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ALTERNATIVE HEILKUNDE – Alternativmedizin

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ALTERNATIVE HEILKUNDE – Alternativmedizin

Oberrabbiner R. Evers LL.M MSc

Akkupunktur, Aromatherapie, Ayurveda, Bach-Blüten-Therapie, Chelat-Therapie, Homöopathie, Hypnotherapie, energetische Therapien (Energetic Touch/Healing, Handauflegung, Reiki u.a.), Reinkarnationstherapie, Shiatsu bis hin zu Yoga: sie alle, und noch viele mehr, sind Heilmethoden, die zur Alternativmedizin gerechnet werden.

Die staatlichen Gesundheitswesen in den europäischen Ländern stehen der Alternativmedizin eher ablehnend gegenüber. Jeder darf heutzutage den Versuch starten, andere zu heilen, vorausgesetzt, dass er anderen keinen Schaden zufügt. Bislang organisiert sich die Berufsgruppe der Anwender alternativmedizinischer Therapien selbst und legt ihre eigenen Qualitätsstandards fest. Einzig und allein bei den Zulassungsverfahren der homöopathischen und phyto-therapeutischen (pflanzlichen) Arzneimittel redet der Staat ein Wörtchen mit. Ihre Zulassung und Registrierung wird oft von heftigen Meinungsverschiedenheiten begleitet und die Zulassungsverfahren werden oft im Gerichtssaal ausgetragen.

Mit der Registrierung bescheinigt der Gesetzgeber nur die pharmazeutische Qualität und Unbedenklichkeit des jeweiligen homöopathischen Arzneimittels. Der Hersteller muss anhand von Fachliteratur nachweisen, weshalb die Arznei zu den therapeutischen Maßnahmen innerhalb der Alternativmedizin gezählt werden sollte. Hersteller von herkömmlichen Medikamenten müssen die therapeutische Wirksamkeit ihrer Produkte nachweisen und durch Studien an Patienten belegen. Nur wenige der hunderten von homöopathischen Arzneimitteln, die auf dem Markt existieren, sind auf ihre Wirksamkeit untersucht und nur bei einer geringen Zahl wurde eine Wirkung nachgewiesen.

Placebo und Aufmerksamkeit
Professor Fred Rosner vom Queens Hospital in New York führt drei Erklärungen für die heilsame Wirkung alternativer Behandlungsmethoden an, die wissenschaftlich nicht nachweisbar ist:

  • Erstens basiert die Wirkung auf dem Placebo-Effekt: die therapeutische Wirkung tritt ein durch den Glauben an die Therapie,
  • Die zweite Erklärung, die gegeben wird, hebt den Faktor „Zeit“ hervor. Die Zeit heilt und nicht die Medizin. Patienten führen eine Verbesserung ihrer Situation auf die alternative Behandlungsmethode zurück, obwohl sie auch ohne Behandlung geheilt worden wären.
  • Eine dritte Erklärung hängt zusammen mit der Tatsache, dass Anwender alternativmedizinischer Verfahren sich durchwegs mehr Zeit für ihre Patienten nehmen als Schulmediziner. Sie mitberücksichtigen das soziale Umfeld des Patienten und schenken den geäußerten Beschwerden mehr Aufmerksamkeit.

Situation in Europa

In den europäischen Ländern gibt es momentan in der Alternativmedizin mehr als hunderttausend registrierte Therapeuten und mindestens zweimal so viele nicht registrierte Behandler. Außer bei Fällen, in denen der Patient eindeutig nachweisen konnte, dass ihm durch die Behandlung Schaden zugefügt wurde, kann jeder Quacksalber ungestraft seine alternativen Heilmethoden anwenden. Die europäischen Gesetzgeber gehen davon aus, dass jeder Patient die Verantwortung für das eigene Leben trägt. Wählt er für eine alternativmedizinische Behandlung, dann ist das seine eigene Entscheidung.

Betrachten wir nun die folgenden Aspekte, die im Krankheitsfall ebenfalls mitspielen. Ein Patient in einer Notlage wird alles Mögliche unternehmen, um die Situation umzuwenden. Auch kann man unmöglich von Patienten verlangen, dass sie die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit einer Behandlung richtig einschätzen können. Man kann vom Gesetzgeber erwarten, dass er die Vertrauenswürdigkeit und die fachliche Kompetenz derjenigen, die im Gesundheitswesen Diagnosen stellen und Behandlungen durchführen, überwacht und sicherstellt. Patienten befinden sich in einem Abhängigkeitsverhältnis, sind verängstigt und beunruhigt. Sie suchen Hilfe und Hoffnung. Quacksalber nutzen die Notsituation eines armen Tropfs aus. Als bekannt wurde, dass viele europäische Staaten praktisch keine Kontrollinstanzen haben, sorgte dies allseits für große Beunruhigung unter den Patienten.

Rosners wissenschaftliche Daten

Laut Professor Rosner will mehr als die Hälfte aller Krebspatienten durch ergänzende alternativmedizinische Maßnahmen aktiv zur eigenen Heilung beitragen, oft schon im Anfangsstadium der Erkrankung. Befragungen haben ergeben, dass die Patienten, die Heilmethoden ohne nachweisbare Wirkungen in Anspruch nehmen, aus der oberen sozialen Mittelschicht kommen und es sich bei ihnen keinesfalls um terminale, sich im Endstadium befindliche Patienten handelt. „Man ist oft enttäuscht von konventionellen Behandlungsmethoden. Das Bedürfnis nach intensiverer Betreuung, die Angst und negative Erwartungen gegenüber den schulmedizinischen Behandlungen machen, dass die Alternativmedizin so einen großen Zulauf bekommt. Außerdem beruhen alternative Therapien auf komplett andere Annahmen als die, die in den etablierten Behandlungsmethoden gelten. So betonen die alternativen Behandler die Wichtigkeit der Selbstheilungskräfte, handhaben eine viel umfassendere, ganzheitliche Herangehensweise an Krankheit und Pathologie, die Körper, Geist und Seele, ja manchmal sogar das gesamte Leben des Patienten betrachtet und sie zu ändern versucht“, so Professor Rosner.

