Jom Kippur: anstatt eines Menschen, wird ein Tier geopfert

Jom Kippur: anstatt eines Menschen, wird ein Tier geopfert

Zu Opfern bedeutet Annäherung

Weshalb bevorzugen die Aschkenasim ein Widderhorn? Das Widderhorn erinnert an die Akedat Jitzchak auf dem Tempelberg Moria – die große Opferung, die Awraham sich zumuten wollte, für seinen Glauben an HaSchem.

Aber auch hier ergibt sich eine tiefere Symbolik: anstatt eines Menschen, wird ein Tier geopfert.

KaRaV = annähern, näher herbeibringen 

Das Judentum wandte sich in der Antike gegen Menschenopfer, ein geläufiger Kultus von damals und auch schon von davor. Ein Opfer, damit ist das Erbringen eines Opfers gemeint, heißt in Hebräisch „KORBAN“, kommt vom Hebräischen Stamm KaRaV = annähern, näher herbeibringen. Das Judentum behauptet, dass der Mensch das Tierische, das sich in ihm befindet, zu G“tt „näher bringt“, über das ausschließlich Biologische uns Sinnlose erhebt, veredelt und vervollständigt.

Es geht darum, nur das Tierische im Menschen zu verbessern 

Der Widder symbolisiert das Ungezähmte, das Tierische, die Menschen-unfreundliche Gewalt. Auf dem Berg Moria wird der typisch Jüdische Weg aufgezeigt: nicht der Mensch sollte geopfert werden; das Menschliche im Menschen bildet ein Potential für das Gute. Es geht darum, nur das Tierische im Menschen zu verbessern, es zu mindern.

Das Tierische gegensätzlich zur Moral

Widder gegensätzlich zu Jitzchak, tierische Instinkte gegensätzlich zur Moral, Macht gegensätzlich zum Recht, rohe Gewalt gegensätzlich zu einem humanistischen, religiösen Gefühl. Finden wir diesen Kampf nicht in der Geschichte der Menschheit laufend wieder?

Uns hat auch nicht jeder für sich in seinem eigenen Leben einen ähnlichen Kampf – und sei es nur auf einem viel kleineren Niveau – auszufechten? Der Kampf zwischen Lüge und Wahrheit, zwischen dem Schlechten und dem Guten, der Kampf zwischen „HaSchem in uns“ und dem „Satan in uns“?

 Letzte Tekia des Jahres

Der Schofar – das Symbol des immer wiederkehrenden Apells zur Selbstverbesserung – ist die Waffe gegen das Schlechte in uns und der uns umgebenden Welt. Dieser Symbolik gemäß, wie gewohnt, blasen wir am Ende des Jom Kippur- G“ttesdienstes noch ein Mal ein „TEKIA“- ein langgestreckter Ton. Unsere Chachamim erklären überwiegend, dass der Satan – das Schlechte – während des gesamten Jahres über die Macht verfügt, das Jüdische Volk „an zu klagen“ – was bedeutet, dass der himmlische „Staatsanwalt“ anscheinend eine Anzahl Beschwerden über das Jüdische Volk hat – außer an Jom Kippur, an dem er machtlos ist.

„haSatan“ ist dreihundertvierundsechzig 

Interessant auffallend ist hierbei, dass der Kabbalistische Zahlenwert des Satans, „haSatan“, dreihundertvierundsechzig ist, dass bedeutet, alle Tage des Jahres – dreihundertfünfundsechzig – mit Ausnahme des einen Tages Jom Kippur.

Um dieses sofort im Keim zu ersticken, blasen wir „TEKIA“ 

Am Ende des heiligsten Tages des Jüdischen Jahres möchte Satan seine verurteilenswerte Tätigkeit wieder aufnehmen. Um dieses sofort im Keim zu ersticken, blasen wir gerade an diesem Moment ein „TEKIA“.

uns die moralische Kraft zu verleihen, den „Satan“ zu bekämpfen 

Die Absicht, der Zweck der Jamim Nora’jim (Rosch Haschana und Jom Kippur) ist, uns die moralische Kraft zu verleihen, den „Satan“ zu bekämpfen, den kleinen Satan im individuellen Leben und den großen Satan in der Menschheitsgeschichte.

Der lange und beeindruckende, durch Mark und Bein gehende Ton TEKIA am Ende von Jom Kippur bedeutet, dass wir versuchen sollten, die Lektion der moralischen Überwindung des Tierischen im Menschen im täglichen Leben um zu setzen, dass nach Jom Kippur wieder beginnt. Sie erfolgte zum ersten Mal in der Geschichte symbolisch auf dem Berg Moria.

 Opferbereitschaft

 Die Halacha, das Gesetz und unser Minhag, unsere Art, die Gebete zu verrichten, schreiben ein Widderhorn nicht ohne triftigen Grund vor.

Die Erinnerung an die Akedat Jitzchak ist nicht nur ein Gedenken eines geschichtlichen Ereignisses.

Sie hat auch noch jetzt eine tiefgehende Bedeutung: die Aufopferung für die gute jüdische Sache, aber auch die Opferbereitschaft, diese gute Jüdische Sache in die Zukunft zu führen.

Wir hoffen und dawwenen (beten) dass HaSchem (G’tt) uns in das Buch des Lebens aufnehmen und versiegeln wird.