ZWEI PERSPEKTIVE ÜBER DIE EXTREME BESCHEIDENHEIT VON MOSCHE RABBEJNU – Parascha Schmini
Parscha Schemini (Wajikra 9:1 – 11:47)
„Und es war am achten Tag. Mosche rief Aharon und seine Söhne zu sich und die Ältesten des Jüdischen Volkes…“
Der achte Tag war der 1. Nissan. Die vorbereitende Einweihung des Mischkan (Tabernakel) erfolgte während der sieben letzten Tage des Monats Adar. Der Tabernakel, das mitziehende Heiligtum in der Wüste, wurde am 1. Nissan durch Aharon als neuen Kohen Gadol eingeweiht. Nach dem sieben vorbereitenden Tag der Einweihung, war der achte Tag für die Offenbarung G“ttes dem Volke gegenüber bestimmt.
Die Zahlen 7 und 8
Die Zahl 7 deutet auf die natürliche Ordnung, genauso, wie die sieben Tage der Woche. Sie deutet auf eine menschliche Größenordnung hin. Die Zahl acht vermittelt das Überirdische. Deshalb schiebt die Brith-Milah (die Beschneidung) am achten Tag den Schabbat zur Seite. Die Brith-Milah ist ein Bund mit dem G“ttlichen von höherem Rang und überrollt den Schabbat. Die Zahl sieben ist das Symbol des Höchsten, was der Mensch in dieser Welt erreichen kann. Sie ist G“tt auf immanenter Weise in Verbindung zu dieser Welt. Acht deutet auf das Unendliche, auf das Himmlische, auf das Transzendente, auf das alles übersteigende Überirdische. Deshalb hatte die Harfe im Tempel nur sieben Saiten; aber die Harfe des Maschi’ach wird acht Saiten aufweisen.
Mosche Rabbejnu war zeitweilig Kohen Gadol (Hohepriester)
Mosche Rabbejnu war während der sieben Tage der Einweihung mal Kohen Gadol (Hohepriester). Weshalb war Mosche nicht Kohen Gadol für immer, auf die Ewigkeit? Mosche Rabbejnu gibt seine eigene Erklärung: „Da ich mich gegenüber HaSchem beim brennenden Dornbusch sieben Tage lang geweigert habe, das Jüdische Volk aus Ägypten hinaus zu führen, verdiene ich es, lediglich sieben Tage als Kohen Gadol zu walten. Nach diesem Zeitraum verlor ich dieses Ehrenamt an meinen Bruder Aharon und seinen Nachkommen. Für ewig“. Ende des Zitats. (Ich finde es übrigens bemerkenswert, dass Mosche Rabbejnu, als einziger religiöser Anführer aus dem Altertum, sich seinem Auftrag, dem Allerhöchsten gegenüber, während einer ganzen Woche verweigert! Dieses finden wir nirgendwo anders, bei keinem einzigen anderen „Anführer“. Ich finde dieses für Jüdische Leitung und für die Wahrheit von Mosches Prophetie äußerst typisch. Aber darüber ein anderes Mal!).
das Amt des Kohen für immer verloren
Am brennenden Dornbusch bat G“tt Mosche, das Jüdische Volk zu befreien. Am Anfang des Zweiten Buches der Thora erfolgte eine langwierige Unterredung zwischen G“tt und Mosche. Unsere Tradition lehrt uns, dass es HaSchem eine siebentägige Diskussion kostete, bevor Mosche sich seiner Mission fügte. Nun bedauerte es Mosche, dass er sich sieben Tage lang geweigert hatte. Er verstand jetzt, dass er das Amt des Kohen für immer verloren hatte.
HaSchem schätzt, wenn Menschen Gegenargumente einbringen
Bekanntlich oder anscheinend war es G“ttes Absicht, Mosche als Kohen Gadol und Aharon den Leviten zum Diener oder Assistenten des Kohen (Gadol) zu ernennen.
