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ROSH HASCHANA: TAG DER UNGEWISSEN GEWISSHEIT

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ROSH HASCHANA: TAG DER UNGEWISSEN GEWISSHEIT

בסייד                     

Die Hohen Feiertage rücken näher. Zum zweiten Mal feiern wir die Hohe Feiertage mit Corona … wie bleibt man optimistisch, woher schöpft man Kraft angesichts einer im Moment eher unklaren Zukunft in Israel und der Diaspora?

Reb Schmelke aus Nikolsburg und Reb Pinchas aus Frankfurt am Main fragten ihren geistigen Anführer Rebbe DovBer, den Magid aus Mezeritch, wie es möglich ist, G’tt für die schlechten Dinge genauso zu danken wie für die guten Dinge, die uns Menschen widerfahren: “Die Rabbiner des Talmuds verpflichten uns, G’tt immer zu danken, sowohl für gute als auch für schlechte Botschaften. Wie kann dies von einem Menschen verlangt werden? Der Magid von Mezeritch schickte sie zu Reb Zuscha von Hanipoli. Sie fanden Reb Zuscha beim Pfeiferauchen auf der Veranda seines baufälligen Hauses.

Reb Schmelke und Reb Pinchas erklärten Reb Zuscha, warum sie ihn treffen wollten. Reb Zuscha war für seine Bescheidenheit und Heiligkeit bekannt und benutzte nie das Wort “ich”. Er sprach von sich selbst als Zuscha: “Zuscha versteht wirklich nicht, warum der Magid von Mezeritch Sie zu mir geschickt hat. Zuscha hat noch nie etwas Negatives erlebt. Sie sind am falschen Ort!“ Jeder wusste, dass Reb Zuscha, der schwach und kränklich war, sein ganzes Leben lang nichts als Elend und Not erlebt hatte. Aber jeder, der mit ihm in Berührung kam, sah, dass er eine ungeahnte innere Kraft und Freude in sich trug. Er verstand, dass „Alles, was uns auf unserem Lebensweg widerfährt, zu unserem Besten ist, um uns auf ein anderes Niveau zu erheben oder uns zu läutern“.

Reb Zuscha erlebte in seinen Qualen die Liebe G’ttes, der uns von unserer geistigen Verunreinigung reinwaschen will. Ein intensive Reinigung wird manchmal von Schmerz, Unsicherheit, Angst und Trauer begleitet. Wenn wir uns mit der Gewissheit stärken, dass hinter all dieser Härte die Liebe G’ttes verborgen ist, können wir in der Tat voll und ganz zustimmen, dass alles zum Guten ist und war und sein wird.

Aber für uns, die einfachen Menschen, ist das oft schwer zu verstehen. Wir können G’ttes Liebe nicht erreichen. Wir werden nur depressiv, wenn wir das Elend um uns herum sehen. Manche Menschen verlieren sogar ihren Glauben, weil sie diese geistige Höhe nicht erreichen können. Sie können es nicht mehr ertragen…

Reb Zuscha hat es geschafft. Er war in der Lage, Schlechtes in Gutes zu verwandeln. Es klingt übernatürlich und “unmenschlich”. Es braucht einen felsenfesten Glauben, eiserne Disziplin, eine sonnige Helikopter-Ansicht, außerordentliche Überzeugung von G’ttes Güte und eine echte, von Herzen kommende Frömmigkeit, um diese Kraft aufzubringen. Ein solcher Mensch strahlt himmlische Güte aus und fühlt eine erhabene Glückseligkeit. G’ttes Nähe gibt ein Gefühl der Ekstase, manchmal auch Leidensekstase genannt.

Die Rechtssache

An Rosch HaSchana steht viel auf dem Spiel. Man gelangt entweder nach oben oder nach unten. Wie bei jedem Prozess sind wir uns vor dem endgültigen Urteil äußerst unsicher und beten inbrünstig für einen glücklichen Ausgang, für uns, unsere Familien, die Klal Jisrael und die ganze Menschheit. Es herrscht Unsicherheit. Unsere talmudischen Anführer haben dieses Gefühl auf viele verschiedene Arten ausgedrückt, auch in der Thora-Lesung an Rosch HaSchana, aber auch im Inhalt der Haftara (Propheten-Text). Alles atmet Unsicherheit aus, aber nichts ist in diesem Moment aktueller.

Vertreibung von Jischma’el und der aktuelle Antizionismus

An Rosch HaSchana lesen wir in der Thora von der Vertreibung von Hagar und Jischma’el aus Awrahams Zelt. Es gibt keine Prophezeiung, die sich gerade jetzt, in unseren Tagen, so klar erfüllt und uns so sehr verunsichert hat, wie die Prozesse, die damals in Gang gesetzt wurden und nun im Heute geschehen. Wir haben in unserer Geschichte viele Unsicherheiten erlebt, aber heute treten wir in die letzte Phase ein.

