Bedrohte Tierarten – Parascha Emor

Bedrohte Tierarten – Parascha Emor

Um zu verstehen, wie die Tora Tierarten schützt, muss man zunächst den Stellenwert der Tiere und die Beziehung der Tiere zu den Menschen in der Tora betrachten.

Die moralische Ebene einer Gesellschaft misst man an ihrem Umgang mit Minderheiten. Das Niveau eines jüdischen Leiters misst G“tt am Umgang mit den Tieren.

Wenn wir mit Tieren sorgsam umgehen, ist dies ein Zeichen dafür, dass wir versuchen, g“ttlich zu werden. Generell soll der Mensch G’tt imitieren und er hat das Bedürfnis dazu. G’tt liebt und ist gut zu alle seinen Geschöpfen – also auch zu den Tieren. Und der Mensch sollte ihm gleich tun. Zudem sehen wir im Buch Genesis (Bereschit/Gen.9.1-3), dass der Mensch über die Tiere herrscht und sie zu seinem Nutze nutzen kann. Dieses Herrschen über die Tiere kann aber auch ähnlich wie ein Verwalter gesehen werden, der also auch auf die Tiere aufpassen muss.

Bedeutende Anführer standen immer zuvor als Hirten vor Kleinvieh. König David, aber auch Mosche wurden durch G“tt auf ihre Menschenliebe durch ihr Verhalten zu den Tieren geprüft. Beide Anführer waren vorbildliche Hirten, die jedem Tier das gaben, was brauchte.

Dies zu lesen öffnet uns die Augen in einer Zeit von Massentierhaltung und industrieller und kommerzieller Tierschlachtung. Diese Art von Tierschlachtung ist im Judentum eigentlich idealerweise nur in Ausnahmesituationen oder zum Schutz der Gesundheit erlaubt.

Erstes Dokument für die Rechten von Tieren

Doch wenden uns wieder der Thora zu, um zu erfahren, was uns der Allmächtige vorgibt, wie wir mit den Tieren umzugehen haben.

Diese Woche finden wir in der Parascha zwei ins Auge fallende Verbote, die uns viel über unseren Umgang mit Tieren lehren.

Die Tora ist das erste Dokument in der menschlichen Geschichte, welches den Rechten von Tieren ernsthafte Beachtung schenkt. Beispiele hiervon sind der vorgeschriebene Ruhetag, das Füttern der Tiere, bevor der Mensch sich zu Tisch begibt, das Verbot, Tiere übermäßig hart zu belasten und der Auftrag, Leid der Tiere soweit wie möglich zu vermeiden.

Das erste tierfreundliche Verbot lautet: „Einen Ochsen oder ein Lamm, Eltern und Kind, sollst Du nicht an EINEM Tage schlachten“ (Lev. 22:28).

Dieses Verbot gilt vornehmlich beim Muttertier und seinem Kind. Heutzutage weiß man oft auch genau, wer der Vater dieses Kalbes oder des Lammes ist. Dann darf man auch das Vatertier und das Junge nicht an einem und demselben Tag schlachten.  

Nachmanides (dreizehntes Jahrhundert, Spanien) vergleicht dieses Verbot mit der Mitzwa von Schiluach HaKejn, der Vorgabe, den Muttervogel weg zu jagen, wenn man die Eier entnehmen möchte (Deut./Dewarim 22:6). Der Hintergrund für diese Mitzwa ist, dass vermieden werden soll, dass der Mensch bösartig wird und kein Mitleid mehr für Tiere empfindet. Eine andere Begründung ist, dass man nicht zu viel von EINER Art an EINEM Tag töten darf, was eine Maßnahme zum Schutz bedrohter Tierarten darstellt.

Auch Maimonides liefert eine ähnliche Begründung für dieses Verbot in seinem Werk ,,Führer der Unschlüssigen“. Das Leid der Tiere sei mit dem Leid des Menschen vergleichbar und es gäbe keinen Unterschied zwischen der Sorge des Menschen um seine Kinder und den Gefühlen der Tiere; ,,Mutterliebe ist eine Angelegenheit von Emotion‘‘. Das Verbot habe die tiefere Bedeutung schlimme Vorhaben und Grausamkeit zu verhindern.

DAS VERBOT DER KASTRATION

In der Thora steht des Weiteren geschrieben, Tiere nicht zu kastrieren oder zu sterilisieren: „Und in Eurem Land dürfet Ihr das nicht tun“ (22:24). Das „nicht tun“ bezieht sich auf das unfruchtbar machen. Das Verbot ist breit angelegt. Laut Rabbi Chidka gilt dies auch für jeden Nichtjuden weltweit.

Was ist der Hintergrund des Kastrationsverbotes? Laut dem Sefer haChinuch (291)Welch’ eine vorausschauende Sichtweise! Erst im zwanzigsten Jahrhundert wurde diese Problematik weltweit angegangen, während das Sefer haChinuch dieses Problem schon vor achthundert Jahren im Blickfeld hatte. Beeindruckend!

Der Talmud (vor 1500 Jahren niedergeschrieben) thematisiert laut Rabbi Joseef Babad (18.Jh) bereits die Problematik bedrohter Fischarten.

Und doch ist Kastration unter gewissen Umständen und auf eine bestimmte Art und Weise erlaubt. Und das hat auch Gründe. G’tt hat sein Gesetz so perfekt geschaffen, dass es für jede Situation eine passende Lösung bietet. Und er hat dem Menschen Verstand, Einsicht und Intelligenz gegeben, seine Gesetzt genau zu lernen und Lösungen zu finden.

Missstände durch Kaninchen- Katzen- oder Mäuseplagen können durch ungezügelte Fortpflanzung entstehen und die Thora macht eine Kastration in solchen Fällen über Umwege nicht unmöglich. Aber um so etwas entscheiden zu können und eine halachisch richtige Lösung zu finden, muss man immer einen Rabbiner fragen, da dieser sich mit den Gesetzten sehr gut auskennt und weiß, wie man die richtige Lösung für ein Problem aus den Gesetzten der Tora ableiten kann bzw. finden kann, denn alle Lösungen wurden uns bereits von G’tt mitgegeben.