Das Mikdasch wird er Fokus des spirituellen Lebens
Der erste Teil dieser Parascha, zu dem wir den Kohen aufrufen (11:26-12:10), hat folgenden Inhalt: Segen erhalten wir, wenn wir die Mitzwot beachten und Fluch, wenn wir sie von uns weisen. Dieser Gedanke wird von Jehoschu’a bei den Bergen Gerisim und dem Berg Ewal wiederholt werden. Götzenbildnisse und Tempel sollen vernichtet werden. Dasselbe sollen wir nicht G“tt antun, was bedeutet, dass wir unsere Synagogen in Ehre zu halten haben und den Namen G“ttes nicht ausradieren dürfen. Das Mikdasch (der Tempel) wird der Fokus des spirituellen Lebens. Alle Opfer dürfen nur dort erbracht werden. Alle geheiligte Nahrungssorten (wie das zweite Zehntel und Früchte des vierten Jahres) sollen in Jerusalem gegessen werden.
Einzahl und Mehrzahl
Re’eh steht in der Einzahl. Aber der Passuk wird in der Mehrzahl fortgesetzt: lifnejchem (für Euch). Der Kli Jakar verknüft diesen „switch“ mit der berühmten Ma’amar Chasal (Aussage unserer Weisen), dass „wir zu allen Zeiten die Welt mit unserem geistigen Auge betrachten sollten, ob diese genau im Gleichgewicht sei, zur Hälfte Sechujot – Verdienste – und zur anderen Hälfte Awonot (Aweres)“ (B.T. Kidduschin 40b).
Im Eröffnungspassuk wir der Einzelne auf seine Verantwortung für den Klal – die Gesamtheit der Gemeinschaft – angesprochen. Unsere privaten Angelegenheiten betreffen im Grunde genommen jeden. Dieser Gedanke wird gerade hier betont, da wir so sofort zur Mitzwa von Har Gerisim und Har Ewal hinüber wechseln, wo „gesamt Israel für einander verantwortlich wurde“.
Gesamt Israel ist für einander verantwortlich
Alles, was die Toora hier propagiert, widerspricht den Normen und Werten der uns umgebenden Kultur. Im Allgemeinen besagt unsere Umwelt, dass was jeder privat macht, er oder sie mit sich selbst aus zu machen hat. Das geht niemand anderem etwas an. So ist es mittlerweile selbst gesetzlich geregelt. In einem Multi-Kulturellen Zusammenleben ist das ohne weiteres zu verstehen, wo Hunderte sehr auseinander driftende Lebensansichten auf einigen Tausend Quadratkilometern zusehen müssen, wie sie ohne größere Probleme zusammen den Alltag schaffen. Das Jüdische Volk jedoch wird als eine viel größere, bildende Einheit wahr genommen, da es eine geteilte Lebensanschauung und ein gemeinschaftliches Ziel hat.
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Heute lege ICH Euch den Segen und den Fluch vor
Und was bedeutet das Wort „Hajom“ – heute lege ICH Euch den Segen und den Fluch vor? HaSchem gab Am Israel genügend Bedenkzeit, bevor sie die hoch stehende gegenseitige Verantwortung auf sich in Eretz Israel nehmen würden. Ganz freiwillig haben wir das alles angenommen: weder übereilt noch unüberlegt. Dieses deutet auf ein hohes Maß an Einheit und Zusammenhörigkeit, das Am Israel während der langen Reise durch die Golus (die Verbannungen) immer gekennzeichnet hat.
ICH G“tt habe mich nicht verändert
Aber dahinter verbirgt sich noch ein tieferer Gedanke. Hajom deutet auf die Quelle des Tages – die Sonne. Die Sonne hat oft sich widersprechende Effekte: sie schmilzt den Wachs, aber verhärtet das Ei. Das Gesicht der sonnenbadenden Person ist gebräunt, aber das Kleidungsstück wird strahlend weiß. Alle diese unterschiedlichen Effekte des Sonnenlichtes deuten nicht auf Änderungen in der Sonne hin, sondern vielmehr auf die auseinander laufenden Arten, auf die das Sonnenlicht durch die Empfänger eingefangen und verarbeitet wird. Das gleiche gilt für „Beroches und Keloles“ – Segen und Fluch. Obwohl beide Himmlische Einflüsse unterschiedlich auf uns einströmen, sind sie beide doch aus EINER und derselben Quelle entspringend, die besagt: „ICH G“tt habe mich nicht verändert“ (Malachi 3:6). Von G“tt kommt weder Gut, noch Böse. Es ist die menschliche Entgegennahme, die alles färbt und „auszeichnet“, etikettiert.
Die Beracha, wenn Du zuhören wirst
„Die Beracha, wenn Du zuhören wirst“: beim Fluch steht, dass dieser gilt, wenn man nicht zuhört und vom Weg abweicht (das soll bedeuten auch verkehrt handelt). Aber die Broche erhalten wir bereits, wenn wir nur zuhören, denn auch bei nur einem „guten Gedanken und Wille wird es bereits angerechnet, als ob man die gute Tat, die man sich vorgenommen hat, bereits ausgeübt hat“. So lernen wir auch unseren Mitmenschen, der zu diesem Augenblick vielleicht noch nicht viel Gutes tut, aber diese positive Vorhaben wohl hat, viel mehr zu schätzen.