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Alternativmedizin aus Jüdischer Sicht

Die Tora gibt sowohl dem Arzt als dem Patienten die Erlaubnis und den Auftrag, um zu heilen und sich heilen zu lassen. Es stellt sich die Frage, ob die Tora auch alternative Behandlungsmethoden erlaubt oder duldet. Wir wissen von einem Richterspruch von Rabbi Yitzchak Zilberstein aus Bné-Brak in einem Fall, in dem eine Frau, unterstützend zu den konventionellen Therapien, zusätzlich eine homöopathische Behandlung wünschte.

Der Ehemann wurde dazu verpflichtet, die alternative medizinische Behandlung zu gewähren und für die zum Teil erhebliche Kosten, die nicht von der Krankenversicherung getragen wurden, aufzukommen. Der Mann hat nämlich die Pflicht, seine Frau heilen zu lassen. Und wenn die Homöopathie eine, obwohl nicht zu erklärende, unterstützende Wirkung im Heilungsprozess ausübt, dann ist das allein schon Grund genug, um die Behandlung durchzuführen.

Das Judentum stellt sich neutral auf, wenn es um die Wahl zwischen konventionellen und alternativen Behandlungsmethoden geht. Was das Judentum allerdings nicht erlaubt, ist, dass der Patient, der eine schulmedizinische Behandlung ablehnt, seine Gesundheit gefährdet. Solange der Wirksamkeitsnachweis alternativmedizinischer Methoden nicht geliefert wird, sollte man zuerst den Behandlungsvorschlägen der konventionellen Medizin befolgen!

Hoffnung lässt leben

Professor Awraham aus Jerusalem, der als Publizist von medizinisch halachischer Themen Bekanntheit genießt, fragte einmal den ebenfalls aus Jerusalem stammenden Rav J.J. Neuwirth, ob es erlaubt sei, einem Krebspatienten im letzten Krankheitsstadium die Inanspruchnahme einer nicht anerkannten Therapie zu verweigern. Auch wenn die Wirkung der gewählten Behandlung nicht nachgewiesen sei, so würde der Patient womöglich Hoffnung aus ihr ziehen und ‚Hoffnung lässt bekanntlich leben‘. Raw Neuwirth antwortete, dass man den Patienten nicht entmutigen sollte, eine nicht-konventionelle Behandlung zu versuchen, weil er sonst womöglich aus Verzweiflung früher sterben würde.

Andererseits urteilte Rabbi Schlomo Zalman Auerbach (20. Jh, Jerusalem) in der Frage, ob eine Therapie ohne Aussicht auf Heilungschancen für eine Zedaka-Zuwendung infrage kommt, mit einem Negativurteil. Rav Neuwirth, der nicht einverstanden war mit Rav Auerbachs Urteil, hielt dem entgegen, dass auch die Förderung von Lebenshoffnung einen guten, wohltätigen Zweck erfüllt. Rav Josef Schalom Elyaschiv (21. Jh, Jerusalem) behauptet, dass wenn der Spender der Überzeugung ist, dass dem Erkrankten aufgrund der psychologischen Auswirkung, die die alternative Behandlung auf ihn haben kann, ein längeres Leben beschieden ist, dann darf er ihm auf jeden Fall mit Zedaka-Geldern beistehen.

Heilung durch Gebet

Die gleichzeitige Anwendung von wissenschaftlich fundierter Medizin und religiöser Elemente oder spiritueller Heilung, existiert seit jeher. Davenen (beten) sollte nicht als Zeichen des Misstrauens im ärztlichen Können gedeutet werden. Die Mehrheit der Menschen betet früher oder später für die Genesung eines Kranken oder für die Heilung einer Krankheit. Unser Erzvater Avraham betete für die Genesung Avimelechs (Genesis 20: 17) und G’tt heilte ihn. König David betete für die Genesung seines Sohnes (II. Samuel 12: 16), aber sein Sohn starb. Es ist sogar Pflicht, vor der Einnahme von Medikamenten zu davenen, damit man zeigt, dass man nicht nur auf die Wirkung der Medikamente vertraut, sondern auch und vor allem auf die Hilfe von Oben. Rabbi Eliezer sagte: „Davenen bewirkt mehr als gute Taten. Den Beweis hierzu können wir bei Mosche, unserem Lehrer finden, der besonders viele gute Taten verrichtete, dessen Bitte um die Genesung seiner Schwester Miriam vom Aussatz aber erst erhört wurde nach einem kurzen, aber kräftigen Gebet. Rabbi Eliezer fügte hinzu, dass das Gebet mehr Wirkung erzielt als Opfergaben“ (B.T. Berachot 32b).

Sogar in schwierigsten Situationen sollte man das Beten fortsetzen. Der Talmud sagte, dass selbst wenn ein scharfes Schwert an den Hals eines Mannes gelegt wird, er nicht aufhören sollte, zu beten (B.T. Berachot 10a). Andererseits kann man nicht nur auf G’tt vertrauen, sondern muss auch selbst Anstrengungen unternehmen, um zu genesen. Laut Dr. Rosner haben die meisten Menschen diesbezüglich ein sicheres Gespür.

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