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Wahrheit zum Krankenbett

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Wahrheit zum Krankenbett

* Das Leben und den Tod habe ich Euch vorgelegt, den Segen und den Fluch; Ihr werdet das Leben wählen, damit Ihr und Euere Kinder leben sollen“. (30:19). Diese philosophisch anmutende Vorgabe bekam für mich ganz scharfe, praktische Kanten, als für mich die Frage anstand, ob Patienten das Recht haben, alles in Bezug auf ihre Krankheit zu erfahren.

* Wir gehen davon aus, dass Lebenserhalt wichtiger ist als die Wahrheit. Vor ungefähr fünfundzwanzig Jahren fanden viele im Gesundheitsbereich tätige Personen, dass Patienten allumfassend über ihren medizinischen Zustand aufgeklärt werden müssten: dass Patienten hierauf ein Recht haben und um sie „in ihrem Leid wachsen zu lassen“. Mit der Endlichkeit des eigenen Lebens im Blickfeld, würde das Leben eine zusätzliche Größenordnung erhalten, die man dem Patienten nicht vorenthalten dürfe.

* Die Thora besagt tatsächlich, dass man sich „weit weg von der Unwahrheit halten solle“ (Schmot 23:7). Aber andererseits gilt, dass „der Mensch, der sich der Thora nähert, hierdurch leben wird“ (Wajikra 18:5). Durch das Aufeinandertreffen von Normen und Werten entsteht eine ethische Hierarchie.

  • Das Judentum geht davon aus, dass die „nackte“ Wahrheit höheren Werten und Interessen untergeordnet ist. In Bereschit findet sich hierfür ein Beispiel. Die Engel berichteten Sarah und Awraham über die Geburt eines Sohnes: „Da lachte Sarah in sich hinein. Sie sagte: würde ich noch Wohllust verspüren, nachdem ich schon im Leben so weit fortgeschritten bin? Mein Mann ist außerdem alt!“ (18:12).

Laut der traditionellen Erklärung meinte Sarah, dass sowohl sie wie Awraham alt seien, zu alt. In Seiner Unterredung mit Awraham lässt G“tt diese letztere Einzelheit weg und  ER erzählt  Awraham nur, dass Sarah lachte, da sie sich selber zu alt empfand, um noch zu gebären: „werde ich doch noch gebären, obwohl ich mittlerweile alt bin?“ (ibid. 18:13).
Würde G“tt Sarah’s Bemerkung vollständig an Awraham weiter gegeben haben, könnte der vielleicht etwas sauer geworden sein. Bekanntlich ist Schalom Bajit – häuslicher Frieden – viel wichtiger, als die vollständige Wahrheit.

  • Nach der erfolgten Diagnose einer fatalen Krankheit ist die Rede von einem Konflikt über Werte und Wunschvorstellungen. Der Arzt und der Patient vereinbaren einen Behandlungsweg mit gegenseitigen Rechten und Pflichten. Patienten haben ein bestimmtes Recht auf Auskunft über ihren Zustand. Sie messen auch genauen Angaben großen Wert bei: um Entscheidungen treffen zu können, wichtige Angelegenheiten definitiv zu regeln, die nötigen vorsorglichen Maßnahmen für die engere und erweiterte Familie fest zu legen, ethische und finanzielle Testamente zu erstellen und um sich selber und seine Familie auch geistig auf das nahende Ende vor zu bereiten.
  • Andererseits haben Untersuchungen gezeigt, dass Mutlosigkeit, extreme Angst, Depression und Hoffnungslosigkeit den Tod schneller herbei führen. Medizinische Vorsorgebetreuer müssen im Prinzip alles Mögliche unternehmen, um zu vermeiden, dass Patienten entmutigt werden oder in eine Depression geraten. Der Talmud behandelt diese Verhaltensvorgaben mit konkreten Bestimmungen. EINE davon lautet, dass man einen Kranken nicht darüber informiert, dass ein Familienmitglied seinen letzten Weg angetreten hat. Dieses würde den Tod des Patienten beschleunigen können (B.T. Moejd Katan 26b).
  • Um mentalen Stress, Hoffnungslosigkeit oder ernsthafte Unsicherheit zu vermeiden, darf man laut dem Talmud schon mal die strengsten Verbote übertreten. So darf man selbst vor einer blinden Wöchnerin Licht anmachen am Schabbat, indem sie durch die Gewissheit, dass ihre Betreuerinnen in einem beleuchteten Raum sofort auf ihre Bedürfnisse reagieren und auf ihre Handzeichen tätig werden können, somit beruhigt wird. (B.T.Schabbat 128b).
  • Die äußerst vorsichtige Informationsvermittlung an Patienten wird auch im Jüdischen Codex formuliert. Diese Grundhaltung wird auch in vielen anderen Bestimmungen näher ausgearbeitet. Die Vermeidung von psychischem Durcheinander (Tiruf Hada’at) hat also eine hohe Priorität.
    Das Eine oder Andere wird noch durch den Auftrag erschwert (Schulchan Aruch, Joré Dé’a 335:7), vor dem Sterben mit sich selber ins Reine zu kommen, innere Umschau zu halten, ein verbales Sündenbedauern ab zu legen und auch alle finanzielle Angelegenheiten, wie Schulden, ab zu wickeln. Der Arzt, der Rabbiner oder die Familie müssen zusehen, den im Endzustand befindlichen Patienten zu diesen Abwickelungen des Lebens zu bewegen, ohne ihm das Gefühl zu geben, dass „es fast abgelaufen ist“.

