Der Wochenabschnitt beginnt: „Es war
nach Beendigung zweier voller Jahre,
da träumte Pharao, und siehe, er stand
am Flusse“ (Bereschit 41,1).
Was ist der
Sinn dieser Zeitangabe? Eine Antwort
auf die Frage, was es mit den zwei Jah-
ren auf sich hat, finden wir im Kom-
mentar von Raschi zum letzten Vers des
vorigen Wochenabschnitts. „Es gedachte
aber der Fürst der Schenke Josefs nicht,
und so vergaß er ihn“ (Bereschit 40,23).
Raschi erklärt: „Weil Josef von ihm sich
abhängig gemacht, auf ihn vertraute,
dass er seiner gedenken werde, musste
er noch zwei Jahre im Gefängnis blei-
ben, denn so heißt es im Psalm 40,5:
Heil dem Manne, der den Ewigen ge-
nommen zu seinem Verlass und sich
nicht gewandt zu den stolzen Prahlern.“
Raschi
referiert
einen
Midrasch
(Bereschit Rabba 69,3), der viele Auto-
ren beschäftigt hat, weil er widersprüch-
lich zu sein scheint: „Heil dem Manne,
der den Ewigen genommen zu seinem
Verlass“ – das ist Josef. „Und sich nicht
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gewandt zu den stolzen Prahlern“ – weil
er zum Fürsten der Schenke sagte: „Und
nun, so du meiner Eingedenk bleibst,
wenn es dir wohl geht, so mögest du
mir doch Gnade erweisen und meiner
gedenken bei Pharao, dass du mich
heraus bringst aus diesem Hau-
se“ (Bereschit 40,14) wurden ihm zwei
Jahre hinzugefügt. Am Anfang sagt der
Midrasch, Josef sei ein Mann mit Gott-
vertrauen (hebr. Bitachon) gewesen;
aber aus der Fortsetzung geht hervor,
dass es Josef an Bitachon mangelte.
Noch eine Frage drängt sich auf: Wir
dürfen uns bekanntlich nicht auf Wun-
der verlassen – warum wurde dann
Josef bestraft, weil er etwas un-
ternommen hat, um freizukommen?
Eine Antwort, die Rabbi N. Scherman
anführt, besagt, dass es mehrere Stu-
fen des Gottvertrauens gibt. Josef hatte
eine sehr hohe Stufe erreicht, und gera-
de deshalb wurde er bestraft, als er
einen Mann um Unterstützung bat, von
dem keine Hilfe zu erwarten war.
Einem
Menschen, der auf einer niedrigen
Bitachon-Stufe steht, würde niemand
für das, was Josef tat, kritisieren.