Warum haben wir alle verschiedene Meinungen? – Parascha Korach

(“ולא יהיה כקרח וכעדתו (במדבר י”ז ה’ “Und es wird sich nicht wiederholen wie Korach und seine Versammlung”
Nachdem Korach und sein ganzes Lager vom Erdboden verschluckt und seine 250 Anhänger vom G´ttlichen Feuer verbrannt wurden , sagt G´tt, dass sich so etwas nicht wiederholen darf/wird. Der Talmud (Sanhedrin 110.) entnimmt daraus, dass derjenige, der einen Streit anfängt und ausbreitet dieses Verbot übertritt, weil er die Taten von Korach wiederholt (es scheint, dass es wirklich ein Verbot von der Tora ist, denn der Rambam (Maimonides) zählt es in seinem Werk als eines der 365 Verbote der Tora, siehe Sefer HaMitzwot LoTaase 45).
Doch der Alshich HaKadosh (Rabbi Mosche Alschich, 1508-1593) erklärt diesen Vers auf eine andere Art und Weise:
Es wird sich nicht wiederholen, dass bei einem Streit die eine Partei (Mosche Rabbenu) vollkommen Recht hatte und die andere (Korach und seine Mitstreiter) vollkommen im Unrecht war. Normalerweise ist es stets der Fall, dass beide Parteien im gewissen Sinne Recht und Unrecht haben.
Wenn man sich in einem Streit oder einer Diskussion befindet, ist es ratsam zu versuchen, den anderen zu verstehen, anstatt nur stur auf seiner Meinung zu beharren, denn auch an den Worten des anderen ist sicherlich etwas Wahres. Oft ist es der Fall, dass es eigentlich überhaupt keine Meinungsverschiedenheit gibt und das einzige Problem ist nur, dass man sich gegenseitig nicht zuhört und nicht versucht die Position und den Blickwinkel des anderen zu verstehen.
Generell ist die Meinungsverschiedenheit eine ganz normale Sache und darf vorkommen, denn so lehren unsere Weisen: „Genauso wie sich die Gesichter der Menschen nicht gleichen, so auch nicht ihre Ansichten und Meinungen“, die Frage ist nur, ob man weiß damit umzugehen, ohne dass daraus ein Konflikt entsteht.
Ein kluger und nach der Wahrheit suchender Mensch will die Meinung des anderen hören, um sich somit einen anderen Blickwinkel zu verschaffen, denn genau aus diesem Grund wurden wir alle so verschiedenen von G´tt erschaffen, um sich gegenseitig zu vervollständigen.
So wie der “Wilner Gaon” (Rabbi Eliyahu aus Wilna, 1720-1797) schreibt: „Das, was ich dem anderen sagen will, weiß ich schon, deswegen höre ich besser zu, was der andere zu sagen hat!“