Die Parascha widmet der Beschreibung der Stammesformationen viel Zeit. Sie wurden in Dreiergruppen angeordnet. In den Kommentaren wird darauf hingewiesen, dass sie bewusst so aufgestellt wurden, dass sie sich gegenseitig beeinflussen konnten. (siehe 1. unten) Die erste Formation war die von Yehuda, Yissochor und Zevulun. Yehuda stand direkt neben Yissochor. Rav Chaim Schmuelevitz zt”l schreibt, dass Yehuda sich durch die Fähigkeit auszeichnete, sowohl für sich selbst als auch für andere Achrayus (Verantwortung) zu übernehmen. (siehe 2. unten) Er übte diese Mida aus, als er Verantwortung für den Vorfall mit Tamar übernahm, als er die Konsequenzen akzeptierte, Binyomin nach Mitzrayim zu bringen, und als Nachschon ben Amminadav, der Fürst von Yehuda, als erster Mensch am Yam Suf ins Meer trat, bevor dieser sich überhaupt gespalten hatte. Es ist bekannt, dass Yissochor die Tora repräsentiert; er widmete sich dem Tora-Studium, während sein Bruder Zevulun für seine physichen Bedürfnisse sorgte (siehe 3. unten), außerdem stammten viele der führenden Mitglieder des Sanhedrins aus Yissochor (siehe 4. unten). In diesem Artikel werden wir uns darauf konzentrieren, wie Yehuda einen positiven Einfluss auf Yissochor ausüben sollte.
In Parascha Wajigasch beschreibt die Tora, wie die Bney Jisroel das Eretz Jisroel verließen, um in Mitzrayim zu leben. Uns wird berichtet, dass Jaakow Avinu den Yehuda vor sich selbst schickte, um den Weg in Goschen vorzubereiten. (siehe 5. unten) Raschi erklärt, dass er geschickt wurde, um einen Beis-Talmud zugründen. Damit wurde ein Präzedenzfall für die gesamte jüdische Geschichte geschaffen, dass die erste Priorität einer jüdischen Gemeinde das Tora-Studium sein sollte. Es ist jedoch schwer zu verstehen, warum genau Yehuda geschickt wurde, um den Beis-Talmud zu etablieren – wäre nicht Yissochor eine geeignetere Wahl gewesen, wenn man bedenkt, dass sein Ikar-Mida (Haupteigenschaft) die Tora zu lernen ist? Das Tiferes Schlomo antwortet, dass Yehuda der erste Mensch war, die Achrayus für einen anderen in dem Maße genommen hat, dass er bereit war, sein eigenes Leben aufzugeben. Wir sehen dies, als Yehuda dem Jaakow garantierte, dass er Binyomin vor jeder Gefahr in Mitzrayim schützen würde. Dies war ein Akt unglaublicher Selbstaufopferung, der aus Yehudas tiefem Verantwortungsbewusstsein für andere entsprang. Folglich schickte Jaakow den Yehuda, um den Beis-Talmud zu öffnen, aus dem Grund, dass sein Leitprinzip von Verantwortungsbewusstsein für das Wohlergehen seines Mitjuden sein würde.
Dieser Gedanke kann uns helfen zu erklären, warum Yehuda in der Stammesformation neben Yissochor platziert wurde – es reicht nicht aus, die Tora nur zum eigenen spirituellen Nutzen zu lernen, sondern man muss die Einstellung haben, dass er die Tora lernt, damit er sie an andere weitergeben kann. Je größer die Fähigkeit ist, die Tora zu lernen und zu verstehen, desto größer ist auch die Verpflichtung, anderen gegenüber Maschpia (geistige Beeinflussung) zu sein. Rav Yisroel Salanter zt”l verkörperte eine solche Haltung. “Nachdem er eine Schwierigkeit in Rambam gelöst hatte, wurde r.Yisroel ohnmächtig. “Wenn ich ein solches Talent habe”, erklärte er, als er zu sich kam, “habe ich eine enorme Verantwortung. Das himmlische Gericht wird mch fragen: “Warum hast du nicht die ganze Welt dazu gebracht, Teschuva zu machen?” (siehe 6. unten)
Wie wichtig ist die Notwendigkeit, unsere Talmud-Tora an andere weiterzugeben? Die Mischna im Traktat Avot besagt: “Wenn du viel Tora gelernt hast, ‘al tachzik tova’ auf dich selbst, denn deshalb bist du erschaffen worden.” (siehe 7. unten) Das einfache Verständnis dieser Mischna ist, dass ein Mensch nicht stolz auf seine Leistungen in der Talmud-Tora (Tora-Studium) sein sollte, denn das Erlernen der Tora ist sein Lebenszweck. Viele Kommentare schlagen jedoch eine andere Erklärung vor. Sie erklären die Mischna dahingehend, dass ein Mensch, der viel Tora gelernt hat, ihre Güte nicht für sich selbst behalten sollte, sondern dass er sie anderen beibringen sollte. Warum? Weil sein Zweck in der Schöpfung darin besteht, zu lernen und zu lehren. (siehe 8. unten) Aus dieser Erklärung der Mischna geht klar hervor, dass die Weitergabe der Tora nicht nur ein Aspekt der eigenen Talmud-Tora ist, sondern vielmehr Teil der eigentlichen Grundlage des eigenen Lernens.
