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DIE FLEXIBILITÄT DES AM JISRAEL, DES JÜDISCHEN VOLKES – Parascha Jitro

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DIE FLEXIBILITÄT DES AM JISRAEL, DES JÜDISCHEN VOLKES – Parascha Jitro

בסייד

Parascha Jitro (Schemot/Exodus 18:1-20:23)
Oberrabbiner Israel Meir Lau von Israel

Oberrabbiner Israel Meir Lau von Israel war der Hauptredner am Tag der Jüdischen Identität. Anfänglich hörten wir keine so positiven Berichte über unsere Situation.

Danach sprach er über die Parascha dieser Woche, Jitro.

Vor einem überfüllten Auditorium hielt er eine leidenschaftliche Rede über die Verbindung des Jüdischen Volkes mit dem Jüdischen Land, Erez Jisraeel. 

„Das Judentum steht vor der Moderne“: So wurde die jüdische Konferenz bezeichnet.

Oberrabbiner Prof. Jonathan Sacks z.l. von England begann mit den pointierten Aussagen: Wenn Menschen auf der Straße nach ihrem Glauben gefragt werden, werden die Katholiken sagen, dass sie katholisch sind und Protestanten, dass sie Protestanten sind. Wenn jemand antwortet, dass er oder sie ein Mensch ist, können Sie sicher sein, dass er oder sie Jude ist. Wo ist unser jüdischer Stolz, warum vermeiden viele Juden die Antwort auf die Frage ihres Glaubens?

Als Wissenschaftler führte der Oberrabbiner experimentelle Forschungen durch. Er sandte Briefe an 400 sozial engagierte Juden und bat sie, den Inhalt ihrer jüdischen Erfahrung zu beschreiben. Nur sechs antworteten: Drei gaben deutlich an, dass sie ihr Jüdisch sein negativ empfanden, während die drei anderen Befragten dies mäßig positiv beurteilten.

Auch die Ansicht von Oberrabbiner Israel Lau auf das jüdische Volk weltweit war wenig optimistisch. Er verglich die Statistiken unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg mit denen von heute: 1945 gab es etwa zwölf Millionen Juden, heute sind es knapp vierzehn Millionen auf der Welt. Das hätten 24 Millionen sein sollen. Anscheinend gibt es trotz aller Euphorie über die Rückkehrbewegung eine enorme Assimilation und Entfremdung.

In der Parscha Jitro lesen wir jedoch, dass wir unsere Denkweise ändern, unser Los verbessern, über den Tellerrand hinausschauen und unsere Perspektiven erneuern sollen.

„Jitro hörte alles, was HaSchem für Mosche und für Sein Jüdisches Volk getan hatte, denn HaSchem hatte sie aus Ägypten hinausgeführt“ (18:1). Was hörte Jitro? Er hörte, dass HaSchem ein Volk von mindestens 3 Millionen Menschen auf übernatürliche Art in der Wüste durch Manna als tägliches Brot und durch eine mitreisende Wasserquelle, die Quelle von Mirjam, am Leben erhielt.

Die Befreiung war das Verwunderlichste von allem

Aber Jitro hörte auch, dass sie aus Ägypten befreit waren. Dieses fand er als das Verwunderlichste von allem. Niemand hätte das je für möglich gehalten. Bis damals war noch nie ein Sklave aus Ägypten entwischt. Nun standen da 3 Millionen Sklaven, um den Sieg über das ägyptische Heer, nach der Teilung des Jam Suf, zu besingen! Ägypten war komplett in die Pfanne gehauen worden, sowohl körperlich wie geistig.

noch nie jemals gelungen aus Ägypten zu flüchten

Jitro war dermaßen sprachlos verwundert über dieses Beispiel von Jiddisch out of the box Denken und Handeln, dass Jitro dieses im Satz 9 nochmals wiederholt: „Jitro erfreute sich über all das Gute, das Haschem für Israel getan hatte, dass ER sie aus Ägypten gerettet hatte“ (18:9). Dieses war äußerst verwunderlich, denn dieses war noch nie jemandem gelungen. In der gesamten Geschichte des Ägyptischen Reiches war es noch nie jemals einem Sklaven gelungen, aus Ägypten zu flüchten.

gute Grenzkontrolle

Der Pharao hatte eine gute Grenzkontrolle. Dieses war bereits einige Jahrhunderte früher deutlich. Als unser erster Erzvater Awraham versuchte, seine hübsche Frau Sara in einem großen Koffer nach Ägypten hereinzuschmuggeln – um sie gegen die unerwünschten Blicke des ägyptischen Zolls zu schützen – wurde er sofort angehalten. Er musste seine Koffer öffnen. Da erschien unsere Erzmutter Sara, die sofort durch den Hof des Pharao gekidnapt wurde.

