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Der 2.Feiertag in der Diaspora – Richtiger Feiertag oder nur “Brauch der Väter”...

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Der 2.Feiertag in der Diaspora – Richtiger Feiertag oder nur “Brauch der Väter”?

Wer schon mal an Pessach, Schawuot oder Sukkot in Israel gewesen ist, hatte sicherlich das Gefühl, dass die Feiertage dort viel kürzer zu sein scheinen. Wahrlich, dies ist keine Einbildung und auch nicht, weil die Zeit in Israel schneller vergeht, sondern weil die Feiertage im Heiligen Land wirklich kürzer sind.

Ein aufmerksamer Besucher wird beobachtet haben, dass in Israel, anders als überall auf der ganzen Welt, nur der erste und siebte Tag als Feiertag gefeiert werden und die Tage dazwischen Chol HaMoed (Halb-Feiertag, das Verrichten von Arbeit ist teilweise erlaubt) sind.

So feiern die Israelis Schmini Azeret und Simchat Tora am achten Tag von Sukkot zusammen, im Gegensatz zu den Juden der Diaspora, welche Schmini Azeret am achten und Simchat Tora am neunten Tag von Sukkot feiern. Am achten Tag von Pessach liegt in Israel schon am frühen Morgen der Geruch von frisch gebackenem Brot in der Luft, während außerhalb von Israel der Genuss von Chamez (Gesäuertes) erst nach dem achten Tag gestattet ist. Schawuot ist der dritte Feiertag im Bunde, welcher in Israel nur einen Tag dauert. 

Der einzige Feiertag, welcher auch in Israel zwei Tage lang gefeiert wird, ist Rosch HaSchana und in der Diaspora ist Yom Kippur der einzige biblische Feiertag, welche nur einen Tag dauert. 

Jetzt kommen wir zur offensichtlichen Frage: Warum sind die Feiertage in Israel kürzer als in der Diaspora und wie lassen sich die Ausnahmen, Rosch HaSchana in Israel und Yom Kippur in der Diaspora erklären?

Von der Tora aus dauern Pessach und Sukkot je sieben Tage und Schawuot nur einen Tag. Deren genaues Datum wird von der Tora festgelegt, aber um zu wissen, wann der Feiertag stattfinden wird, muss man zunächst wissen, wann der Monat begonnen hatte.

In den Zeiten des Tempels saß das Sanhedrin (Höchstes jüdisches Gericht, bestehend aus 71 Weisen) in Jerusalem. Dieser Gerichtshof repräsentierte alle jüdischen Weisen und war die höchste Instanz im jüdischen Volk. Alle globalen Fragen, welche das ganze Volk betrafen, wurden von diesem Gremium behandelt und ihre Entscheidungen waren bindend. 

Zu den Aufgaben des Sanhedrins gehörte es, den Beginn eines neuen Monats zu bestimmen. 

Dafür mussten zwei jüdische Männer vor dem Sanhedrin erscheinen und bezeugen, dass sie den “neuen” Mond gesehen haben 

(Nachdem der Vollmond ab der Mitte des Monats immer kleiner wurde, “verschwand” er gänzlich zum Ende des Monats. Anschließend erschien er wieder als dünne C-förmige Sichel). Die Zeugen wurden verhört und nachdem sich das Sanhedrin davon überzeugt hatte, dass sie die Wahrheit sprechen, wurde feierlich der Beginn eines neuen Monats verkündet. 

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Damit die Feiertage zur richtigen Zeit gefeiert werden konnten, musste diese Nachricht so schnell wie möglich im ganzen jüdischen Volk verbreitet werden. Zunächst wurden auf den Hügeln Jerusalems Lagerfeuer angezündet, um zu signalisieren, dass ein neuer Monat begonnen hatte und sobald diese von den Menschen in der Umgebung wahrgenommen wurden, taten sie es ihnen gleich und zündeten ebenfalls Lagerfeuer. Auf diese Weise verbreitete sich die Kunde relativ zügig im ganzen Heiligen Land. 

Jedoch bildeten sich im laufe der Zeit extremistische Gruppierungen, welche sich der Autorität des Sanhedrin widersetzten und mit allen möglichen Mitteln versuchten, die Arbeit des Sanhedrin zu manipulieren. So zündeten sie willkürlich Lagerfeuer auf den Hügeln, um die Menschen außerhalb von Jerusalem zu verwirren und glauben zu lassen, dass ein neuer Monat begonnen hat. 

Das Anzünden von Lagerfeuern als Signal wurde eingestellt und anstattdessen wurden spezielle Boten geschickt, welche die Kunde bis in den letzten Winkel verbreiteten. Jedoch war diese Methode viel zeitaufwendiger und nicht immer schafften es die Boten rechtzeitig vor Beginn des Feiertags anzukommen. In diesem Fall mussten die Menschen einen weiteren Tag hinzufügen, für den Fall, dass der neue Monat einen Tag später begonnen hatte. Dieser zusätzliche Feiertag wurde “Sofek Yom Tov” (Zweifel-Feiertag) bezeichnet und hatte dieselben Gesetze, wie der eigentliche Feiertag. 

Weil Rosch HaSchana gleichzeitig auch Rosch Chodesch ist,  wurde es sogar in Jerusalem zwei Tage lang gefeiert, weil man befürchtete, dass sich die Zeugen verspäten werden. 

Im Jahr 358/9 n.d.Z. rechnete Hillel II mathematisch aus, wann sich der Mond jeweils erneuern wird und stellte einen Luach (Kalender) zusammen. Trotzdem wurde der Kalender durch das Bet Din mit Hilfe von Zeugen bestimmt und nicht anhand des Luachs. Erst nachdem die Prozedur der Bestimmung des neuen Monats durch Zeugen von den Römern verboten wurde, richtete man sich offiziell nach dem mathematischen Luach von Hillel. 

Eigentlich gäbe es jetzt sogar in der Diaspora keinen Ansatz mehr, einen weiteren Feiertag-Tag hinzuzufügen, weil man dank der Berechnung Hillels genau wusste, wann der neue Monat begonnen würde und somit auch wann der Feiertag stattfinden wird. Nichtsdestotrotz legten die Weisen fest, dass man den „Brauch der Väter“ fortsetzten und in der Diaspora einen weiteren Feiertag hinzufügen soll (Talmud Beiza 4b), so wie es zu Zeiten des Sanhedrin gewesen ist.

So ist es dazu gekommen, dass die Feiertage in Israel so gefeiert werden, wie sie in der Tora stehen, also sieben Tage Pessach und Sukkot und ein Tag Schawuot, wie zu Zeiten des Sanhedrin. Die Juden der Diaspora hingegen folgen dem „Brauch der Väter“ und fügen einen weiteren Tag hinzu, obwohl es eigentlich nicht nötig wäre. Die einzige Ausnahme dafür ist Yom Kippur, weil die Menschen nicht in der Lage sind, zwei ganze Tage lang zu fasten und zu beten, sodass Yom Kippur auch in der Diaspora nur einen Tag dauert. 

Dieser Unterschied zwischen den israelischen Juden und den Juden der Diaspora wirft viele halachischen Fragen auf, wie z.B. Wie viele Tage muss ein Israeli halten, wenn er zu Besuch im Ausland ist und genauso umgekehrt: Wie lange soll ein Tourist in Israel feiern? Diesbezüglich gibt es eine große Meinungsverschiedenheit, aber das ist schon ein anderes Thema… 

Quelle: Jüdische Allgemeine

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