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PESSACHSEDER 21 – Echad mi Jodé’a – Wer kennt den Einen?

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PESSACHSEDER 21 – Echad mi Jodé’a – Wer kennt den Einen?

Echad mi Jodé’a – Wer kennt den Einen?

 

Die Tora enthält sechshundertdreizehn Gebote, die uns Mosche Rabbenu gegeben hat. König David fasste die sechshundertdreizehn Gebote zusammen in elf Hauptprinzipien, damit die Essenz der Tora besser greifbar wurde.

Der Prophet Jesaja machte daraus sechs Kategorien, während der Prophet Micha die Gebote auf drei Prinzipien reduzierte. Schließlich fasste der Prophet Chabakuk alles zusammen in ein Leitprinzip: “Der rechtschaffene Mensch lebt im Glauben und Vertrauen auf G’tt” (B.T. Makkot 23b).

zur Basis zurückkehren

Immer wieder müssen wir zur Basis und zum Fundament der sechshundertdreizehn Ge- und Verbote der Tora und zu den Auslegungen für die Praxis im täglichen Leben zurückkehren. Schwierigkeiten beim Ausüben der abgeleiteten Regeln sind oftmals ein Zeichen dafür, dass wir ein Problem haben in unserer Beziehung zu der Essenz unseres Glaubens, zu der Einzigkeit G’ttes.

Ein Rabbiner fing mal eine Diskussion mit einem jungen Mann an, der an seinem Glauben zweifelte: “Schauen Sie, Rabbiner, ich bin Atheist, ich glaube nicht an G’tt”. Der Rabbiner antwortete: “Setze dich darüber hinweg. An den G’tt, an den du nicht glaubst, glaube ich auch nicht”. Es macht wenig Sinn, zu behaupten, dass wir nicht glauben, außer wenn wir unseren Glauben durchschauen.

In Echad Mi Jode’a werden alle Auswirkungen von der Einzigkeit G’ttes, ob religiös oder säkular, immer wieder zum Ursprung von allem zurückgeführt.

Dreizehn, die Glückszahl

Warum zählen wir bis dreizehn? Warum halten wir nicht bei zehn an oder zählen bis ins Unendliche? Die Zahl Dreizehn verweist auf die dreizehn Eigenschaften von G’tt, soweit es überhaupt möglich ist, darüber zu sprechen.

“Volk des Buches” in die Geschichte

Mit dem Auszug wurde beabsichtigt, eine Jüdische Nation zu gründen, die als “Volk des Buches” in die Geschichte eingehen würde. Die Tora schreibt vor, dass wir “G’tt folgen müssen” (Dewarim/Deut. 13:5). So wie G’tt die Armen ernährt und die Nackten bekleidet, so sollen auch wir tun. (B.T. Sota 14a). Die Haggada muss mit diesem Thema enden. Es soll unseren Blick für das restliche Jahr dahingehend schärfen und eine Ermunterung für die Zukunft sein….

Echad Mi Jode’a

Wer kennt den Einen? In der Tora steht: “So sollst du denn heute erkennen und zu Herzen nehmen, dass Haschem G’tt  ist in dem Himmel droben und auf Erden hier unten, Keiner sonst (Dewarim 4: 39) Die letzte Phrase dieses Passuks wird in chassidischen werken anders übersetzt. Es bedeutet nicht nur, dass es keine anderen G’tter gibt, sondern auch, dass neben G’tt  nichts existiert. In der Haggada wird G’tt HaMakom (die Stätte) genannt. G’tt ist die Stätte der Welt und die Welt ist nicht die Stätte G’ttes. Die Frage ist weniger, ob “G’tt existiert”, sondern vielmehr, ob “der Mensch überhaupt existiert?“ Ist unsere Welt, die wir erfahren, wirklich so reell?

Erschaffung aus dem Nichts

Chassidische Meister erklären, dass es eine unendliche Kluft zwischen der creatio ex nihilo (etwas aus dem Nichts erschaffen) und der ‚Erschaffung aus etwas anderem‘ gibt. Wenn ein Künstler etwas schafft, dann kann das Kunstwerk auch nach seinem Tod weiter existieren, weil es das Material, aus dem es gemacht wurde, schon vorher gab.

Diese Welt ist EINE kontinuierliche Schöpfung G’ttes. Würde G’tt Seiner Schöpfung auch nur einen Moment nicht gedenken, dann würde alles direkt in einen Zustand des Nicht-Existierens zurückfallen. Sie können sich das so vorstellen: Sie träumen von zwei Personen, die miteinander diskutieren, sich wo möglich prügeln. In Ihrem Traum und Empfinden handelt es sich bei diesen Wesen um reelle Personen, die über ein wichtiges Thema diskutieren. Sie erkennen jedoch, dass sobald sie aufhören zu denken oder zu träumen, diese fiktiven Menschen ihre Daseinsberechtigung verlieren.

