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TuBiSchwat, ein Blick zurück voller Hoffnung

 Tu-Bischwat, das Neujahrsfest der Bäume feierten wir letzten Monat am 15. Schwat/ 20. und 21. Januar. Jedes Jahr finde ich Tu Bischwat so inspirierend wie den Beginn des Frühlings. Deshalb blicke ich auf diese Petach-Tikva zurück – eine Öffnung der Hoffnung für unser Volk und unser Land. Es ist aber nicht nur ein nationales Fest, es geht auch um unsere persönliche Entwicklung.

 

Heutzutage wird Tu-Bischwat hauptsächlich durch den Verzehr von so viel wie möglich Früchte aus Israel und mit der Pflanzung von Setzlingen gefeiert.

 

Während des religiösen Ablaufs der Tu-Bischwat-Zeremonie werden viele Berachot (Segenssprüche) über verschiedene Früchte gesprochen, die sich auf dem reichlich gedeckten Tisch befinden:

·         über tote Materie – von Wasser bis Fleisch – spricht man im Allgemeinen die Beracha (den Segensspruch) „Schehakol“ (alles wurde durch G“tt geschaffen).

Sobald man mit einer höheren Entwickelung in der Schöpfung konfrontiert wird, wird man zielgerechter.

·         Über Erdfrüchte, also über alles, was aus dem Boden kommt oder kurz oberhalb des Bodens wächst, wie Tomaten, Erdbeeren oder Schlangengurken, spricht man üblicherweise „Borej peri Ha-Adama“ (G“tt schuf die Erdfrüchte).

·         Obstbäume/Obststräucher stehen eine Stufe höher und deshalb sprechen wir zum Beispiel über Trauben und Oliven „Borej peri Ha-Ejtz“ (G“tt schuf die Baumfrüchte). Also eine ansteigende Linie.

 

Auf Veränderungen flexibel reagieren

Tu-Bischwat, das Neujahr der Bäume, hat so seine eigenen Spielregeln, die mit dem Ausspruch „Ist der Mensch denn ein Baum des Feldes?“ assoziiert werden (Dewarim/Deut. 20:19). Wichtig ist dieser Vergleich zwischen Mensch und Baum.

Ein Baum besteht aus drei Bestandteilen:

    *den Wurzeln,

    *dem Stamm mit den Zweigen und

    *den Früchten.

 

–          Die Wurzeln eines Baumes sind nicht sichtbar, aber sehr wichtig: sie versorgen und pflegen den Baum. Über die Wurzeln erhält der Baum seine Nahrung aus der Erde.

–          Der Stamm, die Zweige/Äste und die Blätter sind schön, aber nicht der wichtigste Sinn des Baumes.

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–          Nur in und durch die Früchte kann der Baum Anderen wirklich nützen und sich fort pflanzen.

 

Drei Bestandteile im Menschen, die zusammen gehören

Auch beim oder im Menschen kann man diese drei unterschiedlichen Bestandteile fest stellen.

–          Die Wurzeln vergegenwärtigen unseren Glauben, mit dem wir mit G“tt verbunden sind. Er gibt uns die Basis und die Stabilität.

–          Der Stamm der Persönlichkeit, seine Zweige und Blätter sind die innerlichen Qualitäten des Judentums: das Lernen der Thora und das Befolgen der Gebote. Hierin entwickelt sich ein Mensch und seine innerliche Schönheit wird gebildet oder steigert sich.

–          Aber letztendlich handelt es sich um die Früchte, die der Mensch verbreitet. Innerhalb seiner eigenen Familie, aber auch darüber hinaus. Ein Baum wächst andauernd. Anders als Säugetiere, richten sich Bäume immer himmelwärts.

 

Spirituelles Wachstum

Dieses ist eine Lehre, auch eine Aufgabe: obwohl wir körperlich nicht mehr wachsen, sollten wir geistig durchgehend wachsen. Geistiges Wachstum oder geistige Steigerung darf uns jedoch von unseren Wurzeln nicht los lösen. Bäume bleiben das ganze Jahr beständig, trotz allerlei klimatischen Veränderungen. Auch wir müssen uns so viel Flexibilität aneignen, dass wir immer auf Veränderungen positiv reagieren. Tu-Bischwat betont diese Wichtigkeit des innerlichen Wachstums.