Mosche’s Weigerung hatte jedoch eine Auswirkung. HaSchem schätzt, wenn Menschen Gegenargumente einbringen, sicherlich, wenn dieses durch aufrichtige Bescheidenheit erfolgt. Mosche verweigerte sich HaSchems Auftrag während sieben Tage am brennenden Dornbusch, erhielt aber dafür sieben Tage lang das zeitlich begrenzte Amt des Kohen Gadol. Nur mal soeben. Danach war es erloschen. Dieses schient ziemlich paradox, ist es aber nicht. War dieses eine Belohnung oder vielleicht eine Strafe für Mosche?
Eine Strafe mit ein Bisschen Belohnung
Einerseits kann man die befristete Tätigkeit von Mosche als Kohen Gadol als eine Strafe mit einer kleinen Belohnung sehen. Mosche verweigerte sich der Anführung und verlor deshalb jedenfalls die ewig andauernde geistige Leitung an Aharon und dessen Nachkommen. Mosche verweigerte sich jedoch aus einem sehr noblen Grund. Aus Bescheidenheit konnte er diese hohe Position nicht entgegennehmen. HaSchem wiegt unsere Taten mit einer goldenen Waagschale. Aus Demut und Bescheidenheit verweigerte er sich. Mosche betrachtete Aharon als besseren Kandidaten. Seine Belohnung war deshalb, dass er zumindest nur kurzzeitig, während einer Woche, Kohen Gadol sein würde. Eine Strafe mit ein Bisschen Belohnung.
eine große Chance verpasst
Andererseits kann man das bisschen Belohnung für seine außerordentliche Demut auch als einen extra Grund für Abstrafung sehen. Wenn der Allmächtige jemanden für eine bestimmte Funktion geeignet erachtet, welches Recht hat dann der Mensch, dieses zu verweigern? Wie bescheiden kannst Du schon sein, um HaSchem noch zu unterbieten? Es könnte also sein, dass Mosche’s einwöchiges Ehrenamt ihn mit der Nase auf die bittere Tatsache stieß, dass er mit seiner Weigerung – aus wieviel Bescheidenheit auch immer – eine große Chance verpasst oder ausgeschlagen hatte, für sich selbst und für alle künftigen Generationen nach ihm.
einmal daran gewöhnt, empfinden wir das Fehlen dreifach
Wenn wir einen Vorteil, eine Funktion oder Freude nie gekannt haben, vermissen wir diese auch nicht so schlimm. Aber wenn wir uns einmal daran gewöhnt haben, empfinden wir das Fehlen doppelt und dreifach. Laut dieser Erklärung musste Mosche zunächst erst mal erfahren, was es bedeutet, in einer komplett heiligen Umgebung zu arbeiten, wie im Mischkan (Tabernakel). Erst dann würde er sich vollständig bewusstwerden, was er eigentlich versäumt hat.
Bescheidenheit ist keine Entschuldigung
So betrachtet, wird uns klar, dass wir immer zur höchsten Keduscha (heilige Berufung), die wir erhalten können, streben sollten. Wir sollten unser religiöses Wachstum nicht durch unsere Bescheidenheit beeinflussen lassen. Wenn wir in den Augen von HaSchem und von unseren Mitmenschen eine hohe religiöse Funktion erfüllen können, sollten wir die Gelegenheit, dem Jüdischen Volk zu dienen, immer ergreifen, wie demütig wir im Prinzip auch sind. Verpassen wir diese Chance, dann ist das eine komplette „Fehlleistung“. Bescheidenheit ist keine Entschuldigung. Sie wird selbst zum Problem.
einen Funken der Gloria der Funktion des Kohen Gadol gegönnt
Laut der ersten Erklärung war Mosche’s Bescheidenheit kein wirkliches Versäumnis. HaSchem belohnt ihn selbst dafür, indem Er ihm einen Funken der Gloria der Funktion des Kohen Gadol gönnt. HaSchem muss Mosche jedoch bestrafen, da man G“ttes Angebot nicht verweigert.
Ein kleiner Hinweis in der Thora ist ein Mussar Haskejl, eine ewige Lehre für alle Generationen!