PURIM IN DER HALACHA

 In orthodoxen Gegenden in Israel beherrscht Purim das Straßenbild. Fröhlichkeit überall. Das sich Betrinken wird zu einem Muss. Wir sollten uns betrinken, bis wir den Unterschied zwischen Haman und Mordechai nicht mehr fest stellen können. Die Anweisung zum „Schickern“ wird uns bereits im Talmud von Rava mitgeteilt: „Der Mensch ist verpflichtet, sich an Purim so sehr zu betrinken, dass er den Unterschied zwischen „verflucht sei Hamann“ und „gesegnet sei Mordechai“ nicht mehr weiß.

Empfiehlt das Judentum an diesem einen Tag die ungezügelte Nutzung hochprozentiger Getränke? Rabbi Efrajim Salman Margolios ist der Ansicht, dass der Talmud mit der Aussage „man sei verpflichtet, sich dermaßen zu betrinken, bis man den Unterschied zwischen verflucht sei Haman und gepriesen sei Mordechai nicht länger fest stellen kann“ eine Grenze für das Trinken aufzeigen will: bis zu diesem Punkt darfst Du schickern, aber nicht darüber hinaus.

Und doch bleibt das Trinken von Wein eine Pflicht, da die vielen Wunder, die in den Tagen von Achaschwerosch dem Jüdischen Volk zu Teil wurden, gerade durch das Trinken erfolgten.

Andere sehen die Grenze zum sich betrinken im gleichen Zahlenwert der Hebräischen Wörter „verflucht sei Haman“ und „gesegnet sei Mordechai“. Beide Aussprüche bilden den Zahlenwert von 502 Einheiten. Man sei bereits genügend betrunken, wenn man nicht mehr im Stande ist, diese Zahlenwerte zu errechnen. Aber Purim kennt mehr Aspekte als nur zu trinken.

In Städten, die eine Stadtmauer zu Zeiten von Jehoschua ben Nun hatten, wird Purim am 15. Adar gefeiert. Wie geht man vor, indem Zweifel bestehen, ob eine bestimmte Stadt seit den Tagen von Jehoschua ben Nun eine Stadtmauer hatte?

Solche Städte gibt es in Israel: Jaffo, Akko, Gaza, Lud, Tiberias, Sechem, Hebron, Tsfat und Haifa, die alten Städte des Heiligen Landes. Sollten die Bewohner dieser Städte nun Lechumra verfahren – sowohl am vierzehnten wie auch am fünfzehnten Adar jeweils zwei Mal die Megillah lesen – oder Lekula und nur am vierzehnten Adar Purim feiern, wie das in den meisten Städten üblich ist?

Ein nächstes Problem betrifft in Israel Soldaten beim Dienst in der Armee. Manches Mal wird ihnen sicherlich – gerade in der heutigen bedrohlichen Situation – die Zeit fehlen, die Megillah zwei Mal zu hören. Wenn sie zu wählen hätten zwischen der Lesung Abends oder Tagsüber, was ist dann die halachisch beste Entscheidung?

An Purim soll man die Megillah zwei Mal vorlesen hören, ein Mal abends bei Purim-Eingang und ein Mal tagsüber. Laut den Tosafisten (etwa 1250) ist die Vorlesung tagsüber am wichtigsten. Die Vorlesung abends ist relativ weniger als Pflicht an zu sehen. Diese Aussage ist im Kontext mit der obigen Frage wichtig: wenn ein Soldat nur eingeschränkt Urlaub erhalten kann und zwischen dem Hören der Megillah tagsüber oder abends zu wählen hätte, sollte er laut dem Chacham Zwi (18. Jahrhundert) den Urlaub für tagsüber beantragen, da dieses die Hauptverpflichtung bildet.

Rabbi David ben Simri, Radbas, ist jedoch der Ansicht, dass man in solchen Fällen nicht so sehr auf die wichtigste Pflicht achten sollte, sondern mehr auf die zuerst entstehende Pflicht, obwohl diese leichter sein könnte. „Man darf an den Mitzwot nicht vorbei gehen“ und deshalb muss ein Soldat für die zuerst anstehende Mitzwa Urlaub beantragen, was in diesem Fall die Keriat Megillah abends ist. Wenn man sich hundert Prozent sicher ist, dass man die Megillah nur ein Mal hören kann, wählt man tagsüber als die Pflichtzeit, um so mehr, da man dann auch alle andere Mitzwoth von Purim erfüllen kann.