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WESHALB SITZEN WIR ZU SUKKOT SIEBEN ODER ACHT TAGE IN LAUBHÜTTEN?

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WESHALB SITZEN WIR ZU SUKKOT SIEBEN ODER ACHT TAGE IN LAUBHÜTTEN?

Der lebendige Mensch steht im Mittelpunkt.

Neues gesellschaftliches Verständnis, neu entdeckte Begründungen.

Wir leben in einer Zeit, in der alles besser gehen soll oder werden. Unsere Kenntnisgesellschaft möchte kein Misslingen mehr. Moderne Menschen haben ihr Verlangen nach Glück in diese Welt verschoben. Alles muss hier und jetzt beständig gut, vollkommen und glücklich sein. Wir leben in einer Zeit der Selbstentfaltung, in der wir nach und nach alle Unvollkommenheiten hinter uns lassen werden.

Glück ist das neue Zauberwort. Glück und Genuss haben sich als Ziele verselbständigt. Glück scheint machbar. Und Erfolg scheint erfolgreichen Menschen ohne viel Mühe zugeflogen zu kommen. Aber der Mensch vergisst, das Vieles des uns vorgespiegelten Glückes nur fröhlicher Schein ist und dass unser Glück nicht wirklich in unserer Hand liegt.

Gleichzeitig leidet unsere Generation an einer unbestimmten, nicht greifbaren Angst, da unsere materielle Sicherheit nicht mehr so sicher ist, wie sie immer anscheinend ausgesehen hat. Menschen glauben noch überwiegend an sich selbst. Und auch das hat seine negative Seiten.

Sukkot lehrt uns, mit all diesen drei Aspekten um zu gehen:

1.    das Leben muss nicht nur Erfolg beinhalten, wir haben das Recht auf Mittelmässigkeit;

2.    aber trotz fehlender Sicherheit können wir grosse Simcha (Freude) empfinden;

3.    und wir müssen nicht alles selbst besorgen. Ein Auge von Oben ist oft eine grosse Hilfe.

Dieses sind die Lehren der Sukka. Aber dies ist überwiegend ein Rückblick in die Geschichte.

DIESES STEHT ALLES IN UNSEREN ÄLTESTEN QUELLEN:

Maimonides (12. Jahrhundert) erklärt in seinen MORE NEWUCHIM – Leitfaden für die Verirrten, dass wir in Laubhütten wohnen um uns daran zu erinnern, dass wir ursprünglich in grossen Sorgen und Wüstenbewohner waren (3:43).

Rabbi Ja’akov Asjerie (13. Jahrhundert) ergänzt dieses, dass wir damit an G’ttes grosse Wunder erinnern (Orach Chaim 625).

Ramban (Nachmanides, 13 Jahrhundert) gibt jedoch einen ganz anderen Grund an: „G“tt wollte, dass wir wissen sollten, wie die Juden in der Wüste durch die Ananej Hakawod, den Wolken der G’ttlichen Majestät, beschützt wurden“ (Lev. 23:42).

Raschbam, ein Enkelsohn von Raschi (13. Jahrhundert) betont weiter, dass die Juden in der Wüste in einem total unwegsamen Ort wohnten und dass wir für die Tatsache dankbar sein müssen, dass wir später in Eretz Israel, dem jüdischen Land, wohl feste Häuser, gefüllt mit allem Guten, bekamen.

Laut diesen Kommentatoren geht es bei der Sukka (Laubhütte) überwiegend um einen Rückblick in die Geschichte und nicht so sehr um die Zukunft.

UNTERRICHTENDER INHALT

Andere Erklärer (Meforschim) sehen in der Sukka einen unterrichtenden Gedanken, eine unterrichtende Aufgabe, so wie Rabbi Luntschits (18. Jahrhundert) schreibt: „G“tt hat uns angewiesen, unsere ständigen, festen Wohnungen zu verlassen und in eine zeitlich begrenzte Hütte zu ziehen, damit wir begreifen, dass diese Welt nur eine Vorübergehende ist und von wenig Wert. Wir sind hier auf Erden nur Fremde und keine Bewohner“. (gemeint ist nicht ständig und nicht ewig verbleibend)

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Rabbi Jonathan Eybeschuts (18. Jahrhundert) geht noch einen Schritt weiter, indem er sagt, dass es etwas Gutes ist, dass wir am Ende der Tage der Tschuwa (innerliche Einkehr) nach Rosh Hashanah und Jom Kippur, eine Art Gollah (Verbannung) auf uns nehmen, in dem wir unsere festen Häuser verlassen um deutlich zu zeigen, dass das ganze, irdische Geschehen in unseren Augen von vorübergehender Natur ist.