In diesem Sinne äußerte Rav Wolbe zt”l seine Ansichten über die Erziehung unserer Kinder in ihrer Einstellung zum Erlernen der Tora. “Ich denke, dass wir dies den Jugendlichen schon von dem Zeitpunkt an beibringen müssen, an dem sie in die Jeschiwa-Ktana eintreten. Unmittelbar im ersten Jahr müssen wir ihnen sagen, dass sie untrennbar mit Klal Jisroel verbunden sind und dass sie verpflichtet sind, dem Klal Jisroel die gesamte Tora, die sie in Jeschiwa-Ktana und Jeschiwa-Gedola lernen werden, zu übergeben. Das ist ihre Avoda (Aufgabe/Arbeit) – nicht nur an sich selbst zu denken. Man muss wissen, dass man seine Tora an Klal Jisroel übergeben muss.” (siehe 9. unten) Es ist klar, dass Rav Wolbe glaubte, dass die Annäherung an unser Lernen mit einem Verantwortungsbewusstsein nicht nur eine gute Mida ist, sondern vielmehr eine Voraussetzung für unsere Beziehung zur Tora.
Wenn eine Person dieses Gefühl von Achrayus hat, erhält sie eine Belohnung, die über die normale Belohnung für die Talmud-Tora hinausgeht. Die Mischna in Avot besagt, dass jemand, der Mezake Rabim (derjenige, der die vielen stärkt) ist, vor der Chet (Sünde) gerettet wird und für jede Mizwa, die er veranlasst hat, eine Belohnung erhält. (siehe 10. unten) Der Manchester Rosch Jeschiwa, Rav Zev Segal zt”l würde sagen, dass, wenn man jahrelang in der Vorbereitung auf die Verbreitung der Tora in den kommenden Jahren befindet, dann wird solcher Tora-Schüler bereits während seiner Lernjahre als “Mezakeh es haRabim” betrachtet. (siehe 11. unten) Da sein Lernen mit der Absicht durchgeführt wird, ihm zu ermöglichen, mehr an andere weiterzugeben, verschafft ihm das Lernen selbst das unschätzbare Verdienst eines Menschen, der vielen hilft.
Haschem beabsichtigte, dass Yehuda Yissochor beeinflussen sollte, damit er die Tora lernt, um sie mit anderen zu teilen. Auch wir müssen diese Lektion lernen und unser eigenes Lernen mit einer großen Achrayus (Verantwortung) für unsere jüdischen Mitmenschen angehen, wenn wir das tun, dann werden die Vorteile für uns und Klal Jisroel endlos sein.
Quellen aus dem Text:
1) Ramban, Ch.2, v.2, siehe auch Gur Aryeh Ch.2, v.3.
2) Sichot Mussar, Parascha Wajeschew, Maamer 20.
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3) Bereischit Rabba 72:5.
4) Targum Yonasan, Bereischit 46:13.
5) Wajigasch, Ka.46, v.28.
6) Zaitchik, Funken von Mussar, S.54.
7) Avot, 2:9.
8) ebd., Medrash Shmuel. Eine identische Erklärung finden Sie in Medrasch David, Lev Eliyahu und Paraschot Tazria-Mezora. Es wurde auch von R.Zev Leff Schlita im Namen des Klausenberger Rebben zt”l gehört.
9) Parascha Schiur: Parascha Bereischit.
10) Avot 5:18
11) Finkelman und Weiss, The Manchester Rosch Yeschiwa, S.165.