Inspiration in Nachhaltigkeit umsetzen – Parascha Beschalach

Inspiration in Nachhaltigkeit umsetzen – Parascha Beschalach

Parascha Beschalach (Schemot/Exodus 13:17 – 17:16 )

Als die Juden durch das gespaltene Schilfmeer gegangen sind, sangen sie spontan das ,,Lied des Meeres” (Kap.15). Sie wurden aus den Händen der mächtigen ägyptischen Armee gerettet. Endlich waren sie vollkommen frei. In diesem berühmten Befreiungslied wird dreimal auf den Tempel Bezug genommen, wie z.B (15:17): ,,Mit deiner Kraft hast du sie zu deinem Tempel geführt”.

Durch die Spaltung des Schilfmeeres erhielten die Juden eine enorme G’ttliche Offenbarung. Sie konnten direkt in den Himmel schauen und wurden völlig in Trance versetzt. Aber was ist der Zusammenhang zwischen ihrer Ekstase und dem festen Tempel ?

Die Nachhaltigkeit unserer Emotionen stellt in jedem religiösen Kontext ein ständiges Problem dar. Wie schaffen wir es aus Impulsen des Glaubens oder der Liebe zum höchsten Wesen, dem Allmächtigen, ein ständiges Gefühl der Verbundenheit zu G’tt zu machen? Die meisten Emotionen verschwinden nach einer Zeit um Platz zu machen für Routine und Abnutzung. Die jüdische Antwort lautet, dass wir versuchen müssen all diese hohen und erhabenen Gefühle in konkrete Handlungen oder in das konkrete ,,Lernen” der Thora umzusetzen.

Handlungen in der DIY-Atmospähre können wir viel länger aufrechterhalten. Indem wir unserem Enthusiasmus einen praktischen Ausdruck verleihen, erhalten wir die erhabene Atmosphäre aufrecht und schaffen es oft, die spirituellen Topmomente zu wiederholen.

Nach der Ekstase am Schilfmeer verspürte das Bnei Israel das Bedürfnis dieses ,,High” in etwas Konkretem umzusetzen.  Der Tempel als Ort der Begegnung mit G’tt würde diesem Bedürfnis gerecht werden.

Die spirituelle Erhebung, die die Juden an den Ufern erleben, sollte ihnen auch ein stärkeres Gefühl der Sicherheit und des Glaubens in G’ttes Weltherrschaft geben. Die gesamte Reise durch die Wüste war eine große Prüfung, ein ständiger Test um zu sehen, ob sie tatsächlich dieses hohe Maß an Glauben beibehalten würden. Dies würde sich in weniger Beschwerden und in einem doppelt so starken Vertrauen in die Führung von G’tt via Moshe ausdrücken.

Dem Judentum ist es gelungen, die hohen Glaubensgrundsätze in einen festen Verhaltenskodex mit religiös-ethischem Inhalt umzuwandeln. Die Thora strebt danach, Spiritualität und Konformismus, zwei Konzepte die sich normalerweise entgegengesetzt zu sein scheinen, zu vereinen.

Ein Musterbeispiel dieser kreativen Spannung ist das Gebet, welches versucht innere, spontane Erfahrungen mit einem festen Text zu verbinden. In unserem Gebet wird eine Synthese zwischen der Spontanität in einer tief empfundenen Beziehung zum Allmächtigen und einer standardisierten einheitlichen Formulierung der Gebete angestrebt.