„Musar-Drosche“ (strenge Standpauke) von Mosche, Kinderwunsch – PARASCHA DEWARIM

„Dieses sind die worte, die Mosche zu ganz Jisrael sprach“ (Dewarim/Deut. 1:1)

Mosche haderte mit seinem Vorhaben, eine „Musar-Drosche“ (eine strenge Standpauke) zu halten. Er hatte sich schon mal bei den Streitgewässern (Mej Meriwa) die Finger verbrand, als er das Volk als Rebellen und Verrückte bezeichnet hatte. Mosche musste damals für seine schlimmen Worte büßen: er würde in der Wüste sterben. Aber dieses Mal gab G“tt die Zusicherung an Mosche, dass er wegen seiner strengen Worte kein Schaden nehmen würde.

Kurz vor seinem Tod fühlte Mosche, dass dieses die Gelegenheit sei, an der das Volk für seine Worte empfänglich wäre, da man sich die Warnungen von jemandem, der nicht mehr lange zu leben hätte, sicherlich zu Herzen nehmen würde.

Eine deutliche, klare Aussage vor dem Tod hat viele Vorteile. Man kann den Redner nicht leicht beschuldigen, dass er die gleiche Sünde begeht (da er nicht mehr viel Zeit hat, Fehler zu begehen).

Außerdem kann bezw. muss man dem Redner nicht mehr widersprechen und bei den letzten Worten des Redners muss man sich nicht beschämt fühlen. Man würde ihn nicht mehr oft begegnen!

Den Weg in Goles, in die Gallut, bahnen

Kurz vor dem Einzug nach Israel waren die Juden, nach dem Sieg über die Könige Sichon und Og, beruhigter, da sie allen feindlichen Völkern bis heute die Stirn geboten hatten und Mosche Rabbejnu nicht davon beschuldigt werden konnte, dass er die Sünden des Volkes als Ablenkungsmanöver für seine eigene Ohnmacht benutzte (um zum Beispiel Sichon und Og zu besiegen).

Hiernach hielt Mosche eine lange anhaltende sechsunddreißigtägige Drascha (Ansprache) (ab dem ersten Schewat bis zum siebenten Adar), in der er die Thora in siebzig Sprachen erklärte. Die siebzig Sprachen waren für die künftige Verbannung des Jüdischen Volkes erforderlich.

Mosche hatte den Weg in die Gallut (Goles) für sie vorbereitet, indem er aufgezeigt hatte, dass die Thora überall besprochen werden könnte und ausführbar sein würde. Übrigens war Mosche inzwischen seinen Sprachfehler los geworden.

Seine „Unbeschnittenheit der Lippen“ hatte er verloren, als er auf dem Berge Sinai die Thora empfing. Somit konnte er die gesamte Thora nochmals in sechsunddreißig Tagen auf siebzig unterschiedliche Weisen wiederholen.

Jeder war dabei

Jeder einzelne musste bei dieser Abschiedsansprache anwesend sein. Wären Menschen zu Hause geblieben, würden sie den Zuhörern vorwerfen können, dass Mosche Rabbejnu ihnen wohl eine Standpauke gehalten hätte, aber dass sie sicherlich auf vielen Arten und Weisen seinen Vorwürfen hätten entgegnen können. Deshalb musste jeder einzelne bei der Mussar-Ansprache anwesend sein. Hätte man etwas zu erwidern gehabt, hätte man sich bemerkbar machen können. Da wir nirgends in der Tora finden, dass Menschen widersprachen oder herum nörgelten, gehen wir davon aus, dass alle mit seinen Worten einverstanden waren.

Die Stimme von Mosche war so kräftig und deutlich, dass er die gesamte Gemeinde, aus eigener Kraft, ohne Verstärker und Mikrofone, erreichen konnte. Ein enormer Verdienst eines so inspirierenden Leiters!

Kindersegen

Mosche schreibt am Anfang der Parascha, dass er die Sorge um das ganze Volk nicht alleine tragen kann: „G“tt hat Euch dermaßen vermehrt und siehe, heute seid Ihr so zahlreich WIE DIE STERNE AM FIRMAMENT. Der G“tt Euerer Väter möge an Euch noch Tausend Mal so viel hinzu fügen als Ihr jetzt zählt und ER möge Euch segnen, wie ER das Euch versprochen hat“ (Dewarim/Deut. 1:11).

Das Jüdische Volk war mit diesem Segen von Mosche nicht zufrieden. In Genesis /Bereschit 32:13 hatte G“tt versprochen, dass das Jüdische Volk „WIE DER STAUB DER ERDE SEIN WÜRDE, ZU VIELE, UM ZÄHLEN ZU KÖNNEN“. Das Volk frage Mosche, weshalb er es relativ so gering segnete.

Die Antwort von Mosche lautete laut dem Midrasch: „Dieses ist meine persönliche Beracha (Segen) für Euch“. Aber was haben wir an dieser eingeschränkten, persönlichen Beracha von Mosche, wenn der Segen des Allmächtigen unendlich viel größer ist?

Test, Versuch

Laut Chatam Sofer wollte Mosche sie auf die Probe stellen, also testen. Er wollte sehen, wie die Juden reagieren würden. Wollten sie nur Kinder haben, als eine Art Versicherung für das Alter, in einer Zeit, in der es noch keine Renten gab, da sie im Haushalt würden helfen können oder auf dem Bauernhof, oder wurde der Kinderwunsch aus dem Bedarf an Gesellschaft und Geselligkeit gespeist? Wurzelte das Verlangen nach Kindern im Egoismus und Egozentrum oder wollten sie Kinder haben, da jeder Mensch einen Funken G“ttlichkeit in sich beherbergt und Kinder die größten Himmlischen Gaben sind?

Unzählige Anzahl an Kindern

Wenn sie nur Kinder bekommen wollten, um ihnen zu helfen, dann würde die Beracha von Mosche genügen. Mit tausend Kindern kann man alle irdischen Bedürfnisse abdecken.

Aber das Jüdische Volk reagierte negativ. Es wollte eine unendliche Zahl an Kindern, da es nicht an seine eigenen Bedürfnisse dachte, sondern an die übernatürlichen Kräfte, die jedes Kind ist. Deshalb war das Jüdische Volk des Segen G“ttes würdig.

Diese Diskussion, weshalb wir Kinder bekommen möchten, war nicht neu. Bereits Jahrhunderte zuvor fand diese statt, als Esau den Jaakow bei seiner Rückkehr aus Aram entgegen kam, um ihn zu begrüßen. Esau kam Jaakow mit einem Heer aus vierhundert Mann entgegen. Das sah gefährlich aus. Jaakow kam nur mit Frauen und Kindern und allein. Esav’s Absichten waren nicht klar.

In den ersten spannenden Augenblicken fragte Esav: „Wer sind diese Kinder?“ Jaakow antwortete: „Dieses sind die Kinder, die G“tt mir gegeben hat“. Die Unterredung handelte – laut unseren Kommentatoren – eigentlich um den Nutzen von Kindern. Esav fragte: „Was hast Du von allen diesen Kindern? Ich dachte, dass wir die Welt aufgeteilt hatten. Du würdest die Olam Haba (Künftige Welt) nehmen. Weshalb hast du so viele Kinder? In der Olam Haba hast Du nichts von den Kindern. Kinder sind nur auf dieser Welt von Nutzen“. „Unsinn“, sagte Jaakow, „Kinder sind G“ttliche Funken. Jedes Kind hat als G“ttliche Seele seinen eigenen Wert. Kinder sind der höchste spirituelle Wert, den wir auf/in dieser Welt erreichen können“.