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RUTH UND CHESSED

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RUTH UND CHESSED

Schawuoth 5781

An Schawu’oth lesen wir die Megillat Ruth. Chasal, unsere Weisen vermerken, dass in dieser Megilla keine Halachot (Vorschriften) vorhanden sind und dass diese Megilla hauptsächlich ausgewählt wurde, um die entscheidende Rolle von Chessed im Jüdischen Leben zu betonen. Mein Vater – zichrono livracha – sagte es auf seinem Sterbebett: Am Ende geht es um Chessed, um Liebe! Die Liebe zu G‘tt und zu Ihren Mitmenschen. Aber was ist Chessed?

Chessed

Lässt sich der Begriff „Chessed“ definieren? Maimonides (More Newuchim 3:53) umschreibt ihn wie folgt: Gutes einem erweisen, dem man zu nichts verpflichtet sei. In Kürze zusammengefasst: Wohltaten ohne einen Grund hierzu.

Und deshalb wird alles Gute, das HaSchem (G“tt) uns erweist, Chessed genannt, denn G“tt ist uns gegenüber zu nichts verpflichtet.

Chasal, unsere Weisen, erklären (B.T. Suka 49b), dass es zwischen Chessed und Zeddaka drei Unterschiede gibt. Auf alle Fälle ist Chessed höher als Zeddaka angesiedelt. Zeddaka ist sicherlich wichtig, aber Chessed ist erhabener:

 –    Zeddaka wird nur an Arme gegeben, Chessed auch an Reiche, wie an eine wohlhabende Person, die plötzlich ohne Geld oder einen Schlafplatz dasteht. Er hat alles investiert und befindet sich eben zeitweise ohne Bargeld.

 –   Zeddaka kann nur mit Geld erfolgen, oder mit etwas Gleichwertigem. Chessed beinhaltet mehrere wohltätige Möglichkeiten: ein aufmunterndes Wort, einen guten Rat, Krankenbesuch, Trost spenden bei Verlusten.

–    Zeddaka wird nur an lebende Menschen gegeben. Chessed ist auch an Verstorbene möglich: der Aufwand einer Beisetzung betreffend und das Lernen für eine(n) Verstorbene(n) als „iluj neschama“ (der Aufstieg seiner oder ihrer Seele).

Speicherung von religiöser Energie

Es handelt sich hier um tiefgründige Gedanken, die bereits im Sohar (2. Jahrhundert) ausgiebig zur Sprache kommen: jemand verrichtet eine bestimmte Tat. In unserer Welt, hier, „unten“. Aber diese Tat hat auch „dort“, „oben“, eine Auswirkung. Es gibt keine einzige Tat, die keine Auswirkung hat. Die Tat bleibt dabei, sich fort zu setzen durch das Gesetz der Speicherung von religiöser Energie. Das Ziel ist nicht auf eine Auswirkung in der Olam Haba, im Gan Eden, gedacht. Nein! Es betrifft Auswirkungen in unserer heutigen Welt, in unserem tagtäglichen Leben.

Wenn jemand in unserer Gegenwart Chessed macht, leistet auch HaSchem Chessed von oben kommend in Richtung unserer Welt. Denn unsere Taten haben eine Auswirkung und eine gegenseitige Wirkung.

Die Tochter von Rabbi Akiwa

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Von Sternendeutern wurde Rabbi Akiwa darüber informiert, dass seine Tochter am Tage ihrer Chatuna (Hochzeit) sterben würde. Obwohl man solchen Geschichten keinen wirklichen Glauben schenken sollte, war Rabbi Akiwa doch in Sorge. Er wusste nicht, was er tun sollte. Seine Tochter heiratete. Am nächsten Frühmorgen ging Rabbi Akiwa sie besuchen, um nach dem Rechten zu schauen und ob alles gut sei. Sie erzählte ihm, dass sich ein regelrechtes Wunder ereignet hätte. Nach der Chatuna, in der Wohnung, hätte sie einen Nagel in die Wand geschlagen, um ihren Kopfschmuck (oder Kopfbedeckung) daran auf zu hängen. Am nächsten Morgen griff sie zur Kopfbedeckung, aber der Nagel kam mit aus der Wand heraus. Zusammen mit dem Nagel kam auch eine giftige Schlange, tot, mit aus der Wand heraus. Der Nagel hatte die Schlange anscheinend getötet und ihr das Leben gerettet.