Die Sukka ist das Symbol von Vergänglichkeit und Mangel an Dauerhaftigkeit.

ERSTE KLIMA – ANLAGE

Diese pädagogische Annäherung an die Sukka basiert auf der Frage, weshalb G“tt die Juden in der Wüste nicht in festen Behausungen hat wohnen lassen.

Diese Frage ist um so tiefer gehend, wenn wir die Sukka nicht benennen als eine Hütte oder Zelt, sondern als Anane Hakawod, Wolken G’ttlicher Majestät. Obwohl die Anane Hakawod als erste Klima-Anlage in der menschlichen Geschichte wirkte, ist ihr zeitlicher Charakter evident.

PHARAOS VERSTEINERTER LIFESTYLE

Es fällt auf, dass nirgendwo steht, dass G’tt die Juden IN DER WÜSTE in Hütten hat wohnen lassen. Es steht nur: „dass Ich die Kinder Israels in Hütten habe wohnen lassen, als Ich sie aus dem Land Agypten herausgeführt habe“.

Es scheint wohl so, als ob die Thora die Sukka als ein Gegengewicht zu Mitsraim vorstellt, zur egyptischen Kultur.

Architektur und Anbetung von massiven, riesigen Strukturen standen im Mittelpunkt des alten Mitsraim (Egypten). Obelisken, Pyramiden, Abbilder von Pharao und von Götzen bestimmten die egyptische Gedankenwelt.

Unbewegbare Unvergänglichkeiten waren die Basis der egyptischen Denkart. Pharaonen waren Götter und wurden nach ihrem Tode in steinernen Kolossen verewigt. Die Zehntausende von Sklaven, die ihr Leben liessen um die Steine für die Pyramiden zu verarbeiten, waren in der egyptischen Denkweise unbedeutend. Totenkult war wichtiger Teil dieser Auffassungen.

HaSchem, G’tt ,wollte dieses unmenschliche Denken aus dem Jüdischen Volk entfernen. Sofort nach dem Exodus aus Egypten liess er Sein Volk in zeitlich begrenzten Hütten wohnen.

Hierdurch wird betont, dass es im Leben nicht so sehr um irdische Strukturen geht, die Menschenhände geschaffen haben.

DER LEBENDIGE MENSCH IM MITTELPUNKT

Der lebendige Mensch steht im Mittelpunkt. Es wird, symbolisch, kurzer Prozess mit der versteinerten Kultur von Egypten gemacht.

Keduscha, Heiligkeit wird uns zu Teil, wenn wir uns los lösen können vom materialistischen Ewigkeitsdenken, in dem Naturkräfte und menschliche Kreativität im Mittelpunkt stehen.

Im Judentum geht es um den Menschen und um seiner Beziehung zum Allmächtigen. Die Sechach, die Schilfbedeckung als Dach der Sukka, muss durchsichtig sein. Wir müssen nach oben schauen können und den Himmel aus unserer irdischen Wohnung sehen.

Wenn wir G’tt und den Mitmenschen vergessen, sind wir auf dem vollkommenen verkehrten Weg.

Das ist eine wichtige Lehre der Sukka, der unstabilen Laubhütte.

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Eine Antwort

  1. Der Satz: “1. das Leben muss nicht nur Erfolg beinhalten, wir haben das Recht auf Mittelmässigkeit.” der hat mich schwer beeindruckt. Einige Male in meinem Leben habe ich mich dem Erfolgszwang verweigert, Erfolg um jeden Preis? Ich, und ich war nicht immer allein, wollte dem Zwang Grenzen setzen. Wie schön war es da als unqualifizierte Arbeiterin, zwar nicht ganz, aber doch weit unten ohne Druck zu leben. Nur im Kopf und mit meinem Gewissen, und gerade da, habe ich mich zwar müde, aber frei gefühlt.

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