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„Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst“ – Parascha Achare Mot – Kedoschim

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„Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst“ – Parascha Achare Mot – Kedoschim

Parascha Acharei Mot Kedoschim

„Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst“

(19:18)

Rabbi Akiva ernannte im ersten Jahrhundert „liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst“ zu einer der Hauptregeln des Judentums. Sein Zeitgenosse Ben Asai verweist auf Bereschit/Genesis 5:1: „ Dieses ist das Buch der Menschen-Generationen. Am Tage, als G“tt den Menschen schuf, hat er ihn in G“ttes Ebenbild gemacht“.

Was ist der Grund von Bruderschaft? Dass alle Menschen in G“ttes Ebenbild geschaffen wurden. Deshalb sind alle Menschen gleichwertig. Jeder hat das Recht auf dasselbe Maß an Nächstenliebe.

Viele sind erstaunt oder verwundert, wenn sie erfahren, dass diese Hauptregel der Thora entstammt. John Stuart Mill zum Beispiel wurde sich erst im späteren Lebensalter davon bewusst, dass diese Regel bereits lange vor dem Neuen Testament bekannt war.

Ein Heide wollte, dass Hillel (erstes Jahrhundert) ihm die gesamte Thora beibringen sollte, während er auf nur EINEM Bein stand.

Hillel tat das und zitierte: „was Du nicht möchtest, dass Dir geschieht, das tue auch einem anderen nicht an. Das ist die gesamte Thora und der Rest sind Erklärungen“.

Die Moral der Thora ist nicht an physischen Grenzen gebunden. Sie gilt für jedermann. Rabbi Jehuda Hechassid (zwölftes Jahrhundert) sagte, „dass G“tt am Tag des G“ttlichen Gerichtes alle Völker wegen der Schändung des Gebotes „Du sollst Deinen Nächsten lieben wie Dich selbst“ zur Verantwortung rufen wird – da sie sich meistens nicht daran gehalten haben“. Rabbi Jehuda Hechassid war ein Mystiker. Er fasste alles zusammen, was die Propheten aus dem Tenach in ihrer Zeit über die Reichen gesagt hatten, die die Armen unterdrückten oder über die Völker, die einander unmenschlich behandelten.

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Hillel veränderte die Regel „liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst“ auf eine negative Art „was Du nicht möchtest, dass Dir geschieht, das tue auch einem anderen nicht an“. Das soll aber nicht bedeuten, dass sich das Judentum der Nächstenliebe auf negative Weise annähert.

In den ältesten Schriften ist bereits über die Nächstenliebe im positiven Sinne zu lesen, wie zum Beispiel Rabbi Elasar schreibt: „lasse die Ehre Deines Nächsten Dir so wertvoll sein, wie Deine eigene Ehre“ (Sprüche der Väter). Manche Neutestamentarier beanspruchen das Erstrecht für „liebe Deinen Nächsten, wie Dich selbst“. Das Monopol hierüber stammt jedoch aus der Thora von Mosche Rabbenu.

Aber das Judentum ist realistisch: die Gemeinschaft der Menschheit verlangt bezw. erfordert eine durchgehende Abwägung von Eigeninteressen, denen eines anderen gegenüber. Hillel sagte es bereits: „ wenn ich nicht für mich selber bin, wer wird dann für mich sein und wenn ich nur für mich selber bin, was bin ich dann?“.

Das Judentum kennt keinen Schwur zu Armut, bei dem man alles an anderen weg gibt. Nirgendwo in der Thora oder in den Schriften des Judentums steht, dass wir den Nächsten mehr als uns selbst lieben müssen. Und letztendlich muss man an erster Stelle an das eigene Leben denken. Das Judentum geht von einem gesunden Gleichgewicht von Interessen aus.

Der Talmud beschreibt eine schwierige Wahl (Bawa Metzia 59b). Wenn wir zu Zweit durch die Wüste gehen und wir haben lediglich EINEN Krug mit Wasser, der mir gehört, sollten wir dann beide trinken, damit wir uns den gegenseitigen Tod nicht ansehen müssen, oder darf der Eigentümer des Kruges mit Wasser diesen gänzlich aus trinken und auf Kosten des Anderen überleben?

Der Talmud zitiert zwei Meinungen. Ben Petora schreibt, dass beide den Krug mit Wasser leer trinken sollten, so dass der eine nicht den anderen sterben sehen müsste. Aber Rabbi Akiva sagt: „Nein, Dein eigenes Leben geht vor“. Er ergibt keinen Sinn, zwei Menschen sterben zu lassen, wenn das eigentlich unnötig ist, wie grausam das auch klingen möge. Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst ist realistisch. Es gilt ein deutliches Maximum. Letztendlich steht Dein eigenes Leben im Vordergrund.    

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