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PATIENTENSELBSTSTÄNDIGKEIT und PATIENTENAUTONOMIE

Sicherheit und Alternativen

In einer bekannten Antwort setzte sich Rav Haim David Halevy (Oberrabbiner von Tel Aviv, 20. Jahrhundert) mit dem Fall eines Teenagers auseinander, welcher einen Tumor hatte und eine Chemotherapie ablehnte. Er wollte nur homöopathische Hilfe bekommen.

Rav Halevy zitiert Rav Ja’akov Emdens Meinung über innere Krankheiten, dass man vereinfacht gesagt nicht verpflichtet sei innere Krankheiten zu heilen da ihre Heilung sehr schwer sei und begründete damit, dass ein Zwang zur Annahme der Chemotherapie bestehe. Obwohl der Mann durch die Option der Alternativmedizin, den falschen Eindruck haben könnte, dass auch diese ihm helfe könnte und das ohne negative Folgen wie bei der Chemotherapie zu haben, verbot Rav Halevy ihm diese nicht.

Wir achten wir besonders auf die Sicherheit der Wirkung der vorgeschlagenen Therapie (auch unter Berücksichtigung der Meinung des jeweiligen Patienten) sowie auf die Gefahren und Risiken, die jede Behandlung mit sich bringt.

Darüber hinaus hat jeder Patient das Recht, andere Therapieformen in Anspruch zu nehmen. In der halachischen Literatur wird heftig über gefährliche Operationen diskutiert, die zwar erhebliche Risiken bergen, aber langfristig Leben retten können.

Halachisch ausgedrückt, muss Chajee Scha’a gegen Chajee Olam abgewogen werden (temporäres Leben gegen langfristiges Leben). Der Konsens zwischen den Poskim (halachische Entscheidungsträger) besteht darin, dass man das Risiko eingehen kann, ein vorübergehendes Leben (Tod auf dem Operationstisch)eventuell zu opfern mit der Intention ein längeres Leben erreichen zu können.

 


Kasuistik (Anwendung der Halacha auf bestimmte Einzelfälle)

Rav S.Z. Auerbach war einmal mit dem Fall eines blinden Diabetikers, welcher nur ein Bein hatte, konfrontiert. In seinem Bein hatte sich Krebs entwickelt und es musste amputiert werden. Der Patient weigerte sich, weil er Angst vor den Schmerzen der Operation hatte.

Rav Auerbach entschied, dass dieser Patient nicht überredet oder sogar gezwungen werden sollte, sich der Operation zu unterziehen.

Rav Mosche Feinstein hat entschieden, dass man einem Patienten, der sich weigert, einer riskanten Behandlung zuzustimmen, diese auch nicht aufzwingen kann.

Auch wenn er chirurgische Eingriffe selbst bei niedrigen Erfolgschancen erlaubt, ist er dagegen einen Patienten selbst zu einer risikoarmen Operation wider seines Willens zu zwingen.

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Nach der Halacha ist heutzutage auch bei einem geringen Risiko die Zustimmung des Patienten unerlässlich.


Rav Moshe Feinstein diskutiert eine weitere wichtige Überlegung. Heutzutage ist der Zwang zur Einnahme von Medikamenten oder zum Absolvieren einer Behandlung, nur dann erlaubt, wenn es lebensrettend ist, es also umgangssprachlich um Leben oder Tod geht.

Es ist jedoch zu beachten, dass der Patient Angst vorm physischen Erzwingen haben könnte. Die Angst und der damit verbundene Stress selbst ist eine weitere Risikoquelle für den Patienten. Rav Feinstein fügt hinzu, dass, wenn ein kompetenter Erwachsener die Behandlung ablehne, der Arzt das Risiko der Nötigung gegen den Nutzen der Behandlung abwägen müsse, bevor er zu einer Form des Erzwingens übergehe.  Um die Entscheidung treffen zu können, eine Behandlung gegen den Willen des Patienten durchzuführen, müsse sicher sein, dass die Behandlung helfen würde und von großem Nutzen sei und somit letztendlich der Patient davon profitiere.

 
Ernährung

Rav Feinstein diskutiert auch die Frage nach Zwangsernährung. Die Halacha hat eine andere Sichtweise auf Nahrungszufuhr als auf medizinische Behandlungen. Unter bestimmten Umständen besteht keine Notwendigkeit zur Intervention.

Das Unterlassen der Ernährung durch den Arzt, beispielsweise bei einem komatösen Patienten, wird jedoch als eine Form des Totschlags angesehen und ist niemals erlaubt.


Auf die Frage nach seiner Meinung zur Zwangsernährung antwortete Rav Feinstein, dass einen Patienten mit Gewalt zu ernähren keine gute Sache sei, wenn es sich um einen kompetenten Erwachsenen handele, welcher nicht essen wolle. Insbesondere gälte dies, wenn der Patient denke, dass die Nahrung nicht gut für ihn sei, selbst wenn der Arzt denke, dass er ernährt werden sollte.

Wenn der Patient denke, dass die Nahrung nicht gut für ihn ist, kann dies gefährlich sein und man sollte dem Patientenwillen folgen. Der Arzt sollte natürlich versuchen, ihn davon zu überzeugen, medizinische Anweisungen zu befolgen. Aber wenn er dies nicht tut, kann nichts anderes getan werden.

Hierbei wird das subjektive Empfinden des Patienten berücksichtigt. Eine erzwungene Behandlung könnte, da sie gegen den Willen des Patienten verstößt, bei diesem zu (vor allem psychischen) Schäden führen.

 Auch wenn man annehmen könnte, dass ein Grund für die Ablehnung von Zwangsernährung die Autonomie des Patienten sei, ist dies nicht der Fall. Die Halacha betrachtet hier einzig und alleine den Sachverhalt in Bezug auf das Wohlbefinden des Patienten und verbietet Zwangsernährung um den Patienten vor Schäden zu schützen.

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