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DAS JÜDISCHE ERBRECHT – Parascha Pinchas

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DAS JÜDISCHE ERBRECHT – Parascha Pinchas

Parascha Pinchas (Bamidbar/Numeri 25:10 – 30:1)

Das Jüdische Erbrecht fußt auf die Schriftliche und die Mündliche Lehre, die beide auf dem Berg Sinai offenbart wurden und unzertrennlich mit einander verbunden sind.

Das Jüdische Erbrecht steht in Numeri 27:8-11 beschrieben:

„Wenn jemand sterben sollte während er keinen Sohn hat, dann sollst Du sein Erbgut (sein Erbe) auf seine Tochter übertragen lassen. Und wenn er keine Brüder hat, dann sollst Du sein Erbgut an die Brüder seines Vaters geben. Und wenn es keine Brüder seines Vaters gibt, sollst Du sein Erbgut seinem Blutsverwandten geben, der ihm von seiner Familie am nächsten steht und der soll es erben; und dieses soll für die Kinder Israels zu Chukat Mischpat – Rechtsprechung – sein, wie G“tt Mosche befohlen hat“.

Das Erbrecht ist zwingendes Recht

Die Hebräischen Wörter „Chukat Mischpat“ haben einen vollstreckenden Charakter. Chukim sind Gesetze, die darauf ausgerichtet sind, den Menschen zur Selbstkontrolle zu erziehen. Diese bilden die Grundlage für die Mischpatim – soziale Gesetze – die dafür gedacht und bestimmt sind, das Leben in der Gesellschaft zu regeln. Der Terminus Mischpat ist eine Fusion von zwei verschiedenen (unterschiedlichen) juristischen Begriffen.

Laut Maimonides wird dieser Terminus oder der Begriff in Zusammenhang mit dem Erbrecht verwendet, da es im Jüdischen Recht eine allgemeine Regel gibt, die besagt, dass eine Bedingung, die den Thora-Vorschriften direkt widerspricht, keine Bedingung sei.

Zu dieser Regel gibt es nur EINE Ausnahme, und die lautet: „In finanziellen Angelegenheiten ist im Prinzip jede Bedingung gültig“. Dieses ist ebenfalls die Ansicht von Rabbi Jehuda in vielen Talmudischen Diskussionen. In ausgesprochen rein finanziellen Angelegenheiten kann man abweichende Bedingungen vereinbaren, da jeder das Recht hat, um finanzielle Privilegien zu verurteilen oder um diese nicht zu akzeptieren.

man darf sein Vermögen an jeden verschenken

Das Jüdische Erbrecht ist teilweise Finanzrecht, aber nicht desto trotz gilt hierfür, dass es verboten ist, eine Bedingung zu machen, die den Thora-Vorschriften bezüglich Vererbung widerspricht. (Mit Vererbung ist das Erben gemeint). Der Hintergrund dieses Gedankens befindet sich in der Philosophie der Thora bezüglich des privaten Besitzes. Während des Lebens darf ein Mensch frei über sein Eigentum verfügen, soweit das Thora-Gesetz dieses erlaubt, und man darf sein Vermögen an jeden verschenken, an wem man möchte.

Erbrecht kann nicht durch testamentarische Vorgaben geändert werden

Nachdem man verstorben ist, ist das jedoch anders. Nach dem Tod kann man nicht mehr über das Vermögen bestimmen. Das Thora-Gesetz übernimmt die Leitung und das Erbrecht schreibt vor, was mit dem Vermögen des Verstorbenen erfolgen sollte. Dieses Erbrecht der Thora kann nicht durch testamentarische Vorgaben oder Anweisungen geändert oder angetastet werden.

Abweichende Anordnungen sind nichtig

Die Halacha lautet für die Umsetzung oder für die übliche Vorgehensweise, dass jede abweichende testamentarische Verfügung, die im Widerspruch zum Thora-Gesetz steht, ungültig ist. Dieses ist der juristische Effekt und die tiefere Bedeutung des Begriffes Chukat Mischpat, den die Thora in Zusammenhang mit dem Erbrecht verwendet. Die freie Verfügung über das Vermögen ist nur zu Lebzeit möglich. Sobald der Tod die Oberhand gewinnt, endet das Eigentum.

