ADAMS UND UNSER OPFER – Parascha Zaw

ADAMS UND UNSER OPFER – Parascha Zaw

Robin Hood

Jeder Einzelne durfte Opfer erbringen, Jüdisch oder Nichtjüdisch. Unsere Weisen (B.T. Nasir 62a) erklären eindringlich, dass der Gegenstand und das Opferteil, dass erbracht wird, nicht aus Diebstahl stammen darf. Wir sollten nicht Robin Hood’s Beispiel folgen, der die Reichen beraubte, um den Armen Tsedaka geben zu können.
Das nennt man eine Mitzwa Haba’a Be’awera – eine gute Tat, die nur durch die Durchführung eines Vergehens erfolgen kann. Diese Einstellung kennt jedoch auch noch eine subtilere Art. Wenn man auf unkorrekte oder unsaubere Art Geld verdient hat, ist man schon mal schnell dazu geneigt, einen Teil davon für einen guten Zweck abzuzweigen, um den verbleibenden Rest als Besitz zu rechtfertigen. Diebstahl und Opfergabe schließen einander aus.
Eine Opfergabe bringt G“tt näher, aber Diebstahl entfernt IHN von uns, so wie es geschrieben steht (Psalm 12:6): „ Vom Berauben der Armen, sagt G“tt, nun stehe ICH auf“. G“tt steht auf.

Einhorn

Der erste Mensch, Adam, opferte bereits. Der Talmud erzählt, dass Adam schon einen Ochsen brachte. Dieser Ochse hatte nur EIN Horn.
Es gibt unterschiedliche Sühneopfer, also um Verzeihung zu erlangen. Wenn ein Hohepriester oder der Sanhedrin (das Hohe Gericht) einen Fehler machten, opferten sie eine Kuh. Ein Privat-Opfer ist meistens eine Ziege oder ein Schaf. Arme Menschen bringen zwei Turteltauben oder zwei junge Tauben. Und der Allerärmste bringt ein zehntel Efa (eine damals übliche Maßeinheit) an Mehlblume. Opfertiere sind in erster Linie Tiere mit Hörnern. Hörner verweisen auf die angeborene Neigung, zu zu stoßen und zu treten. Der Mensch kann in zweierlei Hinsicht sündigen: gegenüber G“tt und gegenüber des Mitmenschen. Da die meisten Verfehlungen in beiden Bereichen erfolgen, werden Opfer dar gebracht mit zwei Hörnern.
Als jedoch Adam sündigte, erfolgte das nur G“tt gegenüber, da es noch keine Mitmenschen gab. Deshalb erbrachte er ein Einhorn als Opfer. Adam wollte wie G“tt sein. Er wolle das Gute und das Böse kennen lernen. Dieses wird als „einen Stoß zum Himmel“ betrachtet.
Im Hinblick auf dieses Ereignis steht in den Psalmen (75:5-6): „Ich sprach zu den Hochmütigen: pflege keine großen Sprüche und zu den Bösen: erhebe nicht Dein Horn“.

Je größer der Mensch, je größer der Schaden

Je bedeutender der Mensch ist, je größer kann der psychische oder spirituelle Schaden sein, den er verursachen kann. Deshalb gibt es Unterschiede zwischen den Größen der Opfer. Der Hohepriester und der Sanhedrin erbringen ein größeres Opfer. Ein Angriff einer Kuh ist gefährlicher und Verletzungen bedeutsamer, als der Angriff einer Ziege oder eines Widders. Eine wohlhabende Person bringt stets ein Säugetier, aber wer arm ist, wer wenig Einfluss hat, bringt ein Vogelopfer.
Tauben werden von Raubvögeln gejagt und sind ein Symbol des Underdogs in der Gesellschaft, des Armen, der von vielen unterdrückt wird.

„Ihr sollt keines der Fette eines Ochsen, eines Schafes oder einer Ziege essen“ (7:23)
Unsere Chachamim (Weisen) thematisieren das scheinbar überflüssige Wort „jedes“ Fett. Was bedeutet dieses „jedes“? Jede Menge. Selbst ein klein Wenig Fett – weniger als eine Kesajit (Olivengröße) – ist verboten. Eine klare Stellungnahme bei Verbote im Bereich des Essens.

Alles oder nichts?

Aber wie steht es mit Geboten im Bereich Konsum? Stellen wir uns vor, dass man krank ist und nicht viel essen kann. In Kürze haben wir wieder Pessach. Kann man dann mit dem Verzehr einer kleinen Menge Mazzot am Sederabend die Pflicht der Erinnerung an die Sklaverei und Befreiung aus Ägypten erfüllen? Laut Rabbi Jaakov Reischer (II:18) besteht überhaupt keine einzige Verpflichtung, ein Wenig Mazza zu essen. Alles oder nichts. Man muss eine komplette Mazza essen (beinahe 30 Gramm), sonst kann man das Ganze sein lassen. Erwecke keinen falschen Eindruck, dass Du eine Mitzwa machst!

Aber Rabbi Chaim Asulai erklärt, dass man mit ein Wenig Mazza doch die teilweise Erfüllung der Mitzwa bewirken kann. Er begründet das wie folgt: wenn es schon so ist, dass man mit einem kleinen Bisschen einer verbotenen Materie ein Speiseverbot übertritt, dann erfüllt man doch mit einer geringen Menge Mazza sicherlich eine Mitzwa?

