I: DIE WOHNSTÄTTE G“TTES SYMBOLISIERT DER BERG SINAI, AN DEM ALLES BEGANN
Waren Sie jemals in Ekstase, hatten Sie jemals ein außerordentliches, überwältigendes Erlebnis, waren Sie jemals berauscht vor Glück, hatten Sie ein erweitertes Bewusstsein oder eine spirituelle Steigerung?
Die überwältigenden Empfindungen können sich auf jedem Gebiet ergeben: über Kunst und Wissenschaft bis zu Liebe und Mystik. Um was es mir geht, ist die mystische Höchstempfindung, die eigentlich Teil eines oder einer Jeden sein müsste, wenn er oder sie mit dem Judentum in Verbindung kommt.
Eine mystische Höchstempfindung entsteht, wenn Du Dich selbst und Deine irdischen Fesseln nach und nach verlierst. Du steigerst Dich selber in die Ausrichtung auf eine gewaltige, fast sinnliche Wahrnehmung des G“ttlichen in der Welt, gleichzeitig Ehrfurcht erweckend, aber auch intensiver Genuss.
Dieses Eintauchen ins G“ttliche erfolgt zusammen mit und erzeugt ein starkes Gemeinschaftsgefühl, ein tiefgehendes Empfinden von Vereinigung, Sympathie und Wohlwollen mit der gesamten Menschheit.
Höchstempfindungen beinhalten diese beglückende Eigenschaft, selbst die einfachen und grundsätzlichen Gegebenheiten immer wieder frisch und naiv, mit Ehrfurcht, Freude, Verwunderung und selbst mit Ekstase entgegen zu nehmen, wie altbacken diese Erfahrungen für Andere auch geworden sein mögen.
Am Berge Sinai hatten die Juden durch ein außergewöhnliches Erlebnis so ein Höchstempfinden. Sie erlebten das G“ttliche direkt und unglaublich nahe. Laut der alten Überlieferung verloren sie ihr Leben selbst bei jeder G“ttesaussage, da ein Mensch nicht gleichzeitig das hören und am Leben bleiben kann. Jedes Mal wiederbelebte sie das Empfinden jedoch, so dass sie das nächste der Zehn Gebote hören konnten. Jeder durchlebte dort vor dreitausenddreihundert Jahre am Fuße des Berges Sinai eingehende mystische Begegnungen mit dem Überirdischen.
Dieses Gefühl wollten die Juden fest halten. Dieses Höchstempfinden der Begegnung mit dem Allmächtigen würde künftig im Tabernakel möglich werden.
„Schaffe Mir ein Heiligtum, so dass ICH zwischen Euch wohnen kann“(25:7). Mit diesem Eröffnungssatz aus der Parascha von voriger Woche (Teruma) endet die Parascha von dieser Woche auch wieder. Die Erstellung des Heiligtums in der Wüste hatte als Ziel, G“tt zwischen den Menschen wohnen zu lassen, wie eigenartig das vielleicht auch
erscheinen mag. Die Sinai-Wahrnehmung erfasste jeden Bereich und war immer zugänglich. Die Sinai-Wahrnehmung, das Erfolgte, reiste mit ihnen überall mit.
Handelte die Parascha der vorigen Woche hauptsächlich vom Zelt der Begegnung und der Gegenstände – dem „Mobiliar“ des Heiligtums, der Bundeslade, der Menorah und dem Tisch mit den Schaubroten – stehen diese Woche die Menschen, in Person der Kohanim (Priester) mit ihrer Kleidung, im Mittelpunkt.
G“tt ließ Seine Anwesenheit auf dem Berg Sinai ruhen, wo die Thora gegeben wurde: „Die Gloria von HaShem (G“tt) ruhte auf dem Berg Sinai und die Wolke bedeckte sie… die Erscheinung von HaShems Gloria wird als ein verzehrendes Feuer auf dem Gipfel des Berges durch die Kinder Israels gesehen“ (24: 16-17).
Nach der Fertigstellung des Heiligtums steht ein gleichlautender Ausspruch: „Denn die Wolke von HaShem ruhte tagsüber auf der Wohnung und nachts war da ununterbrochen ein Feuer drin, für alle Juden auf allen ihren Wegen sichtbar (40:34-38).
Mit der Wohnung war ein daher ziehender Berg Sinai gemeint, auf dem durchgehend G“ttliche Einflussnahme bestand und von dem Beseelung ausging. Welch ein spiritueller Luxus in dieser unbarmherzigen Wüste!
Diese Woche stehen der Dienst und die Kleidung der Kohanim (Priester) im Mittelpunkt. Zuerst hat G“tt Sein Heiligtum eingerichtet. Aber ohne Menschen und Aktivitäten war es ein leerer Tabernakel.
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Im Heiligtum konnten die Menschen ihren Eindrücke des Oberirdischen und Übernatürlichen erhalten. Täglich erfolgten dort die Dienste des Weihrauchs und der Opferungen.
