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KOPFTUCH UND KIPPA:  Religiöse Symbole im öffentlichen Dienst

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KOPFTUCH UND KIPPA: Religiöse Symbole im öffentlichen Dienst

Ich möchte für echte Religionsfreiheit eintreten.

Zwar verstehe ich auch das Argument der hessischen Justizministerin Eva Kühne-Hörmann, die das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts begrüßt hat. Sie sagt, gerade in unserer multikulturellen und multireligiösen Gesellschaft sei es wichtig, dass der Staat in lebensanschaulichen Fragen neutral bleibt. Daher sollten religiöse Symbole im öffentlichen Dienst, wie etwa vor Gericht, nicht getragen werden.  

Aber durch diese Regel sind Menschen mit Kippa oder Kopftuch automatisch von einer Funktion als Richter oder Staatsanwalt ausgeschlossen, und es wird eine nur scheinbare Neutralität geschaffen. Ein Christ bleibt ein Christ, auch wenn er zwischen neun Uhr morgens und fünf Uhr nachmittags nicht als solcher zu erkennen ist. Dasselbe gilt auch für alle anderen Glaubensrichtungen. Ich plädiere lieber für öffentliche Klarheit darüber, wofür der Autoritätsträger in religiöser Hinsicht steht. Auf diese Weise kann man Vorurteile viel schneller erkennen und bekämpfen.

Zweitens gibt es auch aus pädagogischer und soziologischer Sicht viele Gegenargumente. Anstatt ständig auf Integration zu pochen, sollten die Politiker ihre Augen öffnen für den Wert und die Bedeutung der Erhaltung anderer Kulturen. Denn das bereichert die westliche Kultur, wenn man den anderen so akzeptiert, wie er ist, und nicht so, wie er aus einer egozentrischen Perspektive sein sollte. Gerade letzteres ist für das Wohlergehen von Minderheiten von entscheidender Bedeutung.

Wahre Toleranz wird innerhalb der eigenen Kultur unter Beweis gestellt. Zu dieser sollten auch Christen offen stehen.

Die Integration in ein vorwiegend säkulares Umfeld bedeutet für die meisten Gläubigen dagegen einen enormen Kultur- und Identitätsverlust. Denn bewusst oder unbewusst wird auf die Schwächung von Minderheitenidentitäten abgezielt. Religiöse Äußerlichkeiten werden als reaktionär, altmodisch und als unnötig abgelehnt. Nicht nur die muslimische Minderheit ist mit einer weitreichenden Einmischung des Staates konfrontiert, sondern auch jüdische Eltern wurden schon darüber informiert, dass das Tragen der traditionellen Kippa an Schulen unerwünscht sei. Doch für traditionelle Juden spielen äußere Merkmale eine zentrale Funktion für das Überleben unserer jahrhundertealten Tradition in einer fremden Umgebung. Und gruppenintern sind religiöse Merkmale ein Gradmesser für die Wahrhaftigkeit der inneren Erfahrung.

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Dem Staat kann grundlegendes Unverständnis gegenüber Kindern und Jugendlichen kultureller und religiöser Minderheiten vorgehalten werden. Während ein und dieselbe Obrigkeit ein Vorbild in Sachen Toleranz gegenüber allen Arten von Exzessen antiautoritären Verhaltens und persönlicher Freiheiten angibt, kurz gesagt, gegenüber allem, was modern aussieht, legt sie Veto ein gegen die Kleidung ihrer islamischen und jüdischen Mitbürger.

Doch die ist in erster Linie Privatsache.

Und dabei zeigt der Staat völlige Unkenntnis der Schwierigkeiten, mit denen insbesondere die Generation der Jugendlichen von Minderheiten konfrontiert ist. Bewusst oder unbewusst zielt man auf einen kollektiven Identitätsverlust ab. Der tolerante, materialistische, westliche Lebensstil hat etwas Verlockendes. Doch durch die Interaktion mit der Gesellschaft kommen diese Kinder mit Normen und Werten in Kontakt, die sich deutlich von dem unterscheiden, was ihre Erzieher befürworten. Dies führt zu einer Identitätskrise.

Doch die Identitätsentwicklung hängt auch von der Unterstützung ab, die ein junger Mensch von der Gesellschaft erhält, in der er sich bewegt. Wenn das Umfeld religiösen Äußerungen in Verhalten oder Kleidung feindlich gesinnt ist, entstehen Identitätsprobleme bei Angehörigen von Minderheiten, weil ihre religiösen Formeln, die lange als Grundlage für eine gemeinsame Erfahrung gedient haben, durchkreuzt werden.

Unsere Demokratie muss in der Lage sein, jungen Menschen Ideale zu bieten; Ideale, die für Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund akzeptabel sind. In unserer pluralistischen Gesellschaft bedeutet dies insbesondere, dass die öffentlichen Institutionen die verschiedenen Traditionen als autonom akzeptieren und den Trägern der Tradition positiv und konstruktiv begegnen müssen. Eine wichtige Tugend, die sich in der Phase der Adoleszenz entwickelt, ist »Treue«: die Erfüllung der Verpflichtungen, die sich aus den getroffenen Entscheidungen ergeben. Das Gefühl der Autonomie führt zu Selbstvertrauen. Die Verweigerung, Religion in der Kleidung ausdrücken zu dürfen, führt zu Verlegenheit und Schmerz. Politiker, die äußerlichen Kennzeichen anderer Kulturen unfreundlich gegenüberstehen, verursachen einen gravierenden Bruch im Selbstbild, im Selbstbewusstsein und im Selbstvertrauen der jungen Generation. Und dazu trägt auch ein Verbot von Kopftuch und Kippa für Richterinnen und Staatsanwälte bei.

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