AUCH DIE FÜSSE WASCHEN? – Parascha Ki Tisa

AUCH DIE FÜSSE WASCHEN? – Parascha Ki Tisa

AUCH DIE FÜSSE WASCHEN?

Woher kommt unser Brauch sich die Hände zu waschen? „Ihr werdet ein kupfernes Waschbecken fertigen…. Hieraus werden Aharon und seine Söhne ihre Hände und Füße waschen“ (30:18-19). Laut vielen Gelehrten bildet dieses die Grundlage für das vorgeschriebene morgendliche Hände waschen. Aber weshalb haben dann die Weisen auch nicht vor gegeben, dass wir auch die Füße waschen sollen?

Manche erklären, dass das Händewaschen für das Essen des Opferfleisches genügte und das Waschen der Füße dabei nicht verlangt war. Nur für den wirklichen Dienst im Tempel wurde das Waschen der Füße auch verlangt.

Das ist wahrscheinlich auch der Grund, dass wir heutzutage, vor dem Dawwenen, vor dem täglichen Gebet, keine Füße mehr waschen. Es erfolgt ja immerhin kein Tempeldienst. Jedoch war Rabbi Mosche ben Maimon, Maimonides, der Ansicht, dass man vor dem Morgengebet, das an Stelle des morgendlichen Opfers eingeführt wurde, auch die Füße waschen sollte. Es kann sein, dass die Begründung hierfür aus der Thorah kommt. Genau so wie die Kohanim, also die Priester, vor dem Tempeldienst Hände und Füße waschen müssen, müssten wir das auch vor der Tefilla (dem Gebet) machen, da die Tefilla heutzutage an Stelle der Opferungen entstanden ist.

Es ist aber auch gut möglich, dass man die Füße nur in den Ländern vor der Tefilla waschen müsste, wo man Barfuss geht, so dass die Füße schmutzig sind. Dieses würde HaShem, G“tt, gegenüber unwürdig sein. Es ist also nicht undenkbar, dass der islamitische Brauch, die Füße vor dem Gebet zu waschen, auch hier seinen Ursprung findet.

Was ist die Idee des Händewaschens vor dem Essen? Wir sagen den Segensspruch, die Beracha „al netilat jadajim“ über das Hände waschen, aber wörtlich bedeutet dieses „über das in die Höhe heben der Hände“.

Wir möchten unser Leben verbessern, also auf eine höhere Ebene bringen. Die einfachsten Dinge werden auf eine höhere Ebene verbracht. Die meisten körperlichen Funktionen, wie essen, „arbeiten und lieben“, müssen dem Dienst für G“tt gewidmet werden. Dieses ist das Ziel unseres Life-Styls: das Herkömmliche, Irdische, Materielle erheben.

Das Jüdische Händewaschen muss einer Zahl von Vorschriften entsprechen: Beim Übergießen der Hände verwendet man:

  1. einen Becher
  2. Wasser und
  3. Menschliche Kraft.

Was steckt da hinter? Menschliche Kraft benötigen wir, da wir eine zur Gewohnheit gewordene Gleichgültigkeit in eine spirituelle Erhabenheit umformen müssen. Faulheit passt nicht in unser Lebensbild. Allen diesen physischen Verführungen zu widerstehen und unserem luxuriösen Verhalten zu entsteigen, ist schwer. Wir müssen uns für ein geistiges Leben einsetzen wollen und uns auch dahin begeben!

Weshalb wird der Becher benötigt? Wasser ist ein Urzustand. Wir möchten uns dauerhaft mit dem Ursprung der Welt verbinden. Aber Wasser ist fließend und unberechenbar. Möchten wir auf der Leiter von zunehmender Spiritualität etwas erreichen, dann müssen wir bereit sein, eine religiöse Struktur zu akzeptieren, die uns auf dem Weg nach immer innigerer Verbundenheit zum Allmächtigen begleitet.

Fließbarkeit symbolisiert Spontanität. Der Becher mit seiner festen Form widerspiegelt die festen Regeln des Judentums. Beide sind notwendig, eine eigene, vom Inneren hinaus aufsteigende Erhebung, aber auch eine führende Hand, die nach oben sprudelnde Initiative in die richtigen Bahnen lenkt.

Wir sind dabei, einen neuen Tag im Dienste G“ttes zu beginnen. Wir sind ein „Königreich von Priestern und eine Heilige Nation“. Das Waschen unserer Hände erinnert uns daran.

Unsere G“ttliche Seele verlässt uns nachts. Ein „unreiner“ Geist ergreift von uns Besitz. Wir waschen unsere Hände sofort nach dem Erwachen, um damit unsere körperliche und spirituelle Reinheit wieder her zu stellen. Mens sana in corpore sano: ein gesunder Geist in einem gesunden Körper, ist unser Motto.