Rabbi Asulai ist ein Optimist, da er von der allgemeinen Jüdischen Regel ausgeht, dass das Gute in der Welt stärker ist als das Böse. Und wenn man wegen des Essens einer kleinen Menge Fett schon bestraft wird, dann ist es sicherlich doch so, dass man für ein klein Wenig Mitzwa belohnt wird.

Frage: zwei Menschen haben auf Reisen nur EINE Mazza mitgenommen. Wäre es nun besser, dass jeder eine halbe Mazza essen würde oder dass der „Stärkere“ die vollständige Mazza konsumiert und dem anderen nichts gibt?
Der Ikréj Diwréj Tahara meint, dass man die Mazza in zwei Teile brechen müsste, so dass jeder die Mitzwa ein Wenig erfüllen kann. Der Sdéj Chemed erläutert, dass es besser sei, dass EINER die Mitzwa in Gänze machen kann, als zwei nur halb. Der Eine soll also die Mazza zum Nachteil seines Reisebegleiters aufessen.

DIE MEHLOPFER/OPFERGABEN

Die Mehlopfergabe war die preiswerteste aller Opfergaben. Alle Opfergaben konnten

  1. entweder durch eine Person
  2. oder durch eine Anzahl von Personen
  3. oder durch das gesamte Volk gemeinsam erbracht werden.

Das Mehlopfer bildet hier eine Ausnahme, da es nur durch eine einzelne Person oder durch das gesamte Volk erbracht werden kann. Wenn die Tora über die Personen spricht, die ein Mehlopfer erbringen können, wird das Wort „Nefesch“ (eine Seele) verwendet, ein Wort, dass entweder eine Einzelperson oder das gesamte Volk bedeutet, wie im Vers (Bereschit 46:26): „Alle Seelen des Hauses Jaakov, die nach Ägypten herabstiegen“.

Wenn es sich um das Haus Jaakov handelt, spricht die Tora über EINE Nefesch, in der Einzahl, obwohl wir es in die Mehrzahl übertragen, da Jaakovs Familie eine Einheit bildete.
G“tt hält Ausschau nach dem Mehlopfer, da es nur durch ein Volk erbracht werden kann, dass wie EIN Mann auf den G“ttesdienst ausgerichtet ist. Es geht G“tt im Grunde nicht um das Mehlopfer, sondern um das geistige Klima, innerhalb welches es erbracht wird. Die Einheit zwischen den Menschen erfüllt G“tt auch mit Freude.

Es war ein spezielles, tägliches Opfer des Kohen Gadol, des Hohepriesters. Jeden Tage aßen die Kohanim von den Mehlopfern des Volkes. Mit seinem eigenen Opfer zeigte der Kohen Gadol, dass sein Stamm nicht darauf hinaus war, sich seine Bäuche voll zu schlagen, denn sie gaben auch ein eigenes Opfer, also von sich selbst. Ihr gesamter Tempeldienst, einschließlich des Verzehrs der Opfergaben, erfolge Leschejm Schamajim (pro Deo, also für den Himmel). Außerdem drückt der Kohen Gadol mit diesem Opfer seinen Dank im Namen aller seiner Stammesgenossen aus, dass G“tt ihnen den Tempeldienst gegeben hat und sie durch das Volk ernähren ließ.

Ersatzleistung

Die Kohanim mussten eine Handvoll von allen Mehlopfern nehmen und dieses auf den Altar legen. Den Rest durften sie selber essen. Wenn sie auf dem Alter zu wenig gelegt hätten, wäre das eine Art von Diebstahl gewesen. Deshalb erbrachte ihr Stammesfürst ein zusätzliches Mehlopfer, um dieses zu vergüten. Darüber hinaus erfüllte der Kohen Gadol hiermit ein spirituelles Rollenbeispiel. Würde das Volk sehen, dass selbst der Hohepriester für seine Sünden täglich Busse tut, würden es diese Entscheidung auch auf sich selber beziehen bezw. anwenden. Und da es lediglich ein einfaches Mehlopfer war, brachte dieses dem Kohen Bescheidenheit und Demut ein.

Nivellierungseffekt

Das einfache Opfer hatte auch ein Nivellierungseffekt, also einen Ausgleich der gesellschaftlichen Unterschiede. Den Armen war es gestattet, da sie sich kein Tieropfer leisten konnte, ein einfaches Mehlopfer dar zu bringen. Da auch der Kohen Gadol nur ein Mehlopfer darbringen würde, hätten sie es nicht nötig, sich weiter zu schämen.

Geschichtlicher Bezug

Und dann gibt es noch den geschichtlichen Bezug. Aharon hatte – sicherlich nicht aus Überzeugung – bei der Erstellung des Goldenen Kalbes mitgewirkt. Jeden Tag fühlten sich er und seine Nachkommen hierfür noch schuldig und suchten damit um Verzeihung. Deshalb wird dieses Opfer auch vollständig verbrannt. Würden die Kohanim dieses auch selber aufessen, dann wäre es so, als ob sie selber überhaupt nichts geopfert hätten.