Rabbi Akiwa fragte sie, welche Mitzwa (gute Tat) sie gestern gemacht hätte, dass ihr so ein Wunder zu Teil wurde. Sie erzählte: gestern war jeder mit den Vorbereitungen für die Chatuna beschäftigt und niemand sah den armen Mann am Eingang, der um Essen bat. Ich habe ihm dann meine Mahlzeit geschenkt.

Da verstand Rabbi Akiwa, wegen welchen Chessed sie gerettet wurde. Wir sollten eine Einzelheit richtig verstehen: Rabbi Akiwa’s Tochter spendete einem Armen Zeddaka. Und sie selbst, die nicht arm war, benötigte gerade Chessed, um vor einem gewissen Tod gerettet zu werden.

Wir sollten versuchen, etwas an Chessed zu leisten. Dann spricht HaSchem gewiss: „schau, Meine Kinder benötigen selber Chessed. Nicht desto trotz möchten sie kein Chessed nehmen, sondern geben. Dann würde ICH doch sicherlich Chessed zu geben haben“.

In schwierigen Zeiten sollten wir noch ein extra Chessed auf uns nehmen. Das erbringt dann extra Chessed von Oben. Die Interaktion zwischen unten und Oben beherrscht das Judentum.

Früher war Chessed eine Selbstverständlichkeit

In vorhergehenden Generationen war Chessed eine Selbstverständlichkeit. Niemand benötigte hierzu Aufforderungen. Aber in unseren Zeiten stellt sich das anders. Vor zwei Generationen ist ein großer Talmid Chacham (Gelehrter) emporgestiegen und hat diese Aufgabe auf sich genommen. Dieser Gelehrte hieß Rabbi Jisraejl Meir Kagan, oder nach seinem mehr bekannten Rufnamen: der Chafejtz Chaim.

Es wird erzählt, dass sich in der Jeschiwa (Lehrhaus) vom Chafejtz Chaim ein bestimmter Gemach (Wohltätigkeitsfonds) befand. Zeitweise gab es niemand, der diesen Gemach verwaltete. Der Chamejtz Chaim bat einen Schüler, nennen wir ihn Uri, den Gemach zu verwalten. Uri weigerte sich anfänglich, denn er würde dann weniger Zeit haben, um Thora zu lernen.

Der Chafejtz Chaim lächelte und bat Uri, die Gemara Rosch Haschana zu bringen. Uri tat das sofort, der Chafejtz Chaim schlug vor ihm die Seite 18 auf und zeigte, was der Talmud über zwei Gelehrte zu erzählen hatte. Der eine hieß Raba, der andere Abaje. Raba lebte 40 Jahre, Abaje 60 Jahre.

Die Witwe von Raba fragte geknickt, weshalb ihr Mann so früh gestorben sei, er hätte doch immerhin nie weniger Tora gelernt als Abaje. Und die Antwort war, dass Raba lediglich Tora gelernt hatte. Natürlich hatte Raba auch Chessed geleistet, aber er hätte noch mehr Chessed machen können, während Abaje Chessed in großem Maße an sein Tora-Studium angehängt hatte. Und also, entschied der Chafejtz Chaim für Uri, kannst Du die Verwaltung des Gemach mit machen, ohne zu befürchten, dass Du für das Thora-Studium zu wenig Zeit haben würdest.

Die Moral der Geschichte: die Nächstenliebe ist noch immer äußerst wichtig!

 Chag Sameach!   

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