Übergang von der vierten zu der fünften Galut

Talmudisch gesprochen, leben wir im Übergang von der vierten zur fünften Galut (Diaspora) und der Rückkehr nach Israel. Nach der Sklaverei in Ägypten und dem Exodus gab es zunächst:

-das babylonische Exil (vor 2500 Jahren), dann das Exil von

-die Meder und Perser, die Zeit von Esther und Mordechai (vor 2400 Jahren). Dann gab es

-die Herrschaft der Griechen (für 2200 Jahre) und das vierte war die Diaspora, während

-der Herrschaft des Römischen Reiches (vor 1952 Jahren). Wir befinden uns jetzt am Ende dieser vierten Galut, und am Anfang der fünften Galut, die Galut von Jischma’el, benannt nach dem Halbbruder unseres zweiten Patriarchen Yitzchak, verursacht durch Bewohner des Nahen Ostens. Im Zohar (der mystischen Jüdischen Lehre) steht geschrieben, dass dies die letzte Galut sein wird. Wir wussten, dass sie kommen würde, aber ich bin erstaunt über die Massivität und die Kraft, mit der es sich jetzt manifestiert.

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Prophezeiung über Jischma’el: erfüllt sich in dieser Generation

Es wird über Jischma’el prophezeit, dass “seine Hand gegen alle und die Hand aller gegen ihn sein wird, und er wird gegenüber allen seinen Brüdern wohnen” (Bereschit/Genesis 16:12). In der Vergangenheit waren Christentum und Islam zwei getrennte Bereiche, aber heute hat sich dieser biblische Satz vor allem in unserer Generation durchgesetzt. Es hat sich eine starke Interaktion entwickelt und nun leben Menschen aus dem Nahen Osten überall, in allen Ländern des Westens.

Ungewissheit überwiegt

Ich kenne junge Leute hier, die sich bewusst von den sozialen Medien fernhalten, weil sie sonst nur von den antizionistischen und antisemitischen Nachrichten, die sie im vorbei klicken sehen, bedrückt werden. Diese Ungewissheit ist das Gefühl von Rosch HaSchana.

Das Gebet von Channa

Die Geschichte und das Gebet von Channa wird als Haftara – Texte aus den Propheten – am ersten Tag von Rosch HaSchana gelesen. Channa konnte ursprünglich keine Kinder bekommen. Ihre Gebete wurden schließlich an Rosch HaSchana erhört.

Am Ende bekam sie ein sehr außergewöhnliches Kind, das später der große Prophet Schmu’el (Samuel) wurde.

Obwohl Channa keine Erzmutter war, sind ihre Prüfungen von zentraler Bedeutung für die Ereignisse an Rosch HaSchana. Channa erwähnt den Namen G’ttes neunmal in ihrem Gebet, was die Grundlage für den Inhalt der neun Segenssprüche (Berachot) und der drei zusätzliche Abschnitte Malchujot (Verse über G’tt als König), Zichronot (Verse zur Erinnerung an das vergangene Jahr) und Schofarot (Verse zur Verbesserung unseres Verhaltens) des Rosch-HaSchana-Mussafgebetes ist.

Das Glücksrad

Niemand weiß, was der morgige Tag bringen wird. Alles kann sich ändern. Nichts ist sicher. Der reiche Mensch kann sich seines Reichtums nicht sicher sein. Macht kann einem jederzeit genommen werden. Glück kann sich jederzeit in Unglück wenden. Das Glücksrad dreht sich in der Welt, trifft den einen Menschen und dann den anderen. Das Leben ist voller Überraschungen, sagte Channa in ihren Gebeten: “Während die unfruchtbare Frau sieben Kinder gebar, war die, die viele Kinder hatte, verloren” (I Samuel 2,5). HaSchem demütigt die Hochmütigen und erhebt die Demütigen und Unglücklichen. Nichts ist fest in dieser Welt.

Das ist es, was Channa uns an Rosch HaSchana sagen will. Das Leben ist unvorhersehbar. Glück ist zerbrechlich. Rosch HaSchana ist ein äußerst wichtiger Tag, an dem sich vieles ändern kann.

Die Schofarot, die Schofarklänge

Die abgebrochenen Schofar-Klänge symbolisieren die Rufe der gebrochenen und verzweifelten Menschen. An Rosch HaSchana sind wir alle verzweifelt. Wir sind gebrochen durch Ungewissheit, unruhig über unsere Zukunft in diesem Jahr. Die gebrochenen Töne von Schewarim und Terua erklingen immer zwischen zwei Tekiot, langgezogenen Tönen. Die stetigen und ungebrochenen Tekiot repräsentieren die Freude und Simcha, die Gewissheit, die wir an Rosch HaSchana fühlen.

Vor und nach der Zerbrechlichkeit liegt die Gewissheit. Rosch Haschana ist immer noch ein Feiertag. Wir nehmen große Mahlzeiten ein und kleiden uns festlich, denn wir sind uns eines guten Urteils des Allerhöchsten sicher. Am Ende haben wir alles überlebt.

Trotz allem – Schanna tova!

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