YITZCHAK VERLANGTE NACH HERAUSFORDERUNGEN – Parascha Toldot

YITZCHAK VERLANGTE NACH HERAUSFORDERUNGEN – Parascha Toldot

YITZCHAK VERLANGTE NACH HERAUSFORDERUNGEN

Yitzchak, unser zweiter Erzvater, verstarb. Er war der erste in der Menschheitsgeschichte, der blind wurde und der erste, der G“tt um Peinigungen bat, da er wollte, dass der Mensch bereits in dieser Welt einige Verzeihungen für seine Fehltritte erhalten würde. Wir suchen jedoch das Leid sicherlich nicht.

DIE NÄHE ZU G“TT

Im Judentum werden Vorstellungen über Strafe und Belohnung nicht tiefsinnig behandelt. Unserer Auffassung nach ist die Belohnung die Nähe G“ttes, aber das löst das Problem in dieser Welt nicht.

Ist zu Leiden der schnellste Weg zu G“tt oder ist es freudvolle Extase, die uns auf kürzestem Weg dahin bringt?

Der Psalmist legt die Betonung auf das letztere. Wie dem auch sei, der Hintergrund Himmlischer Entscheidungen, schwierig oder unangenehm, bleibt für uns undurchschaubar.

ERWEITERTE PERSPEKTIVE

Habe ich das Recht, über Schmerz schreiben zu wollen? Ich leide G“tt sei Dank nicht an chronischen Schmerzen. Also darf oder kann ich über dieses Thema sprechen? Ich glaube schon.

Die Erfahrung mit Schmerzen ist furchtbar, aber einiger Abstand hierzu kann doch eine erweiterte Sichtweise schaffen. Es ist zudem wichtig, auf das Schlimmste auf die eine oder andere Weise vorbereitet zu sein. Wenn man vor der Krise bereits mit der Verarbeitung der psychologischen Verwirrungen über Schmerz beschäftigt ist, ist man vielleicht mehr im Stande, mit dem Elend um zu gehen, wenn dieses sich ankündigt. Aber… werden wir die Prüfung wirklich schaffen, wenn wir gefordert werden? Wie stark ist unser Glaube?

HIOB

Hiob hatte viele Fragen. Hiob kämpfte mit sich selber, aber hörte nicht auf, zu fragen. Schließlich antwortete G“tt ihm. Hiob hatte gut gesprochen. Auf alle Fälle besser, als seine Freunde, die dachten, dass sie alle Antworte hatten (Hiob 42:7). Können wir fragen und gleichzeitig glauben? Müssen wir G“ttes Entscheidungen ohne zu Murren akzeptieren?

Aharon, der Hohepriester, schwieg auch, als er seine beiden Söhne verlor. Aharon schwieg.

Der Prophet Habakuk verlangte eine Erklärung für das Chaos, mit dem er konfrontiert wurde und wofür er keine Erklärung finden konnte (1:2-3).

FRAGEN STELLEN

Es ist gut, Fragen zu stellen und selbst G“tt um eine Antwort zu bitten, wenn alles dieses zur Gesamtheit des Glaubens passt. Es ist nie gut, zu rebellieren, aber man kann seine Zweifeln G“tt bekunden. Es ist vielleicht ein Zeichen eines mühsamen Glaubens, aber jeder wird schon mal durch Fragen heimgesucht. Manches mal ist die Annäherung des schweigenden Aharon besser, aber der Weg von Hiob ist auch legitim. Letztendlich kam G“tt dem Hiob entgegen und er wurde getröstet.

RABBI ELI’JESER

Rabbi Eli’jeser war ein Kämpfer. Von seinem Vater erkämpfte er sich das Recht, Tora zu lernen. Er hatte nichts zu essen. Unter den Tausenden von Schülern von Rabbi Jochanan ben Sakkai litt er furchtbaren Hunger. Mit seinen Kollegen hatte er über halachische Fragen einen großen Meinungsunterschied (B.T. Bawa Metzia 59b).

Am Ende seines Lebens litt er enorm unter Einsamkeit. Über ihn wurde ein Bann verhängt (B.T. Sanhedrin 68a). Letztendlich ereilte ihn eine furchtbare Krankheit. Vier seiner fünf Schüler besuchten ihn. Jeder, außer Rabbi Akkiwa, weinte: „Wir werden Dich mehr als unsere eigenen Eltern vermissen“.

ZU LEIDEN IST BELIEBT

Aber Rabbi Akkiwa stimmte in ihren Klagegesängen nicht mit ein. Er hatte eine ganz andere Botschaft: „Zu leiden ist beliebt“. Rabbi Eli’jeser wollte mehr von Rabbi Akkiwa hören und bat seine Diener, ihn gerade auf zu richten (er lag im Bett). „Mit welcher Quelle kannst Du das belegen?“. Rabbi Akkiwa formulierte seine Beweise aus dem Tenach. Schmerz hat auch eine läuternde und versöhnende Wirkung (B.T. Sanhedrin 100a). Die spitze Aussage „ zu Leiden ist beliebt“ schockierte Rabbi Eli’jeser.

Plötzlich wurde er mit einem total neuem Konzept konfrontiert. Wie konnte es sein, dass am Ende des Lebens diese wenigen schmerzhaften Augenblicke noch so beliebt waren? Rabbi Eli’jeser war früher in den Bann, also ins Exil, gezogen. Er war froh, dass seine Schüler letztendlich zu ihm zurück kamen. Er war erfreut zu erfahren, dass er ihnen doch sehr viel bedeutet hatte. Er war viel zu lange allein geblieben (B.T. Sanhedrin 68a).

LEIDEN VERÄNDERT

Rabbi Eli’jeser fühlte sich auf seinem letzten Lebensweg durch Rabbi Akkiwa`s Aussage unterstützt. Leiden kann versöhnen. Leiden kann einen Menschen verändern. Aus der richtigen Sicht kann das Leiden dem Leben einen Sinn geben. Rabbi Eli’jeser schenkte seinen drei anderen Schülern keine Aufmerksamkeit mehr. Ihm blieb hierzu keine Zeit mehr. Diese letzten Augenblicke des Leidens würden ihn auf den Zug zum Ewigen Leben befördern können.

Wir suchen nicht nach dem Leiden. In unseren Gebeten bitten wir G“tt, uns nicht auf die Probe zu stellen oder uns zu prüfen. David ersuchte um Prüfung um feststellen zu können, ob er der Versuchung würde widerstehen können. Bekanntlich ist das keine anti-religiöse Haltung.

Jedoch sagen wir täglich: „ Führe uns nicht in Versuchung, setze uns nicht den Prüfungen aus“. Ist dieses widersprüchlich?

DER GELDENE MITTELWEG

Rav Hutner erklärt, dass wir den goldenen Mittelweg gehen sollen. Jeder Gläubige möchte seine Loyalität zeigen. Aber andererseits kann man sich manches Mal nicht extremen Umständen widersetzen. Was geschieht mit uns, wenn wir die Prüfungen nicht bestehen?

Wir suchen die Prüfungen nicht, gehen jedoch ihnen auch nicht aus dem Weg. Wir sind sehr loyal, bitten aber nicht darum, geprüft zu werden.

Schmerz ist eine große Bedrohung, aber Schmerz ist auch eine Herausforderung.

Schmerz zwingt uns manches Mal zu geistiger Größe.

Schmerz erzeugt manches Mal die erforderliche Kraft, um zu immer größeren Höhen zu gelangen.