KEDDUSCHA (WEIHUNG) LÄSST SICH NICHT TEILEN – PARASCHA MISCHPATIM

KEDDUSCHA (WEIHUNG) LÄSST SICH NICHT TEILEN – PARASCHA MISCHPATIM

KEDDUSCHA (WEIHUNG) LÄSST SICH NICHT TEILEN

Mischpatim handelt überwiegend von der Zivilrechtsprechung. Es schließt sich sofort den Zehn Geboten und der Beschaffenheit des Altars an, auf dem die Opferungen erfolgten. Meistens denkt man über Religion in Begriffen von Spiritualität oder Rituale. Das Judentum schient jedoch beim geschäftlichen Vorgehen den größten Wert auf einen ehrlichen Handel und Wandel zu legen. Möchtest Du wirklich fromm sein, dann musst Du ganz gradlinig sein, im Geschäftsgebaren hundert Prozent ehrlich und aufpassen, andere nie zu schädigen. Eine der ersten Fragen im Himmel, nach Beendigung dieses irdischen Daseins, lautet: „Warst Du geschäftlich ehrlich?“, so der Talmud.

Deshalb war der Sanhedrin, der Hohe Rat, im Tempel ansässig: um klar zu zeigen, dass es zwischen Tempel und Börse keinen Unterschied gibt.

DAS RECHT AUF SELBSTVERTEIDIGUNG

„Wenn ein Dieb in der Nacht bei einem Einbruch erwischt wird, Schläge erhält und stirbt, gilt für ihn keine Blutschuld. Wenn die Sonne ihn jedoch bereits beschienen hat, dann gilt wohl eine Blutschuld ihm gegenüber“ (22:1-2).

Der Talmud leitet daraus ab, dass man im äußersten Notfall, auf Grund des Rechtes auf Selbstverteidigung, einen Aggressor unschädlich machen darf: „Er, der vor hat, Dich zu Töten, komme ihm zu vor und töte ihn zu erst“.(vergleiche Raschi t.p.). Jeder Mensch hat das Recht, seine Eigentümer zu verteidigen. Das kann Mitten in der Nacht aus dem Ruder laufen. Wenn der Einbrecher den Besitzer angreift, hat der Besitzer oder Eigentümer das Recht, sich selbst zu verteidigen.

Die Thora besagt (mit einbezogen), dass Du, um die Konfrontation mit dem Bösewicht aus dem Weg zu gehen, nicht aus dem Haus laufen musst, um auf diese Weise ein eventuelles Blutvergießen zu vermeiden. Du darfst Dein Haus und Herd schützen. Im schlimmsten Fall kann das zu Totschlag aus Notwehr führen.

Aber was bedeutet dann der zweite Passuk (der Vers) über das Scheinen der Sonne? Rasch erklärt das wie eine Parabel. Der Eindringling wird mit der Sonne verglichen. Wenn Dir sonnenklar ist, dass der Einbrecher keine Mordabsichten hegt, wie ein Vater, der bei seinem Sohn einbricht, bedeutet Totschlag aus Selbstschutz doch Mord. Das soll heißen, dass wenn der Sohn seinen einbrechenden Vater angreift und behauptet, dass er seinen Vater töten musste, um sich selbst zu verteidigen, ihm in erster Instanz nicht geglaubt wird.

Wie dem auch sei, die Thora lehrt uns auf der delikaten Mitte zwischen Eigeninteresse und der des Anderen, zu balancieren.

VERBLENDUNG

„Du sollst kein Bestechungsgeld, auch Schmiergeld genannt, annehmen, da dieses die Augen der Rechtschaffenen blendet“ (ibid. 23:8). Sofort im Anschluss steht: „Einen Fremdling oder Bekehrten sollst Du nicht fort schicken; Du weißt immerhin was es bedeutet, ein Fremdling zu sein, denn Du warst selber ein Fremdling im Land Ägypten (ibid. 23-9)“. Was hat dieses sich bestechen lassen mit Bekehrten und Fremdlingen zu tun?

