TSOM GEDALIA Das Fasten von Gedalia
Das Fasten von Gedalia (Tsom Gedalia) fällt auf 3 Tishri, dieses Jahr am 21. September 2020. Man fastet vom ersten Moment des Tages (in Düsseldorf 5:38 Uhr) bis zu den drei Sternen 20:13 Uhr (oder etwas später).
Wir fasten wegen der Ermordung von Gedalia, dem gute Gouverneur von Judäa. Sein Tod setzte der jüdischen Autonomie nach der Zerstörung des Ersten Tempels ein Ende.
Als der babylonische König Nebukadnezar Jerusalem eroberte, tötete oder vertrieb die meisten Einwohner und ernannte Gedalia, den Sohn des Achikam, zum Gouverneur der Provinz Judäa. Viele Juden, die in die Nachbarländer geflohen waren, kehrten nach Judäa zurück.
Baalis, König von Ammon, war jedoch feindselig auf die jüdischen Überreste und schickte Jischmael ben Netania, der aus der königlichen Familie von Judäa stammte, um Gedalia zu töten. Im siebten Monat (Tischri) des Jahres 582 vor, traf der Mörder in der Stadt Mitzpa ein. Gedalia wurde vor der mörderischen Absicht seiner Gäste gewarnt, weigerte sich aber, seinen Informanten zu glauben.
Die zehn Tage der Bekehrung
Aber es gibt noch einen weiteren Grund zu fasten. Tsom Gedalia ist der erste Arbeitstag in den zehn Tagen der Teschuwa. Der König (HaSchem) ist in der Nähe und wartet auf unsere Teschuwa. Es gibt viele Aspekte des Fastens, und einer davon ist, dass das Fasten hilft, Teschuwa zu tun. Aber was sind die vielen Hintergründe des Fastens?
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Die Alternativmedizin weist auf den Nutzen des Fastens hin: Giftstoffe, die über die Nahrung oder das Einatmen von verunreinigter Luft in den Körper gelangen, werden hauptsächlich in den Fettschichten gespeichert. Fasten reinigt daher den Körper und entfernt Giftstoffe. In den alten jüdischen Quellen hingegen wird die positive Wirkung des Fastens auf den Körper nicht beschrieben. Laut Maimonides, dem berühmten Arzt und Philosophen aus dem Mittelalter, werden die meisten Krankheiten durch übermäßiges Essen verursacht. Deshalb rät er, nur dann zu essen, wenn man wirklich hungrig ist. Ein weiterer Gesundheitstipp ist, nicht so lange zu essen, bis man pappsatt ist. Sorgen Sie stattdessen immer dafür, dass Sie nur zu drei Vierteln satt werden!
Die Tora kennt ausschließlich das allgemeine Fasten an Jom Kippur, das jeder Jude zu beachten hat. Darüber hinaus gibt es weitere Fastentage in der rabbinischen Literatur, die jeder berücksichtigen sollte. Dies sind hauptsächlich Tage, die zum Gedenken an die Zerstörung des Tempels eingeführt wurden und nach dem Wiederaufbau des Zweiten Tempels nicht mehr beachtet wurden. Doch nach der Zerstörung des Zweiten Tempels durch die Römer im Jahre 70 n.d.Z. wurden diese »alten« Fastentage wieder eingesetzt. Es sind Tischa BeAw (der 9. Aw), Schiwa Asar BeTamus (der 17. Tamus), Asara BeTewet (der 10. Tewet), und Zom Gedalia (am 3. Tischri).
Darüber hinaus dient Fasten verschiedenen Zwecken: Zum Beispiel versucht man dadurch, von G’tt Vergebung und Mitgefühl zu erlangen. Häufig geschieht dies, nachdem eine Person eine Übertretung begangen hat und eine Bestrafung befürchtet oder bereits teilweise erfahren hat. Fasten ist oft Teil eines Gesamtregimes, in dem der Körper »geläutert« wird: Man schläft auf dem Boden, wechselt seine Kleidung nicht und wäscht sich auch nicht. Der Ausdruck »Sitzen auf Sack und Asche« stammt ursprünglich aus der Tora und bezieht sich auf Menschen, die nicht nur fasteten, sondern auch Lumpen anzogen und in Asche saßen, als Zeichen von Trauer, Bedauern oder Demut. Indem man sich auf diese Weise herabließ, hoffte man auf Vergebung der Sünden. Aber auch ein ganzes Volk konnte fasten, zum Beispiel zur Vorbereitung auf einen Krieg oder zur Abwendung eines Krieges. Auch landwirtschaftliche Katastrophen wie Ernteausfälle konnten ein Grund für Fastentage sein. Und schließlich konnte auch der Tod eines Königs, Propheten oder anderer großer Führungspersönlichkeiten einen Grund zum Fasten darstellen.
Wichtig ist vor allem: Fasten soll niemals Selbstzweck sein. Ziel ist es, eine gestörte Beziehung zu G’tt wiederherzustellen. Das Fasten dient der Buße; nur, wenn man die Übertretung wirklich bereut, ist man bereit für die Vergebung. G’tt sorgt dafür, dass eine Katastrophe, die nach Ansicht der Tora oft als Warnung dient, nicht eintritt oder ein (gutes) Ende nimmt. In der Vision der Tora geschehen Katastrophen niemals »einfach so«; sie sind das Ergebnis des Verhaltens der Menschheit. Wenn ein Volk sündigt, kann das körperliche Folgen haben: Krieg, Krankheit oder Dürre. Durch Buße werden diese Folgen beseitigt. Der Prophet Jeschajahu kritisierte Menschen, die besonders auf das äußere Erscheinungsbild ihres Fastens achteten: »Sie sind schief wie Schilf und verstecken sich in ihren Taschen und der Asche.« Einem hungrigen Menschen Brot zu geben, und verarmte nackte Menschen zu bekleiden, führt hingegen dem Propheten zufolge zu einem echten Fasten. Zudem scheint Fasten ein Mittel zu sein, mit der geistigen Welt in Kontakt zu kommen. Zum Beispiel erzählt uns Mosche, dass er 40 Tage auf dem Berg Sinai ohne Wasser und Brot verbrachte. Am Ende dieser 40 Tage gab G’tt ihm die Steintafeln, die von Ihm selbst mit den Zehn Geboten beschrieben wurden.
Zur Zeit des Zweiten Tempels legten verschiedene jüdische Gruppen großen Wert auf das Fasten als asketisches Ideal. Der Talmud lehnt dies tendenziell ab; einige Gelehrte glauben sogar, dass eine Person, die diesem Ideal nacheifert, ein Sünder sei. Denn ein Mensch sollte genügend spirituelle Inspiration in den Geboten und Verboten der Tora finden. Sich noch weiter zu verleugnen, wird als »sündig« angesehen. Außerdem ist das Studium der Tora wichtiger als Fasten. Aus diesem Grund wäre es besser, wenn ein Talmudgelehrter nicht fastet – außer an den Fastentagen, die für alle obligatorisch sind. Denn durch das Fasten wäre er so geschwächt, dass er die Tora nicht mehr richtig studieren kann.