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Der neue Antisemitismus

Israelkritik und Antizionismus ist nur eine Maske
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Berlin, Freitagabend ca. 23:00

Ich bin nach der Schabbatseuda (Schabbatmahl) mit einem Bekannten auf dem Heimweg. Weil ich in Deutschland aufgewachsen bin und schon ein wenig Erfahrung mit unseren Gastgebern hatte, riskiere ich es nicht, mich draußen spät abends in traditionell jüdischer Kleidung zu zeigen. Nicht dass ich mich dafür schäme jüdisch zu sein, aber warum sich unnötig gefährden?  

Mein Bekannter hingegen ist ein sehr stolzer Jude, sodass wenn er auf der Straße geht, es allen klar sein muss, dass er jüdisch ist. Hier sind wir also, ein Undercover-Jude und ein Jude in Uniform, mitten in Berlin-Wedding (türkisches Viertel) tief im Gespräch vertieft. Plötzlich wurden wir von einer kleinen Gruppe von 18-20 Jährigen Türken oder Arabern umkreist, ihre Augen voller Hass und Abscheu.

Ihre erste Frage, ob wir Juden seien, konnten wir nur mit einem schwachen Nicken beantworten. In Gedanken wog ich ab, ob es besser sei einfach zu flüchten oder um Hilfe zu rufen, letzteres schien mir jedoch weniger hilfreich, denn in diesem Viertel und um diese Uhrzeit wäre es eher unwahrscheinlich, dass uns jemand helfen würde.

Bevor ich jedoch reagieren konnte, folgte deren zweite Frage, welche mich stauen ließ: Sie wollten wissen, ob wir aus Israel seien. Auch wenn dies der Fall gewesen wäre, würde ich verneinen, aber wir beide konnten ehrlich antworten, dass wir keine Israelis sind. Die Enttäuschung in ihren Gesichtern versuchten sie sogar nicht zu verbergen und sagten einfach „Dann könnt ihr gehen.“ Man kann sich denken, was wäre, wenn wir ihre Frage so beantwortet hätten, wie sie es hören wollten…

In diesem Augenblick konnte ich mich nicht in ihre Worte vertiefen, weil ich zu sehr damit beschäftigt war, das Adrenalin in meinem Blut zu beruhigen und G´tt zu danken, diese Situation heil überstanden zu haben. Aber als mir nachts die ganze Episode durch den Kopf ging, kam ich zu einer erstaunlichen Schlussfolgerung: Es ist heutzutage sicherer in Deutschland Jude zu sein, als aus Israel zu kommen!

Die Experten im Bereich des Antisemitismus erklären, dass Antisemitismus in Deutschland ein neues Gesicht entfacht hat. Nach dem Holocaust und mit dem ständigen Gefühlt der Verantwortung für all die schrecklichen Geschehnisse kann die deutsche Bevölkerung keinen Antisemitismus in deren Mittel-und Oberschicht tolerieren lassen, sodass der alte hässliche Antisemitismus, welcher mit Nazis, Grausamkeit und Hass assoziiert wird, durch ein neues moderneres Gesicht ersetzt wurde:

Dieses neue Gesicht zeigt sich als „Israelkritik“ und Antizionismus und ist sehr in Mode. Im Gegensatz zum Antisemitismus scheint „Israelkritik“ die Forderung für Gerechtigkeit und Erbarmen mit den Palästinensern zu sein. Also alles ok, oder?

Aber die klugen Menschen unter uns verstehen, dass wenn „Kindermörder Israel“ und „Juden ins Gas“ auf denselben Demos parodiert wird, überhaupt nicht ok ist und der Drang nach Gerechtigkeit für die armen Palästinenser, nichts anderes als eine modische Maske für den alten und bekannten Antisemitismus ist.

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Written by Rav Dovid Gernetz

Der Autor wurde in Dnepropetrowsk, Ukraine geboren und ist in Berlin, Deutschland aufgewachsen. Er studierte zwei Jahre in einer Yeshiva in Zürich, Schweiz und anschließend zwei Jahre in einer Yeshiva in Gateshead, England. Seit seiner Hochzeit lebt er in Telz Stone in Israel.
Der Autor ist Vertreter von Imrey Deutschland e.V und verantwortlich für diese Website. Außerdem gibt er wöchentlich den Judentum.Online-Newsletter heraus und veröffentlicht zahlreiche Beiträge zu Themen rund ums Judentum.

Sprachen: Russisch, Deutsch, Englisch, Hebräisch

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Wuerde Gott uns nie verzeihen, dann haetten wir nichts an Teschuwa

Würde G“tt uns nie verzeihen, dann hätten wir nichts an Teschuwa und wir würden nie Teschuwa vollbringen – Parascha Wajelech