Wir alle haben im Laufe unseres Lebens schlechte Erfahrungen gemacht. Wenn etwas Unangenehmes jemand anderen trifft, tut uns das meistens leid, aber manches Mal auch nicht. Wenn wir, wie das heutige Opfer, dieselbe Erfahrung mitgemacht haben, können wir uns denken: „Ich habe dieses selber auch mit gemacht. Niemand regte sich damals darüber auf, als es sich um mich handelte. Weshalb wird jetzt auf ein Mal davon so eine große Sache gemacht, wenn das Gleiche einen anderen trifft?“. Bittere Erfahrungen machen den Menschen hartherzig und gefühllos. Barmherzigkeit ist dann sehr weit weg. Bestechungsgeld an zu nehmen ist ein juristisches Vergehen, aber die Thora möchte uns vor mehr warnen.

Die Thora hält uns über unsere eigenen Erfahrungen in einer feindlich gesinnten Gesellschaft einen Spiegel vor.

Durch unsere Geschichte illustriert, kann sich unser Verhalten sowohl versteifen wie lockern – eine Art von „Bestechung“ unserer Gefühle. Zu behaupten, dass wir es, trotz allen Gegenwindes, „gemacht“ haben, und dieses also auch für alle anderen in einer vergleichbaren Situation gelten müsste, ist herzlos und gefühllos.

ZWEIFELE NIE AN DER G“TTLICHKEIT DER THORA

„G“tt streckte seine Hand nicht gegen die Edlen von Israel aus – sie sahen G“tt und sie aßen und sie tranken“ (24:11). Am Ende der Sidra wird der Vorgang beschrieben, mit dem Israel formell den Bund mit G“tt beschritt.

Die Edlen hatten sich bekanntlich strafbar gemacht, wurden jedoch nicht zu diesem Zeitpunkt belangt. Welche Sünde hatten sie begangen?

Laut Raschi war ihre Sünde, dass sie, während sie aßen und tranken, zu G“tt schauten; eine zur Schau Stellung von wenig Respekt.

Auch eine andere Erklärung ist möglich. In der Tat, sie sündigten, indem sie am Berge Sinai aßen und tranken. (Zur Verdeutlichung: Da G“tt selber auf dem Berg war oder sinnbildlich der Berg für Heiligkeit stand, war Essen und Trinken im Angesicht der Heiligkeit eine Missachtung dieser Heiligkeit, also G“tt).

Aber sie taten das nicht aus Mangel an Achtung G“tt gegenüber, sondern um dem Volk Israel eine Ideologie zu vermitteln. Mosche, der bescheidenste aller Menschen, erinnerte das Jüdische Volk oft daran, dass er vierzig Tage und Nächte auf dem Berg Sinai verbracht hatte, ohne dass er Brot zu sich genommen oder Wasser getrunken hätte. Er wollte damit seiner Zuhörerschaft verdeutlichen, dass er vierzig Tage lang, ohne Nahrung, auf dem Gipfel des Berges Sinai verbleiben konnte, da er ein Teil des Himmels geworden war.

Hiermit bekräftigte er, dass er die Thora aus dem Himmel erhalten hatte und dass die Thora kein menschliches Erzeugnis sei. Die Edlen Israels bestritten das natürlich nicht. Sie waren jedoch über die Tatsache besorgt, dass das einfache Volk eventuell meinen könnte, dass die Thora nicht für den mittelmäßigen Menschen „hier auf Erden“ bestimmt sei.

Sie befürchteten, dass man denken würde, die Thora sei nur für Menschen bestimmt, die wie Mosche Rabbejnu oder die Engel, heilig waren.

Mit dem Essen und Trinken auf dem oder am Berge Sinai wollten sie betonen, dass die Thora irdische Bedeutung hatte. Hiermit gingen die essenden Edeln ein Risiko ein. Sie könnten beim Volk den Eindruck erwecken, dass die Thora durch Menschen geschaffen und nicht G“ttlichen Ursprungs sei. Hiermit scheiterte ihre Vorgehensweise. Nie darf am G“ttlichen Ursprung der Thora Zweifel bestehen.

RABBINISCHES VORGEHEN VERSTÄRKT DIE AUTORITÄT DER THORA

Schmot 21:1: „Dieses sind die Vorschriften, die du ihnen vorlegen sollst“.

