Warum assimilierten sich die Kinder in Amerika? – Parascha Wajeze

Warum assimilierten sich die Kinder in Amerika? – Parascha Wajeze

Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts kamen unzählige Juden von Poland und Russland nach Amerika. Ganze Familien wanderten, in der Hoffnung auf ein besseres materielles Leben jenseits des Ozeans, nach Amerika aus. Im Volksmund wurde Amerika auf Yiddisch als „Goldene Medine“ (Das Goldene Land) bezeichnet, weil es dort angeblich sehr leicht war, schnell reich zu werden. Obwohl die materiellen Lebensumstände im Amerika wahrhaftig besser waren, als „in de Heim“ (auf Yiddisch: In der Heimat, Bezeichnung für Polen und Russland) war es in Amerika sehr viel schwerer ein gläubiger Jude zu bleiben.

Das größte Problem: Schabbat. Am Samstag wurde, wie an allen anderen Wochentagen, gearbeitet und wer am Samstag nicht zur Arbeit erschien, wurde gefeuert. Viele Juden versuchten am Anfang jedes Mal am Sonntag eine neue Arbeit zu finden, aber mit der Zeit wurden sie von keinem Arbeitgeber mehr akzeptiert. Nur wenige gläubige Juden schafften es, stark zu bleiben und den Schabbat zu halten.

Gerade bei diesen „starken“ Familien passierte es leider nicht selten, dass ihre Kinder die „Wege ihrer Väter“ verließen und dem Judentum den Rücken kehrten. Obwohl diese Menschen so viel für das Judentum opferten und ihre Kinder sahen, wie sie jeden Sonntag einen neuen Job suchten, schien sie das nicht aufzuhalten. Warum waren es ausgerechnet die Kinder aus den starken und gläubigen Familien, welche sich assimilierten? Rabbi Mosche Feinstein (großer Tora-Gelehrter und Führer des amerikanischen Judentums im 20. Jahrhundert) schreibt, dass die Antwort in unserem Wochenabschnitt Wajeze zu finden ist:

Nachdem Yakov 22 Jahre im Hause Lavans verbracht hatte, erschien G´tt zu Yakov und befiehl ihm nach Hause zurückzukehren. Yakov versammelte seine Frauen und Kinder und sagte ihnen, dass sie gehen müssen, weil er sich von Lavan und seinen Söhnen bedroht fühlt. Außerdem wurde ihm von G´tt befohlen zurückzukehren. Er rechtfertigte sich, dass er mit all seinen Kräften für Lavan gearbeitet hatte und dieser unzählige Male versucht hatte ihn zu betrügen.

Rachel und Lea antworteten, dass es ihnen nicht schwerfällt, ihr Elternhaus zu verlassen, weil Lavan sie verkauft und wie Fremde behandelt hatte.

Ihre Antwort ist auf den ersten Blick sehr unpassend, denn nachdem Yakov ihnen gesagt hatte, dass ihm G´tt befohlen hatte zurückzukehren, bräuchten sie eigentlich keine weiteren Gründe. Yakov durfte hinzufügen, dass es auch aus Sicherheitsgründen ratsam wäre, Lavan zu verlassen, damit es für Rachel und Lea nicht so schwer ist, ihr Elternhaus zu verlassen, aber Rachel und Lea hätten sich mit dem Befehl G´ttes begnügen sollen!

Daraus lernen wir, erklärt Rabbi Mosche Feinstein, dass man sich die Religion und den Dienst G´ttes nicht schwer machen soll. Man sollte stets versuchen den Test zu verkleinern und den materiellen oder gesellschaftlichen Verlust (in den Augen des Menschen) durch die Ausübung der jüdischen Religion nicht als Bürde betrachten (indem man davon überzeugt ist, dass man NIEMALS in Folge der Religion zu Schaden kommt, weil diese Welt gänzlich von G´tt geführt wird).

Die Kinder der Juden, welche das Hüten des Schabbats jede Woche mit ihrem Arbeitsplatz bezahlen, sahen, dass sich ihre Eltern beklagen, wie schwer es ist, den Schabbat zu hüten und generell ein gläubiger Jude zu sein. Deswegen hatten sie keine Lust und Motivation das Judentum zu praktizieren, denn wozu ein schweres Leben leben?

Natürlich war es unglaublich schwer und man darf diese Menschen auf keinen Fall richten, aber hätten sie sich zumindest im Beisein ihrer Kinder weniger beklagt und mehr Betonung auf die Schönheit des Judentums und den Stolz den Schabbat hüten zu können gelegt, gäbe es keine so große Assimilation.