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ein enorme Geistesabwanderung

Ägypten war tatsächlich ein mächtiges Reich. Technisch und kulturell leisteten sie Großartiges. Deshalb hatte Pharao auch so einen Verdruss, dass er die Juden hatte ziehen lassen. Er verlor nicht nur eine große Menge an gratis Arbeitskräften, aber er wurde sich auch bewusst, dass beim Auszug des Jüdischen Volkes ein enorme Geistesabwanderung stattfand. Er hätte so viel Talent besser gebrauchen können, um sein Reich und seine Macht zu stabilisieren und um technisch die progressivste Nation für die kommenden Jahrhunderte zu werden. Im Gegensatz hierzu ging Ägypten für Jahrhunderte komplett den Bach runter. Mit diesem großen Land ist nie mehr etwas geworden, selbst bis heute.

Missbrauch der Psychologie, um den Geist der Sklaven zu brechen

Die Kraft Ägyptens lag nicht so sehr in seiner starken Armee, im gut organisierten Zoll oder in seinem übermächtigen Geheimdienst, der alles und jeden im Blickfeld hielt. Ägypten machte von der Psychologie Gebrauch, um den Geist seiner Sklaven zu brechen.

Hiermit verstehen wir auch ein Stückchen aus der Hagada besser. Am Anfang des Erzählteiles der Hagada vom Seder – kurz nach Ma Nischtana – steht eine gewagte Aussage: „hätte HaSchem uns nicht aus Ägypten befreit, würden wir noch immer Sklaven für den Pharao in Ägypten sein“.

Ist das tatsächlich so? Haben wir nicht gerade in den vergangenen Jahrhunderten in den erleuchteten, modernen westlichen Staaten eine Emanzipation der Sklaven mitgemacht? Obwohl die Sklaverei bei uns schon vor 2000 Jahre abgeschafft wurde, hat der Westen hiermit erst vor ungefähr 170 Jahre angefangen (in Etappen, wohl zu verstehen).

Eigentliche Sklaverei gegenüber Sklavenmentalität

Dieses stimmt tatsächlich. Aber wir vergessen, einen Unterschied zwischen eigentlicher Sklaverei und einer Sklavenmentalität zu machen. Ägypten war in psychologischer Kriegsführung spezialisiert.

Sie waren im Stande, den Geist der Menschen vollkommen zu brechen. Die Ägypter vermittelten ihren Sklaven das Gefühl, dass sie für ewig Sklaven blieben, ohne irgendeine Hoffnung auf welche Freiheit und Entkommen auch immer. Deren System der Gehirnwäsche war dermaßen durchdacht, dass niemand sich auch nur traute, an Freiheit zu denken. Einmal Sklave, immer Sklave.

im Geiste wären wir Sklaven der ägyptischen Kultur geblieben

Höchstwahrscheinlich wären wir durch eine Welle von Mitmenschlichkeit in einem früheren oder späteren Stadium wohl aus unserer eigentlichen Sklaverei befreit worden. Aber im Geiste wären wir Sklaven der ägyptischen Kultur geblieben und wären nie das Volk des Buches geworden.

Die Tyrannei hat immer unerwartete Bumerangeffekte

Dieses war die Kraft des Exodus: wir wurden wieder in die richtige Richtung ausgerichtet. Der gebrochene Geist wurde zerstört. Wir kamen als ein bevorstehendes, die Richtung angebendes Volk aus dem Land unseres Elends. Unser Geist war durch alle Erniedrigungen komplett gehärtet. Noch nie waren wir so fest entschlossen, geistig zu wachsen und unseren Weg zum Judentum fortzusetzen. Die Tyrannei hat immer unerwartete Bumerangeffekte.   

Israel, unsere neue Heimat der Hoffnung und Erneuerung

Heute ist Israel unsere neue Perspektive. Die Tyrannei der anderen Kulturen um uns herum, die die jüdische Identität oft stark belastet hat, scheint allmählich ein Ende zu finden. Wir können unsere eigene Identität wieder voll ausleben. Das ist der große Vorteil unseres eigenen jüdischen Landes. Das einzige jüdische Land der Welt, inmitten eines Meeres von Feinden.

Auch die jüdischen Geburtenraten steigen hier viel stärker als in den letzten hundert Jahren außerhalb Israels. All dies sind gute Zeichen für jüdische Widerstandsfähigkeit, Flexibilität, Hoffnung und Stolz. Das konnten wir nur hier in Israel wiederfinden. Am Jisraeel chai, Erets Jisraeel chaj – das jüdische Volk gedeiht in seinem eigenen Land.

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