Maimonides hat es wie folgt in Worte gefasst:

„Niemand kann jemandem sein Vermögen vererben, der kein Erbberechtigter ist; niemand kann einen Erbberechtigten enterben, obwohl das Erbe nur eine finanzielle Angelegenheit ist. Der Grund dafür ist, dass die Thora besagt (Num. 27:11): „Es soll für die Kinder Israels eine Anordnung von  Recht sein (Chukat Mischpat)“. Die Thora deutet hiermit an, dass es eine unabänderliche Verordnung sei und dass davon nicht abgewichnen werden kann. Abweichende Bedingungen (oder Vereinbarungen), zu Lebzeiten oder beim Tod getroffen, mündlich  oder schriftlich, sind unwirksam. Wenn jemand deshalb sagt: „mein Erstgeborener soll oder wird keinen doppelten Anteil erhalten“ oder „mein Sohn N.N soll nicht zusammen mit seinen Brüdern erben“ ist dieses keine rechtsgültige Aussage“.

Ergänzung in Mischna und Talmud

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Eine zweite Aussage im Thora-Text verdient ebenfalls unsere Aufmerksamkeit: „so wie G“tt Mosche angewiesen hat“ (Numeri 27:11). Laut dem Kommentar von Nachmanides wird mit diesen Worten besagt, dass die Mündliche Auslegung als eine Art Erinnerung der Auslegung oder des Hinweises auf die Schriftlichen Regelungen zu betrachten sei. In der Schriftlichen Lehre gibt es viele Lücken, die durch die Mündliche Lehre angereichert werden.

Das Jüdische Erbrecht in Konfrontation mit dem sekularen Erbrecht

Es gibt viele Aspekte bei der Verteilung des Nachlasses, die nicht im Widerspruch zum Jüdischen Recht stehen.

Jedoch befinden sich im sekularen Erbrecht einige, sehr wichtige Abweichungen vom Jüdischen Erbrecht, die Erblasser und Erbnehmer mit dem Thora-Gesetz in Konflikt geraten lassen.

Diese Abweichungen lauten wie folgt:

·       Wenn es Söhne und Töchter gibt, erben die Töchter nicht.

·       Die Mutter erbt nicht von ihren Kindern (obwohl Kinder wohl ihre Mutter beerben), und auch Halbbrüder mütterlicherseits beerben einander nicht.

·       Eine dritte Regel, in der das Jüdische Recht vom zivilen Recht abweicht ist, dass der Mann seine Frau wohl beerbt, aber eine Frau ihren Mann nicht.

·       Der Erstgeborene erhält einen doppelten Teil des Nachlasses des Vaters.

Trotz allem haben die Chachamim dafür gesorgt, dass eine Mutter und die Töchter nach dem Tode des Mannes gut versorgt zurück bleiben; meistens selbst besser als die Jungs.

Die Erbfolge kaschern

Da das Nichtjüdische Erbrecht zwingendes Recht ist und der Nachlass durch einen Notar nicht anders, als dann dem Modell des sekularen Rechtes entsprechend aufgeteilt werden kann, sollte ein gewissensvoller Erblasser – neben der Verfügungsvorgabe und anderen Angelegenheiten – auch seine Erbfolge „koscher“ machen, wenn er seinen Töchtern und seiner Frau eventuell etwas vermachen möchte, als seinen Söhnen. Dieses erfolgt durch die Erstellung einer Schenkungsurkunde in der Form eines Testamentes. Ein hierzu geeignetes Testament kann auf verschiedene Weisen erstellt werden. Die Schenkung erfolgt zu Lebzeiten, wodurch das Thora-Erbrecht beim Ableben nicht übertreten wird.

Schenkung zwischen Lebenden und matnat schegiw méra

Derlei Akten können auf zwei Arten geschrieben werden: matnat bari (Schenkung zwischen Lebenden) und matnat schegiw méra (Schenkung kurz vor dem Tod auf dem Sterbebett).

Schenkung zwischen den Lebenden

Bei Schenkung in der Art von matnat bari ist es ausdrücklich erforderlich, dass im Testament eine ausdrückliche Willensäußerung von Übergang von Eigentum (kinjan) vermerkt wird, oder dass man die Dinge auf EINE der Arten, die als kinjan (eine formelle Tat des Schenkens) gelten, regelt, oder man bestätigt, dass man die Angelegenheit rechtsgültig dem Begünstigten in sein Eigentum hat zukommen lassen (laut den Poskim (Entscheider), die meinen, dass Anerkennung (kinjan odieta“) eine rechtmäßige Art von Schenken darstellt).

Ich gebe zu, dass es eine komplizierte oder verzwickte Materie ist, aber wir haben hierfür einfache Formulierungen in Deutsch, die auf Anfrage lieferbar sind. Auf diese Art und Weise haben unsere Chachamim das Jüdische Gesetz dem sekularen Staatsgesetz angepasst, im Hinblick auf die Umsetzung ins Praktische.

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