Die Opferungen symbolisierten die Notwendigkeit, das Irdische zu etwas Spirituellem zu erheben und der Weihrauch symbolisiert die Verbindung zu G“tt. Diese Woche ist der Mensch an der Reihe, den G“ttlichen Fluss von Oben in irdische Erhebung um zu setzen. Der Mensch wird eingeladen, etwas zurück zu tun…
II: „reines, gestoßenes Olivenöl für den Leuchter, um andauerndes licht zu entzünden“ (27:20)
Dieses ist das Gebot, um die Menorah (den Leuchter) im Heiligtum zu entzünden. Das Wort „gestoßen“ (katit) hat einen Zahlenwert von achthundertunddreißig und nimmt Bezug auf die Zahl der Jahre, in denen die Menora im ersten und im zweiten Bejt HaMikdasch geleuchtet hat. Der Erste Tempel blieb vierhundertzehn Jahre und der Zweite Tempel vierhundertzwanzig Jahre bestehen.
Rabbi Jitzchak Karo weist darauf hin, dass sich das Ende des Verses (um andauerndes Licht zu entzünden) auf den Dritten Tempel bezieht, der ewig bestehen bleiben und in dem das Licht der Menora nie verlöschen wird.
Rabbi Mosche Lejb aus Sassov sagt, dass die Worte „katit la ma’or“ nachstehendes bedeuten: erst wenn der Mensch seinen Jetser Hara (bösen Trieb) zerstört (wörtlich kaputt stößt), kommt er in Betracht, eine leuchtende Quelle für andere zu sein und den Glanz der Schechina ( G“ttliche Präsenz) aus zu strahlen.
Etwas Ähnliches sagt auch Rabbi Mosche Mikubrin: wenn Du gestoßen bist (zu verstehen: böse behandelt) und alle Lüste, Leidenschaften und schlechte Angewohnheiten in Dir selber aufgeräumt hast, kannst Du die Sechut (den Verdienst) schmecken, um an der Himmlischen Ausstrahlung Teil zu haben.
III: WEIß, WAS DU ZU ANTWORTEN HAST
Der Italienische Erklärer Sforno (vierzehnhundertfünfundsiebzig bis fünfzehnhundertfünfzig) besagt, dass wir den Mischkan nach der Sünde des Goldenen Kalbes erhalten haben. Das Erbauen des Tabernakels wurde notwendig, um an zu deuten, dass die Sünde des Goldenen Kalbes verziehen sei. Es war eine Antwort an die Spötter, die meinten, G“tt hätte das Jüdische Volk verlassen.
Auch wir müssen wissen, was wir unseren Widersachern antworten sollen. Ich las eine wunderbare Dewar Thora von Rabbi Label Lamm, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte.
Eine prächtige Anekdote aus dem Midrasch: „Der böse Turnus Rufus fragte Rabbi Akiva: „Weshalb wird der Name G“ttes in den ersten fünf der Zehn Gebote genannt, aber nicht in den letzten fünf?“ Rabbi Akiva ging in Rufu’s Palast und in dessen Waffenkammer hinein. Turnus Rufus zeigte ihm alle seine Waffen. Anschließend ging Rabbi Akiva in dessen Badezimmer und fragte ihn: „Weshalb bewahren Sie nicht einen Teil Ihrer Waffen hier auf?“ Turnus Ruffus antwortete: „Es wäre eine Schande, sie in so einem ungeeigneten Ort auf zu bewahren!“, worauf hin Rabbi Akiva antwortete: „So ist es auch mit den ersten fünf Geboten. Diese bilden einen ehrenvollen Zusammenhang. Die letzten fünf betreffen Mord, Ehebruch, Raub, Falsche Zeugnisaussage und Lust. G“tt wollte Seinen Namen hiermit nicht assoziieren“.
„Antworte einem Verrückten (Gestörten) entsprechend seiner Verrücktheit (seinem gestört sein)“ rät König Schlomo (Salomo) in Mischlej. Das ist eine alltägliche Anforderung.
Ich war einst im Begriff, ein Gefängnis zu betreten, um Jemanden zu besuchen, als der Wächter mich fragte: „Weshalb traget Ihr Hüte und weshalb kleidet Ihr Euch so?“ Ich erklärte ihm, dass nur durch die Kleidung ein deutlicher Unterschied besteht zwischen Bewacher und Häftling. Der Bewacher trägt ein graues Hemd mit ein Paar Streifen und der Häftling trägt ein beiges Hemd.
Jeder trägt eine bestimmte Uniform. Selbst diejenigen, die sagen, dass sie hier nicht mit machen, tragen die gleiche Art von Kleidung. Ihre Uniform besagt: „Ich bin ein Wächter“ und die meinige besagt: „Ich bin ein Wächter, aber dann einer anderen Art“.
Eine russische Jiddische Mame suchte eine Wohnung für ihre Tochter. An einem bestimmten Zeitpunkt stand sie einem antisemitischen Bürokraten der Kommunistischen Partei gegenüber, der sie sofort für den Mord an seinem G“tt beschuldigte. Sie fragte ihn damals: „Weshalb hast Du mich dann nicht aufgehalten?“. Er antwortete: “Ich war nicht dort!“. Da sagte sie: „Ich auch nicht!“ und sie bekam die Wohnung.
Wir müssen nicht immer antworten, aber es ist wichtig, zu wissen, „was zu antworten“ sei.