TREUE, DAUERHAFTIGKEIT UND KONSEQUENTHEIT – PARASCHA BEHAALOTECHA

TREUE, DAUERHAFTIGKEIT UND KONSEQUENTHEIT – PARASCHA BEHAALOTECHA

TREUE, DAUERHAFTIGKEIT UND KONSEQUENTHEIT

„wajehi binsoa ha’aron“ – „Wenn die Arche sich erheben würde, sagte Mosche: „Erhebe Dich, o G“tt, und lasse Deine Feinde sich zerteilen und Deine Hasser vor Dir weg flüchten“.

Und als die Arche zur Ruhe kam, sagte er: „Kehre doch zurück, o G“tt, zu den Zehntausenden und Tausenden von Israel“ (10:35-36).

Dieser Text beginnt mit den hebräischen Worten „Wajehi binsoa ha’aron“ und ist berühmt durch die wunderbare, getragene Melodie, die hierzu beim Ausheben der Thora-Rollen aus dem Aharon Ha’Kodesch, dem Heiligen Schrein, in der Synagoge gesungen wird. Die Arche aus dem Passuk (dem Vers) aus der Thora war die Heilige Lade, also die Bundeslade, die mit uns während unserer Wanderungen durch die Wüste mit reiste.

umgekehrte „Nun“-Buchstaben

Diese zwei besonderen Verse über die Reisen der Arche werden im Thora-Text durch zwei umgekehrte „Nun“-Buchstaben umrahmt. Die zwei umgekehrten „Nun“-Buchstaben weisen darauf hin, dass dieses Stückchen Text hier eigentlich nicht an der richtigen Stelle sei. Es hätte besser zu den Reise- und Verbleibbeschreibungen des Jüdischen Lagers im zweiten Hauptteil von Bamidbar/Numeri gepasst.

Die Gemara (Schabbat 116a) geht auf das „Weshalb“ der Verschiebung dieses Textes zum Hauptteil 10 von Bamidbar ein. Zu vermerken ist, dass im Kontext des Hauptteiles 10 die Bnej Jisraejl drei Verfehlungen begingen:

1. Sie rannten wie kleine Kinder, die aus der Schule hinaus rennen, vom Berge Sinai weg, da sie sich vor „noch mehr Mitzwot (Gebote)“ fürchteten;

2. Sie beklagten sich über das Tempo der Reise in Richtung Eretz Israel;

3. Sie murrten über das Manna und forderten Fleisch.

Da drei Mal sündigen auf ein ernsthaftes und fundamentales Manko beim Jüdischen Volk deuten würden, verbreitet die Thora ihre Klagen und verkehrtes Verhalten zwischen andere Episoden und trennt sie von einander. „Wajehi binsoa Ha’aron“ trennt die ersten beiden zu rügenden Verhaltungsweisen.

Treue und Dauerhaftigkeit

Um was es letztendlich im Leben geht, sind Treue und Dauerhaftigkeit. Wir müssen bei unserer religiösen Haltung gegenüber Ha’schem (G“tt) dauerhaft und konsequent sein. Betonung auf diese (beinahe selbstverständlichen) Eigenschaften finden wir bereits früh in der Jüdischen Geschichte.

Als Joseejf, der vizekönig von ägypten, sich seinen brüdern offenbarte, sagte er: „ich bin Jossejf, lebt mein vater immer noch?“. Die brüder waren mit sprachlosigkeit geschlagen. Sie konnten nicht reagieren. Jossejf’s Offenbarung an seinen Brüdern wird durch den Midrasch mit der Offenbarung von Ha’schem (G“tt) an die Weltenbürger in der Zeit des Maschiach verglichen.

Der gesamte Zeitraum des Katz- und Mausspieles des ägyptischen Vizekönigs mit seinen Brüdern, bündelte in der Mitteilung: „ich bin Jossejf“. Die Brüder hatten nicht begriffen, dass hinter allen diesen komischen Beschuldigungen und unbegreiflichen Zufällen ein Mastermind, also eine Superintelligenz stand, die einen genialen Plan sich ausgedacht hatte, um ihnen – zu ihrem eigenen psychischen Wohlbefinden – Kappara (Versöhnung) für den Verkauf ihres Bruders zu teil werden zu lassen.

Auch in der Zeit des Maschiach wird die Menschheit durch die Mitteilung mit Stummheit geschlagen werden: „ICH bin Ha’schem, der die Weltgeschichte leitet und alles gemacht hat, um euch zum Endziel meines Masterplanes, die Schöpfung, zu lotsen“.

Konfrontation

Der Bejt Halevi erklärt, dass Jossejf seinen Brüdern ein unbeständiges und unkonsequentes Verhalten vor warf. Jehuda warf Jossejf in seiner Fürsprache für die Freilassung von Benjamin vor, dass er, dadurch dass er Benjamin in Ägypten fest gehalten hatte, ihren Vater Ja’akov hätte enorm leiden lassen. Aber dann kam die Gegenfrage von Jossejf: „Ihr sagt, ihr würdet Euch Sorgen um das Wohlergehen Eueres Vaters machen. Aber wo war Euere Besorgtheit um das Wohl unseres Vaters Ja’akov, als Ihr mich, Jossejf, vor zwölf Jahren nach Ägypten verkauft habet? Hatte Vater dieses verarbeiten können? Lebt er noch?“ Jossejf warf Jehuda und seinen Brüdern vor, nur sehr selektiv über das Wohl des Vaters Ja’akov besorgt zu sein. Inhaltlich macht Jossejf seine Brüder verantwortlich für unbeständige Besorgnis und lediglich selektives Interesse für das Wohlsein des Vaters.