Die Mitglieder der Jüdischen Begräbnisgesellschaft (Chewra Kaddischa) in Berlin fanden einen Ausweg aus diesem Engpass. Als festen Brauch besuchten sie jeden Kranken in der Stadt am dritten Tag. Allen Patienten wurde mitgeteilt, dass dieses ihre feste Regelung war, ungeachtet der Schwere der Krankheit.
Mit allen Patienten wurden die Wörter aus dem Jüdischen Codex durchgenommen, die die Botschaft an den Kranken kurz aber kräftig formulieren: „Viele haben ihre Sünden bereut und sind nicht verstorben, während Andere ohne Sündenbekenntnis (Widuji) gestorben sind“.
Die  Standardprozedur führte nicht zu übermäßigen Angstzuständen bei den besuchten Kranken. Meistens wurde das angestrebte Ergebnis erzielt.

Wähle das Leben – auch unter endgültigen Umständen.

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Sterben is trotzdem unser Schicksal…Selbst MOSCHE RABBEJNU’s.

DIE LETZTEN TAGE UND TATEN VON MOSCHE RABBEJNU

„Mosche ging damals und sprach diese Worte zu ganz Israel; er sagte zu ihnen: „Ich bin jetzt hundertundzwanzig Jahre alt – ich kann nicht mehr hinaus gehen oder hinein ziehen und G“tt sagte zu mir: den Jordan wirst Du nicht überschreiten….. Jehoschua wird an Deiner Stelle überschreiten, so wie G“tt es befohlen hat“ (31:1-3).

Raschi erklärt, dass der Ausspruch „Ich kann nicht mehr hinaus gehen oder hinein ziehen“ sich auf Thora-Kenntnis bezieht: „Es lehrt uns, dass die Traditionen und die Quellen der Weisheit für Mosche geschlossen waren“. Dieses ist merkwürdig, da wir am Schluss der Thora lernen, dass „Mosche auch nicht verwirrt und seine Kraft nicht gewichen war“ (34:7). Daraus geht hervor, dass Mosche physisch noch hundert Prozent funktionierte. Mosche scheint im Hauptteil 33 noch im Stande zu sein, das Jüdische Volk zu warnen, es zu segnen und sie über die Gebote zu unterrichten. Auch komponierte er das Lied Ha’asinu. Weiterhin schreibt er die erste Sefer Thora ab. Wie müssen wir Raschi’s Kommentar verstehen?

Der Midrasch erzählt, dass Mosche zeitweise keine Macht mehr über seine Kenntnisse hatte. Der Midrasch schildert eine herzzerreißende Diskussion. Mosche bittet HaSchem, G“tt, ihm den Zugang nach Israel zu genehmigen. G“tt antwortete, dass er sterben müsse. Seit Adam muss jeder sterben. Mosche akzeptierte dieses in der ersten Instanz nicht: „Adam war ein Sünder, aber ich bin dem Himmel gefolgt. Ich war wie ein Engel. Ich sprach mit DIR und habe die Thora aus DEINEN Händen empfangen. Herr der Welt, nimm bitte Deinen Platz auf dem Thron der Gnade ein, so dass ich nicht sterben muss!“.

G“tt antwortete, dass selbst die Gerechten sterben müssen. Als Mosche sah, dass G“tt nicht zu erweichen war, wandte Mosche sich an den Himmel und an die Erde, an die Sterne und an die Himmelskörper, an die Berge und an die Hügel und selbst an den Großen Ozean. Aber alle bekräftigten, dass auch sie am Ende aller Tage verschwinden würden.

Am Vorabend von Rosch Hashana bitten wir G“tt, uns ein gutes Jahr zu schenken.
Aber um welche Art des Lebens bitten wir?
Suchen wir ein Leben, wie Mosche, dem Wachstum und dem spirituellen Wohlergehen des Jüdischen Volkes gewidmet, oder leben wir ohne höheres Ziel? Lass uns überlegen, bevor wir G“tt bitten. Wenn wir allein und ausschließlich nur für uns selber leben, was ist dann unser Ziel oder Zweck auf Erden?
Schana tova!

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Wir schreiben eine neue Torah-Rolle in Wien

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