Herrschaft G“ttes – Parascha Nizawim

Herrschaft G“ttes – Parascha Nizawim

Nizawim wird immer kurz vor Rosch Haschana gelesen. An Rosch Haschana bitten wir G“tt, über die gesamte Welt zu herrschen. Wir krönen G“tt zum König. Wir befassen uns nicht mit allerhand irdischen Bedürfnissen. Wir stellen fest, dass wir Seine Diener sind.

In manchen religiösen Kreisen ist dieses Konzept der Herrschaft G“ttes verdrängt worden, wenn nicht selbst gänzlich entfernt.

Man sieht es nicht mehr so als gegeben, diese vollständige Unterwerfung. G“tt als Heiler, als Freund in Zeiten der Not oder als Gescheiter Ratgeber ist noch annehmbar, aber absolute Herrschaft und vollständige Gehorsamkeit, nein, diese passen nicht mehr in unsere Zeit. So denken heute viele Leute.

An Rosch Haschana ist dieses jedoch schon der Inhalt unserer Gebete. Als Diener des Allerhöchsten möchten wir nichts mehr oder weniger, als dass G“tt als König geehrt und anerkannt wird. In der Synagoge, sind wir deshalb nicht mit unseren eigenen Wünschen hauptsächlich beschäftigt.

Zuhause unseren Lebensunterhalt

Erst wenn wir nach Hause kommen, sehen wir dort Dinge liegen, die uns an unsere Parnosse (an unseren Lebensunterhalt) und an unseren irdischen Erfolg erinnern. Wir essen ein Äpfelchen mit Honig, was ein süßes Jahr symbolisiert, und den Kopf eines Fisches, da wir hoffen, dass wir „der Kopf“ und nicht „der Schwanz“ sein werden.

Mit einer im Grunde genommen symbolischen Sprache sprechen wir zu G“tt: „wir möchten Dir gerne als Knechte und als Kinder dienen, und das haben wir auch die ganze Zeit in der Synagoge gemacht, aber wir könnten das besser machen, wenn wir gesund sind, Kinder haben und genügend Geld verdienen, um unsere Rechnungen zu bezahlen. Hilf uns bitte auch hiermit!

Persönliche Konsequenzen

Diese Verherrlichung von G“ttes Königherrschaft über die gesamte Welt hat auch sehr persönliche Konsequenzen. Wir können nicht so ohne Weiteres unseren eigenen Vorstellungen nachgehen.

Scherirut Libi bedeutet die Art, auf die mein Gefühl mir das vermittelt. Oft meinen wir tatsächlich, dass wir selber fest stellen können, was gut und was böse ist. Oft lassen wir uns durch unser eigenes Verständnis leiten.

Leidenschaft und Ambition steuern

Dieses führt uns zu einer anderen Bedeutung von Scherirut Libi. Man kann dieses auch als Serarut Libi lesen. Dann bedeutet es, dass man durch sein Gefühl gesteuert wird. Leidenschaft und Ambition steuern den Menschen. Man wird durch „sein Herz“ beherrscht.

Wenn wir ausschließlich unseren Gefühlen nachgehen, haben Emotionen die Oberhand.

Dieses ist die Botschaft von Rosch Haschana. Dass die Tora unser Leben bestimmt und nicht unser Gefühl, das aus den niedrigsten Bereichen unserer Seele empor sprudelt.

Unsere Wunschliste lassen wir mal zu Hause

Rosch Haschana ist unverfälscht. Wir kommen nicht in die Synagoge, um immer nach „mehr und schöner“ zu ersuchen, sondern um G“tt zu ehren und die Richtlinien der Tora als unsere ultimativen Lebensregeln zu akzeptieren. Unsere Wunschliste lassen wir mal zu Hause.

Das Andere in den Mittelpunkt stellen

Rosch Haschana lehrt uns eben, das Andere in den Mittelpunkt zu stellen. Hierunter fällt auch unser Mitmensch. Deshalb wird an Rosch Haschana an drei besondere Frauen – Sara, Rachel und Channa – erinnert. Sie wurden schwanger und bekamen ein besonderes Kind. Sie waren alle altruistisch:

Awraham und Sara kümmerten sich andauernd um Andere. Deshalb wurde ihr Kinderwunsch erfüllt.

Auch Rachel, unsere dritte Erzmutter, wurde bedacht. Rachel hatte ihre Schwester Lea vor einer gewaltigen Schande unter der Chuppa mit Ja’akow verschont, indem sie ihr den Code, also die vereinbarten Geheimwörter verriet, so dass Ja’akow dachte, Rachel würde neben ihm stehen.

Auch Channa wurde an Rosch Haschana bedacht, da sie nur zur Steigerung der Gloria des G“ttlichen Königreiches, ein Kind haben wollte. Sie suchte nicht um ein Kind nach, um dieses zu bemuttern, sondern wollte, dass ihr Sohn Schmu’ejl, der spätere große Prophet und Leiter des jüdischen Volkes, sein ganzes Leben G“tt widmen sollte.