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Unsere Schöpfung wird jede Millisekunde von neuem kreiert, weil G’tt sie fortwährend aufrechterhält.

Bereschit: das totale Vakuum

Hier ist ein kleiner Umweg über die Schöpfungstheorie des Judentums vonnöten. Als G’tt mit Seinem Schöpfungswerk begann, war es notwendig, um zuerst ein totales Vakuum zu kreieren, aus dem G’tt sich aus Seiner eigenen Mitte zurückziehen musste. Das heißt, die G’ttliche Anwesenheit im All musste sich zuerst verfinstern und zurückgedrängt werden, um eine Existenz des Universums, unabhängig von Ihm, zu ermöglichen. Zimzum ist der Begriff für diese G’ttliche Selbsteinschränkung. Ohne Zimzum wäre kein Leben möglich gewesen, weil jedes höhere oder niedrige Wesen unmittelbar zugrunde gegangen und wieder in die unendliche G’ttlichkeit aufgenommen worden wäre. Das G’ttliche Licht musste sich kontrahieren, um einen leeren Raum zu schaffen, in dem unabhängiges Leben entstehen konnte. Sogar in den höchsten Sphären findet Zimzum statt, weil kein Wesen das G’ttliche Licht in seiner ganzen Gewalt standhalten könnte. Durch Zimzum entstanden in einer fallenden Reihe immer mehr konkrete und körperlichere Welten und Sphären. Die Gestalt von jeder Weltsphäre wird bestimmt durch das Maß der G’ttlichen Selbsteinschränkung. Unsere materielle Welt bildet den Endpunkt vom absteigenden und immer grober werdenden Zimzum und gleichzeitig ist sie sein höchstes Ziel. Dass  unsere materielle Welt das höchste Ziel der Schöpfung ist, kann anhand des folgenden Vergleichs verdeutlicht werden. Stellen Sie sich vor, ich sitze im Zug ab Düsseldorf Hauptbahnhof. Mir gegenüber sitzt ein Mitreisender: bei Bonn, Köln, Koblenz, Frankfurt und Mannheim Hauptbahnhof bleibt er sitzen. In Stuttgart steigt er aus. Erst bei diesem letzten Halt erkenne ich das Reiseziel meines Mitreisenden. Mutatis mutandi gilt das gleiche für den Schöpfungs-Zimzum. G’tt passierte alle anderen Welten bis Er letztendlich bei unserer Welt halt machte. Deshalb dürfen wir annehmen, dass die physische Welt das eigentliche Schöpfungsziel darstellte. Und in dieser Welt wiederum ist der Mensch das Schöpfungsziel, weil er als letztes Geschöpf auf die Erde kam.

G’ttesverhüllung – das größte Spannungsfeld

Die Existenz von Materie, die augenscheinlich nur den Naturgesetzen unterliegt, ist ein Paradoxon, das das Wunder der Schöpfung ausmacht. In unserer physischen Welt wird die G’ttliche Anwesenheit vollständig verhüllt und verdunkelt. Das hat im Vorgang der Schöpfung vermutlich einen besonderen Zweck. Die Materie ‑ als äußerste Verhüllung des Unendlichen – muss konstant durch eine außergewöhnlich starke Schöpfungskraft aufrechterhalten werden. Deshalb formt die materielle Welt das größte Spannungsfeld zwischen einerseits der Verhüllung und andererseits der Offenbarung des G’ttlichen.

Einen natürlichen Zustand zu verändern, verlangt viel Energie. Wenn wir einen Ball vom Boden in die Luft schießen wollen, braucht es einen konstanten Druck, um den Ball in der Luft zu halten. Sobald die Kraft, die der Schwerkraft entgegensteuert, nachlässt, fällt das Objekt in seinen natürlichen Ruhezustand zurück. Etwas aus dem Nichts erschaffen, erfordert ebenfalls konstant einen Druck, der die Welten existieren lässt. Die Schöpfung war also kein einmaliges Ereignis, sondern setzt sich kontinuierlich fort. Würde dieser Prozess auch nur eine Minute unterbrochen werden, dann würde alles wieder in einen Zustand des Nicht-Seins zurückfallen.

