlichkeit. Awram änderte in Awraham, er wurde ein besserer Mensch. Wenn wir nur das tun, was von uns erwartet wird, ist das zu wenig. Stillstand ist Rückgang und Rückschritt.