 

Abseitsverhalten gegenüber einbezogen sein

Wenn Tu-Bischwat sich nähert, sollten wir uns abfragen, ob wir dieses innerliche Wachstum wohl in die Tat umsetzen. Geben wir uns damit zufrieden, nachdem wir unser Häuschen, unser Bäumchen, unser wirtschaftliches Ziel erreicht haben? Wir suchen nicht mehr nach ewigen Wahrheiten, nach bahnbrechenden Erkenntnissen des Universums oder nach Prinzipien logischer Strukturen. Wir spüren leider den Atem der Ewigkeit, bei unserer leidenschaftlichen Bezogenheit zu allen kleinen Realitäten des täglichen Lebens, nicht mehr.

Vor uns befindet sich die große Sünde, die Sünde des Abseitsverhaltens. Im Tenach (in der Bibel) finden wir selten allgemeine, universelle Aussagen über die Wirklichkeit. Unsere Rabbiner machten sich hauptsächlich Gedanken über das Individuum in einer besonderen Situation, in der es eine Wahl treffen sollte. Unser G“tt ist ein persönliches Übergeordnetes Wesen, der alle Seine Geschöpfe kennt. Er lebt mit ihnen mit.  Sowohl intellektuell, wie bei unseren Emotionen.

 

Der direkte Bezug

G“tt heißt HaSchem – wörtlich bedeutet das der Name – da G“tt auch unsere Namen kennt. Wenn jemand verstirbt, reduziert das die G“ttlichkeit in der Welt. Deshalb sprechen wir im Kaddisch nach einem Sterbefall: „ Lasse die Pracht und die Heiligkeit Seiner Größe gesteigert werden“. Wir sollten wie G“tt sein. Genau so, wie G“tt sich um Seine Welt kümmert, sollten wir unser Interesse und dass wir uns einbringen, unseren Nächsten mit teilen. Der Mitmensch ist für uns das Allerwichtigste. Nur durch den Anderen wird meine Perfektion bewusst.

Unsere Unabhängigkeit ist nur eine Scheinautonomie. Die gegenseitige Abhängigkeit, das „Es geht nicht ohne dem Anderen“, gegenseitige Beziehungen zwischen dem Allermächtigen und dem menschlichen Wesen stehen bei uns im Mittelpunkt. Für die Hellenisten war G“tt ein statischer Beweger, also nicht zu beeinflussen. Unser G“tt ist ein erlösender, und manchmal selbst ein weinender G“tt. G“tt nimmt  unser Schicksal wahr.

 

Auge gegenüber Ohr

Für den Hellenisten war das Auge das wichtigste Sinnesorgan. Für uns ist es das Ohr. Sehen sagt aus, auf Abstand einbezogen zu sein. Hören deutet auf die Entwickelung von Beziehungen. Nicht ohne Grund lautet unser Glaubensbekenntnis: „Schema Jisraejl – Höre o Israel!“. Wir suchen in uns selbst die Entstehung der Einheit mit der totalen Anwesenheit G“ttes.

Gerade durch unsere vertraute Beziehung mit dem Allerhöchsten können wir manchmal auch Fragen an G“tt stellen. Die Verbesserung der Welt ist für uns eine Lebensnotwendigkeit, da wir auf  Gedeih und Verderb darauf angewiesen sind. Wir suchen in unserem Leben nicht ausgerechnet nach Stabilität. Harmonie ist schön, aber nicht das Ziel, um das es im Judentum geht. Wir suchen Anschluss an die Wirklichkeit, Einfühlsamkeit und religiöse Begeisterung. Vor uns steht das Gerangel zwischen dem Irdischen und dem G“ttlichen im Vordergrund. Wir sollten im Wachstum bleiben, wir sollten uns weiter entwickeln. Das bedeutet Instabilität. Die Harmonie muss gestört werden, wenn wir wachsen möchten.

Tu-Bischwat bedeutet höher steigen, entwickeln, die innerliche Ruhe der abseits stehenden Harmonie verlassen, um zu dem zu werden, was wir in unserem tiefsten Wesen eigentlich sind.

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