Alle Materie enthält einen G’ttlichen Funken, der die wahre Essenz seiner Existenz formt. Wir Menschen sehen nur die Außenseite der Dinge und nicht die innere schöpfende Kraft, die sie zusammenhält. Diese Kraft, die alles zusammenhält und vereint ist die Einzigkeit G’ttes. Wenn wir die Welt betrachten, sehen wir, dass alles mit allem zusammenhängt. Man sagt auch, dass es die Wissenschaft ohne die Religion nicht geben würde. Hiermit ist wahrscheinlich das Folgende gemeint. Der Monotheismus geht davon aus, dass alles von einem Punkt aus erschaffen ist (mathematisch gesehen). Wenn tatsächlich alles aus einem Punkt entstanden ist – auch die Einzigkeit G’ttes genannt –, dann ist es logisch, dass alle Phänomene, die uns im Universum begegnen, einen Zusammenhang aufweisen. Die Wissenschaft versucht gerade, sowohl innerhalb der eigenen Fachgebiete als auch fachübergreifend,  Gesetze, Beziehungen und Zusammenhänge zu entdecken, mit denen der Mensch den technischen Fortschritt vorantreiben kann. Ohne die Einzigkeit G’ttes würde das Weltall nur einen geringen inneren Zusammenhalt aufweisen, oder besser gesagt, komplett auseinanderfallen, weil es kein Gleichgewicht zwischen den Naturkräften geben würde.

Immer wieder zurück zum Kern, die Einzigkeit G’ttes

Das Lied Echad Mi Jode’a möchte eine Brücke schlagen zwischen der Einzigkeit G’ttes und der Vielzahl der Dinge und Phänomene. Das Lied bewegt sich erst im religiösen Kreis, um anschließend immer mehr in die Außenwelt vorzudringen. Die erste Frage, die sich stellt, ist die Frage nach der möglichen Verbindung von Endlichem (der Welt) mit Unendlichem, G’tt? Die Antwort lautet, dass es G’tt selbst war, der die Brücke geschlagen hat. Dies nahm mit den zwei Steinernen Bundestafeln konkrete Gestalt an. Sie symbolisieren gleichsam die Verbindung zwischen G’tt und dem Menschen. Hier wurde der erste Kontakt zwischen Unendlichem und Endlichem geknüpft. In der Symbolik des Midrasch stehen die zwei Tafeln für Himmel und Erde, Materie und Geist, diese Welt und die Zukünftige Welt. Damit wird verdeutlicht, dass total verschiedene Einheiten doch mittels der fundamentalen Einzigkeit G’ttes miteinander verbunden sind und zusammenhängen.

Von drei bis dreizehn

Der Kuzari, geschrieben von Rabbi Jehuda Hallevi (12. Jh.), betont, dass man die Religion nicht aus Büchern, sondern von lebenden Rollenmodellen lernen muss. Die drei Erzväter und vier Erzmütter dienten als solche Rollenmodelle, die dem Jüdischen Volk als Felsen in der Brandung den Weg zeigten. Das Grundgesetz besteht aus fünf Büchern, während die Auslegung für die Praxis des Judentums in sechs Mischna-Bänden festgehalten wird. Das Judentum erfährt jede Woche einen zusätzlichen Impuls aus dem siebten Tag der Woche, dem Schabbat, an dem der Mensch wieder neue Inspiration für die kommende Woche schöpft. In sechs Tagen wurde die Welt erschaffen, aber den siebten Tag gab G’tt als Tag der Heiligkeit und der spirituellen Erhebung, an dem wir im Stande sind, zu den wirklichen Werten des Lebens zurückzukehren. Mittels der Brit-Mila (Beschneidung) hat Awraham das Jüdische Volk für immer mit G’tt verbunden, weshalb die neun Monate der Schwangerschaft auf eine höhere Ebene gehoben werden. In den Zehn Geboten werden die ethischen Richtlinien für die gesamte Menschheit festgelegt, während die elf Sterne dem Universum ausmachen, dem diese zehn Grundregeln ethischen Verhaltens seinen Sinn und Bedeutung verleihen. Letztendlich werden die zwölf Stämme Israels die Welt zu ihrem ursprünglichen Zweck sowie ihrer ursprünglichen Bedeutung zurückführen. Der Mensch ist die Krone der Schöpfung und in dieser Eigenschaft dazu bestimmt, G’ttes Königreich hier auf Erden zu errichten. Möglich ist dies durch die Imitatio Dei, das Beschreiten der Wege G’ttes, wodurch schließlich die Messianische Zeit anbrechen wird. So ist verständlich, dass dieses Lied seinen festen Platz am Ende des Nachseders erhalten hat, als Vorbote für die Rückkehr zur alltäglichen Realität, in die wir die Botschaft von Pessach mitnehmen sollen. Dabei ist es wichtig, dass wir bei jedem Schritt, den wir tun, die fundamentale Einheit der Schöpfung nicht aus den Augen verlieren.



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