Elijahu, der Prophet, wurde einst von einem Mann ausgeschimpft, der nicht lesen konnte. Elijahu fragte seinen Zeitgenossen, ob er sich nicht vor dem Himmlischen Urteil fürchten würde, dass er nie Thora lernte. „Doch, aber ich bin zu wenig intelligent, um zu lernen“, war die Antwort. Elijahu fragte ihn anschließend, womit er sein Brot verdienen würde. Der Mann fing an, Elijahu umständlich zu erklären, wie er seine Acker pflügte, säte und erntete, wie er anschließend das Korn einsammelte und bearbeitete. Er schien wohl reichlich intelligent zu sein, wenn es um seine Parnosse ( seinen Lebensunterhalt) ging. Als Elijahu ihn mit seiner hohen geschäftlichen Intelligenz konfrontierte, aber mit seinem totalen Mangel an Liebe für das Jüdische Lernen, brach der Mann in Tränen aus. Er hatte sich selbst und seine spirituelle Erbschaft benachteiligt und versprach, sein Leben zu bessern. Er begriff, wie unkonsequent seine Einstellung gegenüber dem Judentum war.

Dasselbe geschieht auch oft auf dem Gebiet der Tzedaka (Wohltätigkeit). Wenn wir Anderen helfen sollen, ist es oft schwierig, Quellen zur Finanzierung wohltätiger Projekte zu finden. Aber wenn wir unseren eigenen Luxus leisten sollen, gelten ganz andere Normen. Es sind doppelte Gewichtungen, die unser Leben so unbeständig, inkonsequent und ohne Gleichgewicht verlaufen lassen.

Im Talmud (B.T. Joma 35b) wird über einen armen, einen reichen und einen schlechten Mann erzählt, die vor dem Himmlischen Gericht erscheinen müssen. Der arme wird gefragt, weshalb er keine Thora gelernt hat. Er würde dann antworten, dass er zu arm wäre, um lernen zu können, da er für die Parnosse (für den Unterhalt) seiner Familie zu sorgen hätte. Das Himmlische Gericht würde ihn dann mit den Worten „Warst Du denn ärmer als Hillel?“ zurecht weisen.

Hillel verdiente sehr wenig und von seinem bescheidenen Salair bezahlte er die Hälfte an den Schomer (den Wächter) des Lehrhauses (des Bejt Hamidrasch), um hinein gelassen zu werden. Aber an einem schlechten Tag konnte er den Zugang auch nicht mehr bezahlen. Hillel bestieg das Dach des Lehrhauses, um den Schijurim der großen Rabbiner Schemaja und Awtaljon durch ein Dachfenster folgen zu können. Es war eiskalt und es schneite. Am nächsten Tag fanden Schemaja und Awtaljon den Hillel bewusstlos unter einem Schneeberg von anderthalb Metern vor. Sie versorgten ihn und ließen ihn auftauen. An jenem Tag war Shabbat und für diesen besonderen Gelehrten Hillel war man bereit, alles Mögliche zu seiner Gesundung zu unternehmen. Aus dieser Erzählung geht hervor, dass Armut keine Entschuldigung ist, um Thora zu lernen und Hillel wird als Beispiel für alle Armen dar gestellt.

Wenn ein reicher Mensch vor dem Himmlischen Gericht geladen wird, stellt man auch ihm die Frage, weshalb er so wenig Thora gelernt hat. Er wird antworten, dass er zu sehr mit seinem Vermögen beschäftigt war. Das Himmlische Gericht wird ihm dann den reichen Rabbi Elasar ben Charsom als Beispiel vor Augen halten.

Rabbi Elasar hatte tausend Städte auf der Erde und tausend Schiffe auf dem Meer geerbt. Aber er war ein konsequenter Mann und stellte somit Stellvertreter ein, die sich um seine irdischen Belange zu kümmern hatten. Auf diese Weise blieb ihm für seine Thora-Studien genügend Zeit übrig. Niemand kannte ihn als den Besitzer der Städte und Schiffe und so konnte es geschehen, dass seine eigenen Arbeitnehmer ihn eines Tages gefangen nahmen. Sie erkannten ihn nicht und Rabbi Elasar musste für seine Freilassung einen gehörigen Betrag an Lösegeld zahlen. Aus dieser Erzählung über Rabbi Elasar ben Charsom wird deutlich, dass Reichtum keine Entschuldigung dafür sein kann, um nicht Thora zu lernen.

Als ein schlechter Mensch (ein Rascha) vor das Himmlische Gericht erscheint, wird auch er gefragt, weshalb er keine Thora gelernt hat. Seine Antwort könnte voraussichtlich lauten, dass er keine Zeit für das Thora-Studium hatte, da er den ganzen Tag mit Frauen beschäftigt war. Das Himmlische Gericht fragt ihn dann, ob er vielleicht schöner als Jossejf sei. Die Frau von Potifar versuchte die ganze Zeit, mit allen Mitteln, die sie sich aus dachte, Jossejf zu verführen. Aber Jossejf bewahrte konsequent und durchgehend seine Moral hoch. Nur auf diese Weise konnte er der Verführung widerstehen.

Hillel lehrte die Armen Thora, Rabbi Elasar ben Charsom gab das gute Beispiel für die Reichen und Jossejf war ein Paradebeispiel für den Rascha.

Es handelt sich hierbei um Ausdauer, Durchsetzungsvermögen und Mut, Fürsorge und Treue…