Mischpatim bedeutet „Ziviles Recht“ und dieses bildet den Hauptbestandteil der Sidra. Viele Angelegenheiten kommen zur Sprache. So wird geregelt, dass Eigentümer von Tieren dafür zu sorgen haben, dass diese keinen Schaden anrichten und dass potentielle Schadenverursacher entfernt werden. Selbstschutz ist erlaubt (selbst wenn man den Aggressor töten muss) und das Schmitta-Jahr, das siebte Schabbat-Jahr, wird beschrieben, in dem die Früchte des Feldes für die Armen sind und Schulden unwirksam werden indem das Recht, diese ein zu treiben, entfällt bezw. verfällt.

Besondere Maßnahmen

Wenn das Bejth Din (der Gerichtshof) besondere Bestimmungen ein führt, ist das nicht, um die Thora durch ein alternatives System zu umgehen. Die Thora gibt den Chachamim (den Weisen) das Recht, besondere Bestimmungen zu veranlassen, um die Autorität des G“ttlichen Rechtsystems zu bekräftigen.

PROEZBOEL…EIN NEUES GESETZ?

Im Laufe der Jahre traten neue Bestimmungen in Kraft. Es sieht manches Mal so aus, dass man Lücken in den Thoragesetzen sucht. Hillel (erstes Jahrhundert) hat den…..zum Beispiel eingeführt, der das Eintreiben von Schulden nach dem siebten Jahr doch wieder ermöglicht. Der Schuldenerlass (Schmita=das Erlassen) wird somit durch Hillel ausgehebelt.

Die Antwort auf Fehlverhalten

Dieses war kein Versuch, um die Mitzwa des Siebenten, des Sabbatical-Jahres, Schmita – dem nicht mehr Einfordern des Außenstandes, also der Abstandnahme von der Forderung nach dem siebenten Jahr – zu umschiffen, sondern es war seine Antwort auf das Fehlverhalten der Menschen. Die Thora schreibt (Dewarim/Deut. 15:9): „Passen Sie davor auf, dass kein unlauterer Gedanke in Ihrem Herzen eintritt: das siebte Jahr, das Jahr des Erlassens, nähert sich – weshalb Sie ihrem armen Bruder gegenüber hartherzig und ihm nichts geben würden, sodass er gegen Sie zu G“tt riefe und Sie sich versündigten. Sie werden ihm, mit Milde gestimmt, geben und Ihr Herz wird nicht verschlossen sein, wenn Ihr ihm gebet, denn aus diesem Grund wird G“tt Sie auf allen Ihren Wegen und bei allen Ihren Handlungen segnen“.

Abwägung

Was war der Fall? Menschen weigerten sich, weiterhin Geld zu verleihen (an Arme) aus der Befürchtung, dass das sich nähernde siebte Jahr (Schmitajahr) die Forderungen aufheben würde, so dass die Gläubiger ihr Geld nie wieder sehen würden. Hillel führte den ….. ein, um die Menschen zu bewegen, dem Thora-Auftrag des Ausleihens zu entsprechen. Der ….. ist also nicht so sehr eine Lücke im Gesetz, sondern eine Abwägung davon, was die wichtigsten Zielsetzungen der Thora sind.

Trotz allem entsteht bei manchen der Eindruck, dass Hillel die Mitzwa von Schmita außer Kraft gesetzt hat. Dies ist sicherlich nicht der Fall; ich nenne einige Argumente:

  • Hillel hatte nur die Rechtsgewalt, den …. ein zu führen, da das Gesetz der Schmita heutzutage lediglich eine Rabbinische Entscheidung ist (wäre das eine Thora-Entscheidung gewesen, hätte der … nie eingeführt werden dürfen).
  • Hillel hat nie etwas gegen die Thora eingeführt. Die Thora erteilt den Auftrag „was Du von Deinem Nächsten noch zu fordern hast, musst Du los lassen“ Dewarim 15:3). Das impliziert, dass Du Deine eigenen Forderungen nicht anmahnen darfst, aber wohl die Schulden anderer. Der …. Regelt das Übertragen von Forderungen an eine Einrichtung, sodass formell auf alle Fälle keine eigenen Außenstände eingefordert werden.

Wie dem auch sei, Hillel erklärte nicht, das es nun mal an der Zeit für Veränderung sei. Im Gegenteil! Hillel suchte einen Weg, um die Beachtung der Thora-Vorschriften zu fördern. Hillel versuchte, die positive Wirkung aus zwei sich gegenüberstehenden Anweisungen zu erreichen.